Stetten: Vor 35 Jahren gründete der Schriftsetzer seinen Mazo Liegenschaften-Service

Nie hätte der Mann aus Stetten gedacht, dass er eines Tages den Umzug von 44 Kois aus einem Fischteich organisiert. Bei seiner Firmengründung konnte er sich wohl auch kaum vorstellen, dass er grosse Bäume fällen, Umzüge mit Lastwagen über den Julier organisieren und täglich ein Flughafenrestaurant reinigen wird. Genau das aber tut Marcel Zollingers Unternehmen seit 35 Jahren – mit viel Erfolg.

Begonnen hat alles ziemlich bescheiden. Ein ausrangierter Opel Kadett stand Ende der 1980er-Jahre ungenutzt in der Garage des Elternhauses von Marcel Zollinger. Zollinger, aufgewachsen in Mellingen, hatte ein Auge auf diesen Wagen geworfen. Er fragte seinen Vater, dem das Auto gehörte, was er mit dem Opel vorhabe. Der Vater habe ihm damals geantwortet: «Der Zylinderkopf ist defekt, der Rost frisst sich durch das Blech ... Eine Reparatur lohnt sich nicht mehr.» Ein klares Verdikt. «Weg damit!», habe der Vater gemeint. – Natürlich erst wenn der Tank leer ist.

Wie mit dem Opel alles begann
Der Sohn hingegen sah das anders. Marcel Zollinger bat seinen Vater, ihm den vor sich hin rostenden Wagen zu überlassen. Der Vater willigte ein und Marcel Zollinger, 27 Jahre alt, machte sich mit einem Nachbar an die Arbeit. «Wir schraubten, putzten und polierten. Wir machten den Opel vorführbereit», sagt er. «Mit allem, was dafür nötig war.» Zylinderkopfdichtungssatz, Wasserpumpe, auch einen Ersatzkotflügel. Die Basis für seine eigene Firma war gelegt: «Mein erstes Geschäftsauto war fahrtüchtig.»
Marcel Zollinger gründete im Jahr 1990 das Unternehmen Mazo Liegenschaften-Service in Stetten und bietet Gebäudereinigungen an, auch Hausräumungen, Hauswartungen, Gartenunterhalt sowie Entsorgungen, Transporte und Umzüge. Seit der Firmengründung vor 35 Jahren schreibt sein Unternehmen eine Erfolgsgeschichte. Bis heute.

Firmengründung als Notlösung
Die Firmengründung im Jahr 1990 allerdings war für Marcel Zollinger eine Notlösung. «Ich hatte in den 1980er-Jahren Schriftsetzer gelernt, arbeitete im Bleisatz, mit Setzkasten und Winkelhaken. Ich war», fügt er lachend an, «ein Jünger Gutenbergs.» Sein Beruf allerdings war im Wandel. Die fortschreitende Digitalisierung hinterliess im Druckgewerbe Spuren, sie führte überall zu Firmenschliessungen. Und Marcel Zollinger musste in jungen Jahren wiederholt die Firma wechseln, einen neuen Arbeitgeber suchen. «Keine dieser Firmen existiert heute noch. Ich erlebte die Umstrukturierung des grafischen Gewerbes am eigenen Leib», erklärt er. «Ein zukunftsloses Gewerbe!», so seine schmerzhafte Erkenntnis. Aus dieser Erkenntnis aber erwuchs der Plan, sich beruflich neu zu orientieren. Er erinnerte sich, dass er schon immer gerne im Garten gearbeitet hatte.

Nachts fährt er Gemüse aus
Zollinger absolvierte die Lastwagenprüfung. «Nachts fuhr ich das Gemüse der lokalen Gemüsebauern durch die Schweiz. Tagsüber aber begann ich mein eigenes Unternehmen auf die Beine zu stellen.»
Mit zwei Mitarbeitern nahm Marcel Zollinger den Betrieb des Mazo Liegenschaften-Service in den 1990er-Jahren auf. «Oft sassen wir vorne im Kombi zu dritt auf zwei Sitzen», erinnert sich Zollinger. «Hinten war die ganze Ladefläche beladen mit Arbeitsgeräten, mit Kessel, Leitern und Reinigungsmitteln.»
Der Eigentümer des Schlössli in Büblikon sei der erste gewesen, der ihm einen grösseren Auftrag erteilt habe. Darauf sei er heute noch stolz, erinnert sich Marcel Zollinger. Zahlreiche Privatkundinnen und -kunden folgten. Zuverlässigkeit und Qualität des jungen Unternehmers sprachen sich rasch herum. «Geht nicht, gibt es nicht!» – an diese Maxime habe er sich in all den Jahren immer gehalten, meint er.

Einen Teich für 44 Kois suchen
Und so kam es, dass Marcel Zollinger neben vielen Reinigungsaufträgen und Gartenumbauten eines Tages einen neuen Teich für 44 Kois suchte – bei diesen vielfarbigen Fischen handelt es sich um eine Zuchtform des Karpfens. «Wir fingen die Kois, legten sie in mit Wasser gefüllte Plastiksäcke und zusätzlich in eine grosse Wanne», erzählt der Unternehmer. Die nächste Herausforderung aber folgte auf dem Fuss: «Wohin mit den grossen Fischen?» Zollinger hatte in seinem Bekanntenkreis drei Gartenteichbesitzer, die Interesse bekundeten. Die Kois erhielten ein neues Zuhause. Und drei Teichbesitzer kamen zu einem Geschenk im Gesamtwert von rund 44 000 Franken.

Heute setzt er Grenzen
Mehr und mehr habe er auch knifflige Aufgaben angenommen, erzählt der Unternehmer. Seit drei Jahren ist Mazo Liegenschaften-Service für die tägliche Reinigung des Restaurants auf dem Flughafen Birrfeld zuständig. «Arbeitsbeginn morgens um sechs Uhr, auch am Wochenende. Aus personeller Sicht eine Herausforderung.» Und doch findet er immer eine Lösung.
Grenzen setzt der heute 61-Jährige dennoch. Er erzählt von einem Umzug vor knapp zehn Jahren, als sie mit Lastwagen und Anhänger, schwer beladen, aus dem Tessin über den Julier gefahren seien. Bis nach Dresden. «200 Kilometer vor Dresden platzte auf der Autobahn ein Reifen des Anhängers.» Der Pannendienst habe dann zwei Ersatzpneus gebracht. «Zum Glück passte einer», meint Zollinger. Aber solche Aufträge nehme er heute nicht mehr an.

Eine eigene Rose zum Jubiläum
Nach 35 Jahren Mazo Liegenschaften fragt sich Marcel Zollinger: Wo ist die Zeit geblieben? Er blickt zurück auf spannende und abwechslungsreiche Unternehmerjahre, in welchen die Anzahl der Mitarbeitenden von drei auf zehn Personen anstieg. Als er vor 35 Jahren seine Firma gründete, gab es im Reusstal nur wenige Unternehmen, die einen ähnlichen Service anboten. Heute sei die Konkurrenz gross – Zollinger kann damit leben. Ohnehin will er kürzer treten, auch aus gesundheitlichen Gründen. Und er will Zeit haben für sein Segelboot auf dem Zürichsee.
Aufträge zur Rosenpflege wird Marcel Zollinger aber auch in Zukunft kaum ausschlagen. Dafür hatte er bei Rosenhuber in Dottikon vor Jahren sogar einen speziellen Kurs besucht und gelernt, wie Rosen fachgerecht geschnitten werden. Als Zeichen der Wertschätzung erhielt er von Rosenhuber zu seinem 60. Geburtstag eine Neuzüchtung: Die rote Rose «Mazolino» blüht heute in seinem eigenen Garten.

Heidi Hess