Es ist Zeit, für Jüngere den Weg frei zu machen
31.12.2024 StettenKurt Diem tritt auf Ende Jahr von der politischen Bühne ab. Während 19 Jahren war er im Gemeinderat, davon 14 Jahre Ammann
Kurt Diem hat nie halbe Sachen in der Politik gemacht. Im Fokus stand immer das Wohl von Stetten. Dafür setzte er sich zuerst als Gemeinderat, ...
Kurt Diem tritt auf Ende Jahr von der politischen Bühne ab. Während 19 Jahren war er im Gemeinderat, davon 14 Jahre Ammann
Kurt Diem hat nie halbe Sachen in der Politik gemacht. Im Fokus stand immer das Wohl von Stetten. Dafür setzte er sich zuerst als Gemeinderat, später als Ammann ein. Auf Ende Jahr tritt er nun zurück.
Ohne einen gut funktionierenden Gemeinderat, wäre nie möglich gewesen, was ich in meiner Amtszeit erreicht habe», sagt Kurt Diem (67) bescheiden. «Wir hatten gemeinsam Visionen und diese auch umgesetzt.» 2006 wurde Diem in den Gemeinderat gewählt – seit 2010 war er Gemeindeammann. Dass er sein Amt so lange ausüben konnte, verdanke er auch seinem früheren Arbeitgeber, der ihm flexible Arbeitszeiten erlaubte. So begann er oft um 5 Uhr morgens und arbeitete bis nachts um 22.30 Uhr, dazwischen konnte er die Aufgaben als Gemeindeammann bewältigen. «Manche Nacht ist zum Tag geworden», führt er aus. Ein Kränzchen windet Diem auch seiner Frau Sonja. Sie habe ihm für sein politisches Amt stets den Rücken freigehalten. Seit zwei Jahren ist Diem offiziell pensioniert. Nun folgt auf Ende Jahr der Rücktritt als Gemeindeammann. «Ich spürte, dass ich nicht mehr die nötige Energie für mein Amt aufbringe», sagt er. «Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent.» Ihm habe ein Amtskollege einmal gesagt, dass man mit der Politik aufhören solle, wenn man entweder seine Prinzipe aufgeben oder Kompromisse machen müsse.
Gemeinderat ist wie ein Uhrwerk
Diem betont, dass sich in den letzten 19 Jahren viel in der Gemeindepolitik verändert habe. Nicht nur die Bevölkerung sei von 1509 auf 2540 Personen gewachsen. Der Aufwand habe stark zugenommen. Projekte seien zunehmend komplizierter und anspruchsvoller. Das sei für Milizpersonen herausfordernd. Wichtig sei daher, die Aufgaben im Gemeinderat gerecht auf mehrere Schultern zu verteilen. Nach aussen müssten im Gemeinderat Meinungen nach dem Kollegialprinzip vertreten werden. Der Gemeinderat sei wie ein Uhrwerk. Nur wenn sich ein Rad in das andere füge, bringe das die Gemeinde Stetten weiter. Das sei für ihn der Inbegriff der Demokratie. «Springt ein Rad heraus, kommt alles zum Stillstand», so Diem. Diese Art von Politik zu betreiben, habe ihm stets Freude bereitet. Nun sei aber der Zeitpunkt gekommen, Platz für Neues zu machen. Weil mit Stephan Schibli eine Nachfolgelösung gefunden wurde, kann Diem ein Jahr vor dem offiziellen Ende der Amtsperiode zurücktreten. Am 3. Januar findet die offizielle Schlüsselübergabe für das Büro im Gemeindehaus statt.
Ferien in Spanien im Herbst
Als erstes steht bei Kurt Diem anfangs Januar eine kleinere, aufgeschobene Operation an der Hand an. Danach wird er nur noch machen, was er in den Jahren als Gemeindeammann und im Berufsleben entbehren musste. So will Diem künftig im Herbst für zwei Monate nach Spanien fahren und dort zusammen mit seiner Frau Sonja und seinem Hund Sam dem trüben Nebel und der kalten Witterung entfliehen. «Ich hatte noch nie im Dezember eine so leere Agende für das nächste Jahr», freut sich Diem.
Austausch stets geschätzt
Geschätzt hat Diem während seiner Amtszeit stets die Zusammenkunft der Gemeindeammänner. Der Austausch unter den Amtskolleginnen und -kollegen sei immer sehr gut gewesen. «Man konnte spüren, dass auch andere Gemeinden vor gleichen Herausforderungen stehen. Das hat mir jeweils wieder den Rücken für mein Amt gestärkt», sagt Diem. Sehr gerne habe er auch bei der Repla Mutschellen-Reusstal-Kelleramt mitgearbeitet. Seit 2009 war er in der Geschäftsleitung. Gefallen habe ihm, dass viel für die Region bewegt werden konnte. So zum Beispiel die Verbesserung der Verkehrsachse und die öV-Anbindung der Region. «Ich habe die Sitzungen und die Gespräche immer sehr geschätzt», sagt er. Schweren Herzens habe er auch dieses Engagement auf Ende Jahr beendet.
Beendete Geschäfte sind Highlights
Auf seine 19-jährige Amtszeit im Gemeinderat schaut Diem mit gutem Gefühl zurück. Ein Meilenstein sei sicherlich die Eröffnung der ARA Region Stetten im Dezember 2014 gewesen. «Aus vorher zerstrittenen Gemeinden konnte ein gemeinsames Projekt entstehen», sagt er. Dafür habe es ein Generationenwechsel im Gemeinderat von Bellikon, Remetschwil, Künten, Stetten, Fischbach-Göslikon und Niederwil gebraucht. «Wir konnten nicht nur zusammen die 16 Millionen für die ARA Regio Stetten stemmen, sondern haben auch die Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden einkalkuliert.»
Die Erneuerung der Reussbrücke im Gnadenthal sei für das Dorf wichtig gewesen. Im Herbst 2016 konnte die neue Brücke eingeweiht werden. Ein Deal wurde damals mit dem Kanton ausgehandelt. Die Brücke blieb für den Schwerverkehr bis zur Eröffnung der Umfahrung Mellingen gesperrt. Obwohl dieser inzwischen wieder durchs Dorf rollt, sei die Brücke für Stetten ein Mehrwert. Trotzdem müsse festgehalten werden, seit der Eröffnung der Mellinger Umfahrung vor zwei Jahren leide Stetten unter zusätzlichem Verkehr. «Der Kanton steht in der Pflicht die Verkehrssituation anzuschauen und etwas zu machen», so Diem.
Aufwertung Ortsmitte
«Das Highlight meiner Amtszeit waren die Aufwertung der Ortsmitte und die Sanierung der Kantonsstrasse», sagt Diem stolz. Stetten habe dadurch eine enorme Aufwertung erhalten. Die Sanierung der K414 mit Teilsperrungen sei aber auch gleichzeitig der Tiefpunkt seiner Amtszeit. «Ich musste während der Sanierung mehr als einmal zur Kanzlei eilen, weil Angestellte in Tränen aufgelöst waren», sagt er. Es habe Beschimpfungen von Auswärtigen, die eine Durchfahrtsbewilligung wollten, gegeben. Zuweilen hätte auch die Repol kontaktiert werden müssen.
Die Realisierung des Wärmeverbunds 2018 in der Dorfmitte reiht Diem als weiteres Highlight ein. «Wir mussten die alte Wärmezentrale ersetzen. Mit der neuen Anlage werden nicht nur die Gemeindeliegenschaften, sondern auch die Zentrumsüberbauung und anliegende Liegenschaften beheizt. Da es sich um ein Ortsbürgerprojekt handelt, ist dadurch das Weiterbestehen der Ortsbürger für weitere Jahrzehnte gesichert. Diem freut sich, dass er und seine Frau Sonja als Verdienst für sein langjähriges Engagement als Gemeindeammann das Ortsbürgerrecht verliehen bekamen.
Debora Gattlen