Eine Reise in die Zeit, als noch jeder jeden kannte
09.05.2025 Oberrohrdorf-StaretschwilToni Meier und Heinz Weisskopf geben in zwei neuen Büchern Familien und ihren Häusern in den beiden Ortsteilen ein Gesicht
Am Internationalen Museumstag vom 18. Mai findet im Kutschenmuseum in Staretschwil eine Buchvernissage statt, welche vor allem die ...
Toni Meier und Heinz Weisskopf geben in zwei neuen Büchern Familien und ihren Häusern in den beiden Ortsteilen ein Gesicht
Am Internationalen Museumstag vom 18. Mai findet im Kutschenmuseum in Staretschwil eine Buchvernissage statt, welche vor allem die alteingesessenen Familien begeistern dürfte.
Als Jüngster einer Grossfamilie mit neun Geschwistern auf einem
Kleinbauernhof aufgewachsen, mit fünf Kühen im Stall. Das sind ungefähr die wichtigsten Eckdaten meines Lebens.» – Wie Toni Merki, dem ehemaligen Gemeindeammann von Oberrohrdorf, geht es vielen Rohrdlefern, wenn Erinnerungen an ihre Jugendzeit sie einholen. Merki hat das Vorwort für das neue Buch «Oberrohrdorf – Häuser in den Fünfziger Jahren und ihre Bewohner» verfasst. Parallel gibt es ein zweites Buch zum Ortsteil «Staretschwil». Beide Bücher werden am 18. Mai dem interessierten Publikum an einer Buchvernissage vorgestellt und können erworben werden. «Wir haben für jedes Buch bereits 100 Vorbestellungen», sagt Toni Meier.
Familienforschung leicht gemacht
Für alle alteingesessenen Bewohner und Bewohnerinnen, die an Familienforschung interessiert sind, ihre Kinder und Enkelkinder sind die Bücher eine wahre Fundgrube. Die meisten Familien haben auch selbst zur Entstehung beigetragen, viele zum Teil sehr persönliche Fotos und Stammbäume zur Verfügung gestellt. Geschaffen haben die Bücher der umtriebige pensionierte Garagist Toni Meier (83), der auch das faszinierende Kutschenmuseum betreibt, und sein Kollege Heinz Weisskopf (87). Und das kam so: «2014 haben wir die Sonderausstellung ‘Land und Leute’ über Bauernfamilien in Oberrohrdorf und Staretschwil in den 1950er-Jahren organisiert», erzählt Meier. Damals gab es im ländlichen Oberrohrdorf 95 Häuser und im Nachbardorf Staretschwil deren 75. Das wars auch schon.
Skeptiker bei Glas Wein überzeugt
Meier erinnert sich: «Wir haben damals das ganze Dorf durcheinandergebracht und allen geschrieben, sie sollen uns doch alte Fotos und Informationen zur Verfügung stellen.» Einige hätten sich überwinden müssen. «Wir trafen zusammen und überzeugten sie bei einem Glas Wein», erzählt Meier und lacht. Nicht alle konnten überzeugt werden. Nach der Ausstellung «Land und Leute» 2014 hatten die Ausstellungsmacher dann zu jedem Dorfteil fünf Ordner mit Bildern und vielen Akten. Zusammen mit Toni Merki, Walter Bräm, Walter Hochstrasser und Heinz Weisskopf hatte Toni Meier eine grosse Schau über das Leben in den beiden Ortsteilen realisiert. Vor fünf Jahren kam die Idee auf, diese Materialien digital aufzubereiten und sie für die Nachwelt zu erhalten – und zwar in Form von zwei attraktiv gestalteten Büchern. Bei der Digitalisierung und Gestaltung war Heinz Weisskopf die treibende Kraft. Zur Jubiläumsfeier 2024 «900 Jahre Oberrohrdorf-Staretschwil» der Gemeinde Oberrohrdorf im Kutschenmuseum folgte eine zweite Austellung mit weiteren Informationen und fünf Vorbüchern von jedem Ortsteil.
Das Resultat wird am Internationalen Museumstag präsentiert. Dazu nochmals Toni Merki, der die Zeit der 1950er-Jahre auf diese Weise auf den Punkt bringt: «Das Buch erzählt uns Geschichten, als noch jeder jeden kannte, man alles von allen wusste, die Strassen noch staubig und grob gekiest waren und im Winter die Schlitten zum Dorf hinunter rasten, sodass nur Rossbollen sie abzubremsen vermochten.» Man habe damals gewusst, wer arm oder reich war, katholisch oder reformiert. «Und wer in den Himmel oder in die Hölle kam, das sagte uns der Pfarrer.»
Geschichten über Dorf-Originale
Die Bücher enthalten neben bebilderten Porträts der Familien von damals auch einige interessante Geschichten über Dorf-Originale. Zum Beispiel Josef Eichler (Jahrgang 1882), auch Rösli Sepp genannt. Er war 1972 mit 90 der älteste Einwohner von Oberrohrdorf und hatte ein phänomenales Gedächtnis. Aus Staretschwil gibt es ein Porträt des Dorf-Schuhmachers Josef Philippe und seiner Schwester Emilie. Und auch einige «Promis» haben ihren Platz, wie der Nationalrat und Ammann Martin Vogler (1830 – 1903) aus Oberrohrdorf. In den Büchern sind auch historische Fotos von Dorf-Anlässen abgebildet, einige Firmenporträts, Klassenfotos, ergänzt mit Dorfansichten und Karten. Was fehlt, ist eine geschichtliche Einordnung.
Die Buchvernissage findet am 18. Mai im Kutschenmuseum an der Steigstrasse 14 in Oberrohrdorf statt. Als Referenten wirken die Frau Vizeammann Monika Locher und Jürg Burlet. Der Anlass beginnt um 11 Uhr. Um 11.30 Uhr gibt es einen kleinen Apéro mit Musik, Thai-Menü und Würsten vom Grill. Das Museum ist bis 16 Uhr offen.
Marc Benedetti