Er lässt das «Sennenbergzimmer» wieder aufleben
15.07.2025 Oberrohrdorf-StaretschwilHubert Spörri hat bereits 2000 Stunden darin investiert, historische Tafelbilder aus dem 18. Jahrhundert nachzumalen
Der Kunstschaffende Hubert Spörri hat sich zum Ziel gesetzt, einen vergessenen kulturellen Schatz der Region zu heben. Er rekonstruiert das sogenannte ...
Hubert Spörri hat bereits 2000 Stunden darin investiert, historische Tafelbilder aus dem 18. Jahrhundert nachzumalen
Der Kunstschaffende Hubert Spörri hat sich zum Ziel gesetzt, einen vergessenen kulturellen Schatz der Region zu heben. Er rekonstruiert das sogenannte Sennenbergzimmer. Es gehörte einst zu einem Erholungsheim des Klosters Wettingen.
Bloss 300 Meter Luftlinie von der Gemeindeverwaltung Oberrohrdorf entfernt und doch kaum bekannt, liegt ein Gebäude, das einst zum Kloster Wettingen gehörte. Es war ein Sennereibetrieb und später das Erholungsheim des Klosters auf dem Sennenberg. Abt Nikolaus Göldin von Tiefenau liess es um 1680 für Ordensleute bauen, die dort Ruhe und Erholung nach längerer Krankheit fanden. Auf alten Plänen und im aargauischen Staatsarchiv als zu «Staretschwil zugehörig» bezeichnet, liegt das Gebäude in Privatbesitz heute auf dem Gemeindegebiet Killwangen. Im Dachgeschoss des einst hübschen Fachwerkhauses befand sich ein ganz besonderes Zimmer: Das Sennenbergzimmer. Kunstvolle Tafelmalerien auf Holzwänden schmückten es. Das Kloster Wettingen war beispielsweise zu sehen, Burgen und Schlösser, pittoreske Jagdszenen, Darstellungen der «Türkenkriege» und vieles mehr. Wohl eine Idylle für jeden, der sich in diesem Zimmer aufhielt. Das Zimmer mass circa sechs Meter in der Länge und vier Meter in der Breite.
Ein «H.S.» malte sie 1720
Die Malereien entstanden um das Jahr 1720. Der Maler hatte die Initialen «H.S.» und verewigte sich. Genau dieselben Initialen hat auch der 82-jährige Hubert Spörri. Er hat einen Narren an diesem Zimmer gefressen. Der pensionierte Lehrer, Dirigent und Komponist, heute als vielseitiger Kulturschaffender tätig, wohnt seit sechs Jahren in Oberrohrdorf. Er ist auch historisch bewandert. So verfasste er 2024 die Broschüre zum Jubiläum «900 Jahre Staretschwil». «Damals war ich in einer Arbeitsgruppe für das Jubiläum und jemand fragte mich, ob ich das Klosterhaus dort oben kenne.» Er kannte es nicht, begann sich jedoch zu interessieren. Alsbald stiess er auf das traurige Schicksal des Sennenbergzimmers. In den 1920er-Jahren wechselte das Gebäude die Besitzer, diese bauten es bis zur Unkenntlichkeit um und zerstörten teilweise die in die Jahre gekommenen Wandmalereien. Ein Teil wurde gerettet. Die Tafeln sind heute im Badener Landvogteischloss – für die Öffentlichkeit vorläufig unzugänglich – eingelagert. Der Historiker und Journalist Andreas Fahrländer hat die Malereien als «verborgenen Schatz» bezeichnet, «den es zu bergen gelte». Hubert Spörri hat sich dies zum Ziel gesetzt: Den Schatz zu bergen, das Sennenbergzimmer im Massstab 1:1.25 (etwas kleiner als das Original) zu rekonstruieren und der Öffentlichkeit im Jahre 2026 zu präsentieren. Doch durfte Spörri die Originale der historischen Tafeln im Museum noch nie anschauen - trotz anfänglicher Zusage. Spörri: «Sie sollen ins Museum Aarau umziehen, hiess es.» Es gibt jedoch einige Fotos, an denen er sich orientierte. «Diese habe ich stundenlang studiert und einfach angefangen zu malen.» Spörri malt mit Acryl auf Spanplatten. Diese werden für das Zimmer zusammengesetzt. Er hat schon rund 2000 Stunden am Werk gearbeitet. Manchmal 10 bis 12 Stunden am Tag wirkt er in seinem «Not-Atelier», wie er es nennt, einer Garage im Haus seines Sohnes in Wettingen. Es ist eine Freude, die bereits entstandenen kunstvollen Malereien mit feinen Details zu betrachten. «Ich ergänze mit Fantasie», erzählt der Künstler. Beispielsweise hat er bestimmten Personen das Gesicht von Familienmitgliedern gegeben. Der Nachbar, der ihm erklärte, wie ein Schütze das Gewehr korrekt hält, wurde ebenfalls verewigt. Zudem hat Spörri allerhand neckische Details wie kleine Tiere in den Malereien versteckt, die Schulklassen später herausfinden sollen.
Er durfte das Gebäude besichtigen
Vor einigen Tagen, erzählt er, durfte er zum ersten Mal einen Blick ins ehemalige Klosterhaus auf dem Bauernhof nahe der Waldhütte Staretschwil und unterhalb des Sennenberghöhenwegs werfen. «Ich konnte den ursprünglichen Ort des Sennenbergzimmers anschauen. Ein historischer Moment für mich». Im leeren Dachboden erinnert heute nichts mehr an früher. Der Landwirt und seine Frau wünschten zudem kein «Gläutsch» auf ihrem Gelände, sagt der Kunstschaffende. 2026 soll das Werk von Spörri vollendet sein. Am 26. April 2026 wird es Spörri voraussichtlich im Zwyssighof in Wettingen zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentieren. Regierungsrat Markus Dieth habe zugesagt, die Ansprache zu halten. Am 17. Mai, anlässlich des Internationalen Musemstags, wird das Sennenbergzimmer sodann im Ortsteil Staretschwil im Kutschenmuseum von Toni Meier gezeigt. Es kehrt damit in die Ortschaft zurück, zu der das Klosterhaus einst gehörte. Hubert Spörri hat eine Interessengemeinschaft für sein Projekt ins Leben gerufen: «Freunde des Sennenbergzimmers». Es besteht keine Beitragspflicht. Interesse? E-Mail schreiben an hubertspoerri@hotmail.com.
Marc Benedetti