Er ist gegen die «Blitzer-Abzocke»
04.04.2025 TägerigTim Hoffmann ist seit Anfang Jahr Präsident der Jungfreisinnigen Aargau und lebt in Tägerig
Der neue Präsident der Aargauer Jungfreisinnigen kann die Kochkelle rühren. Das hat der Tägliger gelernt. Im Interview erzählt er, warum es nicht dabei blieb und warum ...
Tim Hoffmann ist seit Anfang Jahr Präsident der Jungfreisinnigen Aargau und lebt in Tägerig
Der neue Präsident der Aargauer Jungfreisinnigen kann die Kochkelle rühren. Das hat der Tägliger gelernt. Im Interview erzählt er, warum es nicht dabei blieb und warum er sich in der Politik engagiert.
Der Tägliger Tim Hoffmann ist 26 Jahre alt, ging in Mellingen zur Schule und lernte danach Koch EFZ in Fislisbach. Er arbeitete in unterschiedlichen Funktionen im Hotel Bürgenstock Resort, im Park Hotel Vitznau oder auch im Grand Casino Baden. Hoffmann aber wollte mehr, vor allem mehr wissen. Er erzählt, dass er sich nach der Kochlehre weiterbildete, die Matura nachholte und heute Mathematik und Volkswirtschaft studiert. In seiner Freizeit joggt er gerne, er kocht auch. Vor allem aber macht Tim Hoffmann Politik.
◆ Herr Hoffmann, wie kamen Sie zur Politik?
Tim Hoffmann: Eigentlich über den Beruf. Ich absolvierte eine Kochlehre ...
◆ ...vom Kochen in die Politik?
Ich war zwei Jahre lang Mitglied des Junioren-National-Teams. Wir konnten an der Koch-Olympia in Stuttgart teilnehmen und gewannen Bronze. Wir waren Aushängeschild für unseren Beruf, für den ich mich stets engagierte. Ich liess mich zum Chefkoch weiterbilden, holte die Berufsmaturität nach und entdeckte mein politisches Interesse. Schliesslich trat ich den Jungfreisinnigen bei, weil ihre Kernanliegen wie Eigenverantwortung und Freiheit am besten zu mir passen.
◆ Als guter Koch und Chefkoch hätten Sie ein Restaurant eröffnen, Gault-Millau-Punkte sammeln können?
Ja, das hätte ich machen können. Aber mein Wissensdurst war noch nicht gestillt. Ich entschied mich anders.
◆ Seit Januar sind Sie Präsident der Jungfreisinnigen. Wie kam es dazu?
Die Jungfreisinnigen Aargau durften Erfolge feiern: Auf kantonaler Ebene lancierten wir die Blitzer-Initiative, im Freiamt den Nachtzug – für beides habe ich mich eingesetzt. Wir sind eine aktive Jungpartei und ich möchte bei dieser Erfolgsgeschichte weiterhin mitwirken, mich für mehr Freiheit und weniger Staat engagieren.
◆ Sie brachten im Freiamt einen Nachtzug ins Rollen?
Ja. Zuvor war ich Vize-Präsident der Sektion Jungfreisinnige Freiamt. Wir setzten uns für eine Nachtverbindung von Aarau bis Rotkreuz ein, um die Regionen miteinander zu verbinden. Seit letztem Dezember fährt dieser Nachtzug jeweils am Wochenende. Das Angebot kommt bei jungen Menschen, die zum Beispiel in Aarau länger im Ausgang bleiben wollen, gut an. Auf kantonaler Ebene lancierten wir eine Initiative, die mittelfristig zur Abstimmung kommen wird.
◆ Um was geht es?
Unsere Blitzer-Initiative heisst «Blitzerabzocke stoppen». Wir fordern, dass eine Bewilligung beim Regierungsrat eingeholt werden muss, wenn eine stationäre Anlage 72 Stunden und länger auf der Strasse stehen soll. Wir möchten die unnötige Abzocke der Bevölkerung durch Blitzer verhindern.
◆ Aber wer zu schnell fährt, sollte doch gebüsst werden können?
Wir befürworten Verkehrssicherheit, sind nicht gegen Blitzer. Blitzereinnahmen werden aber häufig im Voraus budgetiert und Blitzer anschliessend gezielt aufgestellt, um die Staatskasse zu füllen. Das ist nicht der Sinn.
◆ Sie engagieren sich vor allem in der Bildungspolitik. Warum?
Ich absolvierte eine Lehre – früh aufstehen, Verantwortung übernehmen und eigenes Geld verdienen, hat mich geprägt. Das duale Bildungssystem ist ein Schweizer Erfolgsmodell und die Ausbildung junger Fachkräfte liegt mir sehr am Herzen – auch als wertvolles Fundament für unsere Wirtschaft. Ich hatte selbst die Möglichkeit, die Durchlässigkeit dieses Bildungssystems zu nutzen. Ich bildete mich unter anderem zum Berufsbildner weiter, es folgte die Berufsmaturität mit Passerelle und heute studiere ich an der Universität Zürich Mathematik und Volkswirtschaft. – Bildung und gute Arbeitskräfte sind die Basis einer erfolgreichen Volkswirtschaft. Beides generiert letztlich Wohlstand.
◆ Und dabei setzen Sie besonders auf die Berufslehre?
Sie sollte als erstklassiger Karriereweg wieder attraktiver werden.
◆ Wie könnte das gelingen?
Es braucht mehr Aufklärung an der Schule. Die Bevölkerung soll verstehen, dass dieser «Königsweg» viele Türen öffnen kann. Meine Devise lautet: Im Zweifelsfall lieber eine Berufslehre absolvieren, als knapp ans Gymnasium wechseln.
◆ Ihr Weg war aber bestimmt kein einfacher! Wie war das für Sie?
Ich bin wissbegierig und offen für Neues und ich möchte meinen Wissensdurst kontinuierlich stillen. Wir haben weltweit ein einzigartiges Bildungssystem. Ich kann jeden ermutigen, diesen Weg zu gehen. Es lohnt sich.
◆ Wo sehen Sie Vorteile?
In einer Berufslehre lernt man das Einmaleins der Formalitäten, man lernt sich zu organisieren, ist teamfähig und erwirbt wichtige Softskills. In einem Team muss man seine Meinung äussern und seine Werte vertreten. Studien zeigen, dass die Nachfrage nach Berufserfahrung und Softskills mehr und mehr steigt. Ich bin überzeugt, Berufslernende, die sich über den dualen Bildungsweg weiterentwickeln, werden immer hervorstechen und beruflich erfolgreich sein
◆ Sie leben in Tägerig. Was bedeutet Ihnen die Region, das Reusstal?
Hier bin ich aufgewachsen und fühle mich auch wohl – es ist idyllisch. An der Bahnhofstrasse in Mellingen ging ich zur Schule. Letztlich wurde hier das Fundament für meinen Beruf und meine Ausbildung gelegt.
◆ Waren Gemeinderatswahlen für Sie jemals ein Thema?
Ja. Bei der letzten Vakanz in Tägerig war das ein Thema. Ich entschied mich aber dagegen, im letzten Oktober kandidierte ich dann für die Grossratswahlen – gewählt wurde ich nicht.
◆ Sie sind auch persönlicher Mitarbeiter von Adrian Schoop, FDP-Grossrat des Bezirks Baden.
Ich unterstütze ihn im geschäftlichen und politischen Alltag. Dabei kann ich sowohl fachlich als auch persönlich viel von ihm lernen.
◆ Bleibt Ihnen neben Studium und Politik freie Zeit? Wie nutzen Sie sie?
Ich laufe sehr gern, gerade auch in dieser Gegend, und nehme an Lauf-Events teil, etwa am Reusslauf.
◆ Und was ist mit Kochen?
Auch dabei kann ich mich erholen, ich koche regional und saisonal und probiere gerne aus. In meinem Lehrbetrieb, dem Restaurant Linde in Fislisbach, gehörte ein «Züri-Gschnätzlets» mit Rösti zu meinen Favoriten.
Heidi Hess