Im Durchschnitt trägt jeder Mensch etwa 100 000 Haare auf dem Kopf und verliert täglich durchschnittlich deren 100. Pro Monat wachsen die Haare im Schnitt 1 cm. Obwohl meine Haare nur noch seitlich und hinten wachsen, oben habe ich ein Cabriolet, muss ich so alle sechs Wochen zum ...
Im Durchschnitt trägt jeder Mensch etwa 100 000 Haare auf dem Kopf und verliert täglich durchschnittlich deren 100. Pro Monat wachsen die Haare im Schnitt 1 cm. Obwohl meine Haare nur noch seitlich und hinten wachsen, oben habe ich ein Cabriolet, muss ich so alle sechs Wochen zum Coiffeur. Jedoch nicht zu einem der gefühlt zehn Barber-Shops in Mellingen. Bei meinem Coiffeur kann man sich online anmelden. Man kann dabei den Haarschnitt wählen, wie auch die Coiffeuse, was ich auch dieses Mal versuchte und zwar auf 12 Uhr, mit Maschinenschnitt. Als ich den Salon betrat, waren zwei Haarkünstlerinnen mit zwei Frauen-Köpfen beschäftigt, u. a. klebten sie den beiden Alufolien auf die Haare. Es präsentierte sich lustig, wie eine Schoko-Tafel. Eine der Frauen hat nun offenbar Drang und begibt sich im Stechschritt samt Alu-Schoggi-Haarpracht Richtung Coop zur Toilette. Viele Blicke sind ihr sicher.
Die Coiffeuse empfing mich freundlich und fragend. Offenbar hat die Online-Reservation nicht geklappt. Sie machte mir klar, dass wohl eine Reservation auf diesen Zeitpunkt eingegangen sei, diese jedoch aus unerklärlichen Gründen aus dem System verschwand. Zufälligerweise hatte sie aber Zeit für mich und wies mir einen Platz zu. Nun die Standardfrage: «Wie händ Sie’s gärn?» Ich erklärte ihr: wie immer, rund herum kurz. Die Coiffeuse beginnt mit zwölf Millimeter, was ich aber als zu lang empfand. Ich wünschte elf Millimeter. Eine solche Abstufung kennt die Maschine nicht, also dann halt zehn Millimeter. Mit Schrecken zeigte die Coiffeuse mit dem Finger auf eine Ameise auf meinem Kopf. Wie peinlich für mich. Kurz vorher musste ich zu Hause noch schnell einen Strauch schneiden.
Nun kommt das, auf was ich mich am meisten freue, die hohe Schule der Kommunikation. Zum «Aufwärmen» die Wetter-Analyse, anschliessend die obligaten Fragen nach den Ferien, Reisezielen und zur Arbeitszeit. Zunehmends werden die Fragen komplexer, so z. B. die Frage nach dem Wohnort, dem Lebenspartner, dem Hund, Katze usw. So, das Werk ist vollbracht, fast, meine Frau hat ausdrücklich darauf hingewiesen, die Augenbrauen nicht zu vergessen. Obwohl ich nun praktisch haarlos war, fragte mich die Coiffeuse allen Ernstes, ob sie mir die Haare noch waschen darf! Ich sagte, nein, durchföhnen reicht. Nach rund zehn Minuten war der Spuk vorbei. Übrigens, mit dem eingesparten Wasch-Aufpreis genehmigte ich mir später bei Chrigeli in der Mühli-Bar ein Bierchen.