Er ist ein Fenchel- und Schwalbenschwanz-Züchter
17.10.2025 MellingenEdie Wettstein leistet in seinem privaten Garten einen Beitrag zur Biodiversität. Er züchtet im grossen Stil Schmetterlinge
Handeln statt jammern. Es gibt immer weniger Insekten in der Schweiz. Dagegen will Edie Wettstein etwas tun. Früher reparierte er auf der ganzen Welt ...
Edie Wettstein leistet in seinem privaten Garten einen Beitrag zur Biodiversität. Er züchtet im grossen Stil Schmetterlinge
Handeln statt jammern. Es gibt immer weniger Insekten in der Schweiz. Dagegen will Edie Wettstein etwas tun. Früher reparierte er auf der ganzen Welt Turbolader von Schiffen, heute züchtet der Pensionierte mit viel Passion Schmetterlinge in seinem Garten.
In seinem Garten hat Edie Wettstein Beete mit Magerwiesen angelegt. Doch wer genauer hinsieht, entdeckt dazwischen bis zu zwei Meter hochgestängelten Fenchel. Diesen setzt Wettstein bewusst dazwischen. Denn die Doldenblüten und das Kraut, welche sich daran entwickeln, sind Leckerbissen für die Raupen der Schwalbenschwänze. Die bis zu 80 Millimeter grossen Tagfalter werden magisch davon angezogen und sie legen ihre winzigen Eier darauf ab. Daraus entwickeln sich die im Volksmund bekannten Rüebli-Raupen. Und genau darauf zielt Eduard Wettstein. Die auffällig grünen Raupen mit orangen und schwarzen Punkten setzt er in eine umgebaute Plastikbox mit Fliegennetz, um die Raupen vor Vogelfrass zu schützen. Natürlich steht darin stets frisches Fenchelkraut zur Verfügung. Geht alles glatt, verpuppen sich die Raupen. Die Puppe, der Kokon, hängt an einem gesponnenen Faden an den dünnen hineingestellten Holzstäben. Für die aktuell verpuppten Raupen geht es nun ins Winterquartier. Die Holzstäbe hat Wettstein in eine Styropormatte gesteckt und anschliessend in ein Aerarium, eine Art Zelt, gesetzt. «Dieses Jahr ist eindeutig ein Schwalbenschwanz-Jahr», sagt Wettstein. 180 Kokons hat er im Winterquartier gesammelt. Im nächsten Frühjahr werden sie schlüpfen und zur neuen Generation von Schwalbenschwänzen werden. «Mit wenig Aufwand kann man einen Beitrag für die Vermehrung von Schmetterlingen leisten», sagt er.
Immer auf der Suche nach Saatgut
Wettstein hält immer Ausschau nach Fenchel, der aufstängelt. Dies ist heute bei den meisten gekauften Fenchelsetzlingen nicht mehr der Fall, diese Eigenschaft wurde weggezüchtet. «Es sind alte Sorten, die nicht mehr viel angeboten werden», führt er aus. Fündig wird Edie Wettstein zwischendurch in der Natur. So sah er bei einem Ausflug am Strassenrand aufgestängelten Fenchel. Von diesem holte er sich nach der Blüte Samen und zog sie in seinem Garten weiter. Aber auch aus seinen Ferien im Piemont oder einem Ausflug im Frühjahr zum Kaiserstuhl in Deutschland nahm er Fenchelsamen mit nach Hause. Diese werden gehütet wie Schätze.
Rund ums Haus zieht er sie in Töpfen vor – später werden sie in Beete ausgepflanzt. Fenchel hat bei Wettstein Priorität im Garten. «Fenchel ist ihr Lieblingsessen. Die Raupen verachten auch Rüblikraut nicht, bekommen aber davon Durchfall», verrät Wettstein. Dill wäre da die bessere Alternative, Fenchel aber einfacher zu kultivieren. So gedeihe dieser auch auf kleinstem Raum, in Töpfen oder Blumenkästen auf Balkonen.
Wettstein sieht aber auch andere Anbaumöglichkeiten im öffentlichen Bereich. So zum Beispiel auf den naturnah gestalteten Mellinger Kreiseln oder an den Erdwallen der Umfahrung. Dafür bräuchte es aber eine offizielle Genehmigung. Er sei im Gespräch mit Birdlife Mellingen. «Mit der Pflanzung von Fencheln kann ein Beitrag für die Natur geleistet werden. Denn an den Blüten laben sich nicht nur Schwalbenschwänze, sondern auch andere Insekten. Fenchelblüten sind ein Wildbienenmagnet», führt er aus. Es sei eine Tatsache, dass es 50 Prozent weniger Insekten gebe als vor zehn Jahren. Daher lohne es sich Fenchel anzupflanzen. Angewachsener Fenchel brauche fast keine Pflege und ist auch winterhart. Er treibt im Frühjahr wieder aus. Edie Wettstein zieht den Fenchel nur als Futterpflanze für seine Schmetterlinge und nicht für den eigenen Verzehr. «Mich reizt die Vielfalt der Fenchelpflanzen», sagt er.
Kokons macht Kälte nichts aus
Das Aerarium mit den 180 Kokons überwintert Edie Wettstein hinter seinem Gartenhaus. Dort ist der Netzbehälter gegen starken Wind geschützt. Einen Kälteschutz braucht es hingegen nicht – Schwalbenschwänze sind nicht kälteempfindlich. Eine Abdeckung hält Schnee und Nässe ab. Bereits Ende Februar zügelt Wettstein die Kokons in den Wintergarten, wo sich nach circa zehn bis 30 Tagen ein Naturschauspiel der besonderen Art vollzieht. Aus den unscheinbar ausschauenden Kokons schlüpfen majestätische Falter. Nach kurzer Zeit werden sie durch die geöffneten Fenster in die Freiheit schweben, um eine neue Generation zum Leben zu erwecken. «Ich erwarte, dass 99 Prozent überlebt. Ohne Züchtung würden von zehn Raupen nur ein Schmetterling entstehen. Mit dem Schutz im Aerarium ist das umgekehrt», sagt er. Edie Wettstein hat bereits seine Enkel mit seiner Leidenschaft angesteckt. Der passionierte Schwalbenschwanz-Züchter würde sich aber freuen, wenn er künftig Schulklassen sein Wissen und seine Passion für Schwalbenschwänzen und der Fenchel-Zucht vermitteln könnte.
Debora Gattlen