Er ist zäh wie Handschuhleder
17.10.2025Hans Hubschmid (64) hat seine Nachfolge geregelt. Tochter Janine steht für die Nachfolge in den Startlöchern
Hans Hubschmid wirkt asketisch. Er hat kaum ein Gramm Fett zu viel auf den Rippen. «Das habe er von der Mutter», sagt er. Die andere Wahrheit ist: Hubschmid ...
Hans Hubschmid (64) hat seine Nachfolge geregelt. Tochter Janine steht für die Nachfolge in den Startlöchern
Hans Hubschmid wirkt asketisch. Er hat kaum ein Gramm Fett zu viel auf den Rippen. «Das habe er von der Mutter», sagt er. Die andere Wahrheit ist: Hubschmid treibt mit seiner Frau Joana, mit der er seit 40 Jahren zusammen ist, viel Sport. Disziplin, Fleiss und eine gehörige Portion Stehvermögen zeichnen den Unternehmer aus Nesselnbach aus. Für ihn war immer klar, dass er dereinst in die Firma seines Vaters und Onkels einsteigen würde. Doch davor versuchte sich der gelernte KV-Absolvent als Selbstständiger im Transportwesen. Und er war gerade auf dem Sprung in die neue Welt der damals aufkommenden IT-Branche. Es brauchte schon die Fürsorge von Mutter Hanny, damit Vater und Sohn geschäftlich zusammenfanden. Onkel Josef trat 1991 aus dem Betrieb aus. Als Vater Hans 1995 allzu früh verstarb, musste Hans Hubschmid junior das Geschäft übernehmen. Und wie er es übernahm! Er baute kontinuierlich aus. Heute beschäftigt Hubschmid in seinen Firmen in den Sparten Aushub/Rückbau, Baustoffe und Baulogistik rund 130 Mitarbeitende. Dazu gehört Tochter Janine, die für die Nachfolge in den Startlöchern steht.
Hans Hubschmid hat diese Region geprägt
1987 ist er in das Unternehmen von Vater Hans und Onkel Josef eingetreten. Als Unternehmer hat Hans Hubschmid viel bewegt
Hubschmid: Der Name steht für Kies und Beton, für Aushub und Tiefbau. Verantwortlich dafür ist Hans Hubschmid. Unternehmer der alten Schule. Zäh, ausdauernd und mit einem gesunden Auge für das, was kommen wird. Hans Hubschmid hat nicht mehr weit bis zur AHV. Er hat begonnen, persönlich etwas runterzufahren. Ein wenig, zumindest.
Er wirkt sportlich und vital. Der
Händedruck ist fest. Die akkurat gekämmten Haare sind angegraut. Die Augen hinter der kantigen Brille stahlblau. Hans Hubschmid empfängt im gläsernen Sitzungszimmer seines Unternehmens in Nesselnbach. Hinter ihm, durch die grossen Fensterscheiben, sind die Umrisse von Niederwil erkennbar. Bei klarer Sicht kann man die Alpen sehen. Hans Hubschmid wirkt entspannt. Der Laden läuft auch ohne ihn, sagt er. Dennoch ist er noch immer jeden Morgen um sechs im Büro. Das Geschäft mit dem Beton und dem Aushub ist nichts für Langschläfer. Es beginnt schon bevor der Tag hell wird.
Ein betonhartes Geschäft
Das Beton-, Kies- und Aushubgeschäft in der Schweiz ist ein fundamentaler Sektor der Bauwirtschaft. Geprägt von einer komplexen Struktur, starken regionalen Unterschieden und einem intensiven Wettbewerb. Gleichzeitig steht die Branche vor grossen Herausforderungen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit und Ressourcenknappheit. Kein leichtes Unterfangen, um in dieser Branche auf lange Sicht erfolgreich zu sein.
Hans Hubschmid hat es geschafft. Dafür hat er über die Jahre viel bewegt – im wahrsten Sinne des Wortes. Ob Erde, Kies oder Beton, der heutige Chef des gleichnamigen Unternehmens hat die Firma seines Vaters und Onkels zu einem Schwergewicht in der Region geformt. Mit 130 Beschäftigten und den Sparten Aushub/Rückbau, Baustoffe und Baulogistik zählt die Hubschmid Gruppe heute zu den grössten Arbeitgebern in der Umgebung.
Hubschmid verändert Landschaften
Wer von Mägenwil auf der Kantonsstrasse an Wohlenschwil vorbei nach Mellingen fährt, erhält einen Eindruck von Hubschmids Sinn fürs Geschäft. Hier hat er förmlich die Landschaft neugestaltet. Man kann auch sagen, er hat sie schöner – auf jedenfalls wertvoller – gemacht. Dafür hat er Jahre investiert. Dort wo die Familie Friedli im Gebiet «Chronenmatt» jahrzehntelang Gemüse im lehmigen und immer wieder vom Hochwasser gefluteten Boden Gemüse gezogen hatte, hier hat Hubschmid Tausende von Kubik Aushubmaterial abgelagert und neues, gesundes Kulturland geschaffen. Dabei haben die beteiligten Gemeinden gutes Geld verdient. Und Hubschmid konnte sein Aushubmaterial sinnvoll in der Nähe deponieren, ohne mit seinen Lastwagen unnötig Kilometer zu fahren. Hans Hubschmid hat schon früh begriffen, dass seine energieintensive Branche, neue Wege gehen muss, um die Umwelt zu entlasten und die Biodiversität zu fördern. Wer das Unternehmen mit dem Auto in Nesselnbach besucht, wird auf Parkplätze geführt, die das Regenwasser versickern lassen. Wo immer er kann und wo es Sinn macht, wählt Hubschmid eine für die Natur verträgliche Lösung. Hier sieht er sich als Unternehmer den nachkommenden Generationen verpflichtet. Profit als einzig gültiges Ziel, hält Hubschmid für kurzsichtig und nicht nachhaltig.
Schon als Schüler im Kieswerk
Schon als Schüler war Hans Hubschmid in seinem Element. Er erinnert sich an den Bauernhof seiner Grosseltern, auf dem er sich wohl fühlte. Aufgewachsen ist er mit drei Geschwistern an der Niederwiler Strasse in Nesselnbach. Die Schule sei nicht so sein Ding gewesen, sagt Hubschmid. Seine Welt war das Kieswerk, das von seinem Onkel Josef und Vater Hans in dritter Generation betrieben wurde. Der Lärm der Maschinen und die unkomplizierte Art der Arbeiter faszinierten ihn von klein auf. So tauchte er ein in die Welt des Kieses und Betons, lernte von der Pike auf und saugte das praktische Wissen auf wie der trockene Boden den Regen. Während der Ferien bediente er selbstständig das Kieswerk. «Ich hatte schon früh den ganzen Meccano verstanden», sagt er im Rückblick. Berufliche Träume, die über den Tellerrand des Familienbetriebs hinausgingen, hatte er keine. Weder Pilot noch Lokführer reizten ihn. Für ihn war immer klar, dass er eines Tages in die Fussstapfen seines Vaters treten würde. Doch der Weg dorthin war keineswegs ein Selbstläufer. Zuerst absolvierte er eine KV-Lehre in der Schilderfabrik Meierhofer in Mellingen. «Dort machte er frühe Bekanntschaft mit dem damals eingeführten EDV-System für Lagerbewirtschaftung und Buchhaltung. Eine solide Basis, die ihm wahrscheinlich später mehr half, als er damals ahnen konnte. Nach dem Lehrabschluss wählte Hubschmid zuerst einmal seinen eigenen Weg. Er nahm sozusagen eine Abzweigung.
Anstatt im Familienunternehmen heuerte Hubschmid 1983 als Disponent bei der Swiatrans Camion AG in Schwerzenbach an. «Als die Firma etwas später den Betrieb einstellen wollte, stand ich plötzlich mit einigen Vertragsfahrern da» erzählt Hubschmid. «Mit ihnen habe ich dann weitergemacht.» Er übernahm die Firma. Das war 1985. Hubschmid stellte einen Bürocontainer auf das Gelände des damaligen Hubschmid-Areals in der Dorfmitte von Nesselnbach, legte eine Telefonleitung («Wir hatten damals noch Telex») in den Boden und machte als Unternehmer weiter. Allerdings mit überschaubarem Erfolg. «Es hat gereicht, um zu überleben. Aber es war zu wenig, damit es Sinn gemacht hätte, weiter zu machen.» 1987 hat er den Betrieb geordnet zurückgefahren und die Firma eingestellt.
Mit der Freundin in die USA
Anstatt sich beim Vater für einen Job zu bewerben, flog Hubschmid nach der Liquidation der Firma mit seiner damaligen Freundin und heutigen Ehefrau Joana nach San Francisco. Die beiden, die in diesem Jahr 40 Jahre zusammen sind, reisten mit einem alten VW-Camper quer durch mehrere US-Staaten, bis hinauf nach Alaska. «Meine Frau hat einen grossen Anteil am Erfolg unserer Firma», sagt Hubschmid. «Wir hatten nie einen Verwaltungsrat. Joana und ich sind der Verwaltungsrat.»
«Joana und ich sind der VR»
Sie springt immer dort ein, wo gerade Not am «Mann» ist. So war sie für das Qualitätsmanagement (ISO-Zertifizierung) und die Personalführung zuständig, half aber auch mal in der Buchhaltung aus. Ausserdem managt sie die firmeneigenen Immobilien – dafür hat sie noch den Eidg. Fachausweis für Immobilienbewirtschaftung abgeschlossen. Die beiden treiben viel Sport zusammen. Dabei muss sich Hubschmid Mühe geben, um dabei die Pace zu halten. Sie ist die sieben ersten «Züri-Marathons» gelaufen und brachte es auf eine Bestzeit von 3 Stunden und 7 Minuten. Eine fabelhafte Zeit für Amateure. «Im Laufen habe ich keine Chance», räumt Hubschmid ein. «Auf dem Velo habe ich dafür die Nase vorn.» Im Winter frönen die beiden gemeinsam dem Skilanglauf. Wer glaubt, Hubschmid würde nach seiner Rückkehr aus den USA beim Vater um eine Stelle nachfragen, sah sich getäuscht. Vater Hubschmid war einer der älteren Generation. Ein stiller, zuweilen verschlossener Chrampfer. Onkel Josef, der das Büro führte, habe im Betrieb mehrheitlich das Sagen gehabt. So gingen Vater und Sohn aneinander vorbei, ohne miteinander über die berufliche Zukunft des jungen Hubschmid zu reden. Der machte sich auf die Suche nach einem Job in der IT-Branche. «Ich war kurz davor, bei einer Firma zu unterschreiben, als mich meine Mutter fragte: ‹Warum machst Du das? Warum fragst Du nicht Vater für eine Stelle?›» Hubschmid sagte zu seiner Mutter: «Es wäre der grösste Fehler meines Lebens, wenn ich Vater fragen würde. Dann hätte ich schon verloren.»
Die Rolle der Mutter
Es bedurfte schliesslich der mütterlichen Intuition, um das Gespräch zwischen Vater und Sohn in Gang zu bringen. Es sei ein Gespräch «zwischen Tür und Angel» gewesen, als der Vater das Thema ansprach und 1987 den Weg für Hans Hubschmids Eintritt in das Familienunternehmen ebnete – und somit den Grundstein für dessen beeindruckendes Wachstum legte.
Während seiner frühen Unternehmerzeit absolvierte Hubschmid am Institut für Betriebsökonomie in Zürich die Weiterbildung zum Kaufmann HKG, was heute als «Höhere Fachschule» bezeichnet würde.
Hans Hubschmid gibt Gas
1991 trat Onkel Josef aus dem Betrieb aus. 1995 verstarb der Vater mit nur 61 Jahren. Hans Hubschmid übernahm den Familienbetrieb und trieb die Entwicklung mit Riesenschritten voran. Hubschmid gründete einen Muldenservice (1997), beteiligte sich an der Strassen- und Tiefbaufirma H. Graf AG in Zufikon (1998), erneuerte die Infrastrukturbauten am Firmensitz (2005), übernahm die Firma Rudolf Entsorgungs-Transporte in Tägerig (2006), erstellte eine neue, hoch moderne Betonanlage (2016), übernahm die Hufschmid Muldendienst AG in Fischbach-Göslikon (2017), erstellte einen Kieswerk-Neubau mit Aushubwaschanlage und neuer Bohrschlamm-Aufbereitungsanlage – und er erweiterte sukzessive den Fuhrpark. Heute verfügt Hubschmid über rund 50 Lastwagen sowie vier Dutzend Baumaschinen. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt rund 130 Mitarbeitende. «Gut haben meine Vorfahren kein internationales Unternehmen aufgebaut», sagt Hubschmid mit einem Grinsen und verweist ungeschminkt auf seine Fremdsprachenkompetenzen. «Sprachen waren nie meine Stärken. Ich war zwar drei Monate im Welschland. Doch Französisch blieb für mich eine Qual.» Auch mit dem Englischen sei es knapp. Dass es auch ohne geht, das hat Hubschmid hinlänglich bewiesen. Dazu sagt er: «Wenn man regional tätig bleibt, dann funktioniert es auch.»
Tochter Janine in der 4. Generation
Seine Tochter Janine, die seit drei Jahren im Betrieb ist, wiegt die «Defizite» ihres Vaters längst auf. Sie hat an der HSG St. Gallen gleich zwei Masterabschlüsse gemacht, einen in Betriebswirtschaft und einen in Finance. Auch sie hat schon im Sandkasten mit Baggern gespielt. Der Geruch von nassem Kies und frischem Beton ist ihr seit ihrer Kindheit vertraut und bedeutet für sie gleichzeitig eine Welt, die sie nun mit den Augen der Jungunternehmerin betrachtet. Sie scheint aus demselben Holz geschnitzt. Smart im äusseren Auftritt, mit dem unbedingten Willen und derselben Entschlossenheit, die ihren Vater auszeichnet, will sie die Firma in die Zukunft führen. So lange der Vater im Hintergrund seine Fäden zieht, hat sie Zeit, um sich in ihre zukünftige Rolle einzuarbeiten. Dazu bringt sie die heute immer wichtiger werden Skills für eine moderne Unternehmensführung mit. Hans Hubschmid jedenfalls ist voll des Lobes für seine Tochter. «Sie bringt neue Ideen und neue Führungsansätze in den Betrieb», sagt er und freut sich, dass er mit seiner Frau ohne weiteres mal verreisen kann, ohne dass ihn deshalb schlaflose Nächte quälen würden. Die Zukunft der Hubschmid Gruppe scheint in den besten Händen zu sein.
Beat Gomes