Gefängnis-Theater ist nicht «zwingend»
21.03.2025 Region ReusstalRegierungsrat: Der Regierungsrat antwortet auf Fragen zum Theaterspiel in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg
Der Regierungsrat beantwortet Fragen rund um Sicherheit, Finanzierung und Proben. Und meint, ohne dieses Theater wäre die Justizvollzugsanstalt Lenzburg ärmer. Und es sei ...
Regierungsrat: Der Regierungsrat antwortet auf Fragen zum Theaterspiel in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg
Der Regierungsrat beantwortet Fragen rund um Sicherheit, Finanzierung und Proben. Und meint, ohne dieses Theater wäre die Justizvollzugsanstalt Lenzburg ärmer. Und es sei als Freizeitbeschäftigung äusserst sinnvoll, betont er.
Braucht es eine Theateraufführung in einer Justizvollzugsanstalt? – Diese grundsätzliche Frage beendete einen Fragenkatalog, den der Niederwiler SVP-Grossrat Mario Gratwohl und Mitunterzeichnende Mitte Januar beim Regierungsrat eingereicht hatten – unter ihnen auch Michael Notter (Mitte) aus Niederrohrdorf. In seiner Antwort erklärte der Regierungsrat, eine Justizvollzugsanstalt (JVA) müsse Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten sowie eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung anbieten. Theaterarbeit zähle insofern zu den sinnvollen Angeboten, als sie Geist und Körper betreffe. Sie fördere und stärke soziale Kompetenzen, Rücksichtnahme, Kritikfähigkeit, Teambildung und Selbstbewusstsein. Nötig sei auch Disziplin, Texte in der Freizeit alleine auswendig zu lernen. «Es gehört eine gehörige Portion Mut dazu, sich vor Zuschauenden als Gefangener zu zeigen», so der Regierungsrat. Das alles trage zur Resozialisierung bei.
Zudem sei das Gefängnistheater eine der raren Möglichkeiten der Öffnung nach aussen. «Damit kann eine gewisse Art von Öffentlichkeitsarbeit betrieben sowie für Ziele und Arbeit des Strafvollzugs sensibilisiert werden.» «Zwingend» seien Theateraufführungen in einer JVA nicht, hält der Regierungsrat schliesslich fest. Würde man aber darauf verzichten, so wäre das gesetzlich vorgegebene Freizeitangebot um «eine äusserst sinnvolle Freizeitbeschäftigung ärmer».
Sicherheits-Risiken beurteilen
Der Regierungsrat erklärte ausserdem, dass in der JVA Lenzburg erstmals 1967 ein von einem Häftling geschriebenes Theaterstück «Hoffnigslos» gezeigt worden sei. Die Gefangenen hätten damals gemeinsam mit dem lokalen Theaterverein gespielt, auch Kinder hätten mitgespielt. Es kam danach zu einer langen Pause. Erst 2010 wurde die Theaterarbeit in Zusammenarbeit mit dem Theater Marie reaktiviert und das Stück «Warten auf Godot» von Samuel Beckett aufgeführt. Für das Theater Marie handelte es sich um ein einmaliges Projekt.
Zwei Jahre später hätten sich Annina Sonnenwald und Simona Hofmann vom Verein «Ausbruch» aber erkundigt, ob Interesse an weiteren Theaterprojekten in der JVA bestehe. Seit 2013 ist dieser Verein nun für Regie, Planung und Umsetzung der Theaterstücke verantwortlich und trägt das finanzielle Risiko alleine. Interessierte Schauspieler werden bezüglich möglicher Sicherheits-Risiken durch die JVA Lenzburg eingeschätzt und beurteilt – zum Beispiel betreffend Teamfähigkeit, psychische Erkrankungen oder Vollzugsverhalten. Fällt diese Bewertung positiv aus, kümmert sich der Verein anschliessend um das Casting. Zahlreiche Theater-Aufführungen kamen in den letzten zehn Jahren zustande – dabei gelten für die Proben, die abends stattfinden, die gleichen Sicherheitsbedingungen wie für alle Freizeit- und Bildungsangebote in der Justizvollzugsanstalt.
Im September 2025 soll das Stück «Gottlos» aufgeführt werden, das einen Bezug zur griechischen Mythologie hat. Die JVA-Turnhalle, wo die Stücke in den letzten Jahren gezeigt wurden, kann abends während der Aufführungszeit nicht für die Freizeit genutzt werden.
Austausch mit dem Publikum
Die Interpellanten wollten ausserdem wissen, ob «eine Durchmischung von Zuschauern und Gefangenen möglich» sei. Diese Frage beantwortet der Regierungsrat mit «Ja». Nach dem Stück könnten sich Zuschauende mit den Darstellern noch knapp 15 Minuten austauschen, in einem offenen Rahmen. Diese Möglichkeit hätten auch schon eine Bundesrätin sowie Regierungsräte aus verschiedenen Kantonen genutzt. Positive Rückmeldungen könnten das Selbstvertrauen der Schauspieler stärken, während konstruktive Kritik letztlich das Spiel verbessere. «Nach den Gesprächen erfolgt die Trennung nach klaren Sicherheitsvorgaben», so der Regierungsrat. Besuchende müssen Personalien hinterlegen, die von der JVA Lenzburg kontrolliert und bei Bedarf zusätzlich überprüft werden. Weitere Überprüfungen würden den Vorgaben entsprechen, wie sie auch sonst für Besuchergruppen in der Anstalt gelten. (hhs)