«Ich rede beim Laufen im Wald ziemlich laut»
05.12.2025 NiederrohrdorfSeit Peter Löhmann die Kochlehre in Zürich machte, lebt der Oldenburger in der Schweiz. Hier wurde er auch zum Comedian
Schon seit vielen Jahren lebt der Comedian Peter Löhmann am Rohrdorferberg. Wenn er auf der Bühne steht, sollen die Menschen ihre Sorgen vergessen, ...
Seit Peter Löhmann die Kochlehre in Zürich machte, lebt der Oldenburger in der Schweiz. Hier wurde er auch zum Comedian
Schon seit vielen Jahren lebt der Comedian Peter Löhmann am Rohrdorferberg. Wenn er auf der Bühne steht, sollen die Menschen ihre Sorgen vergessen, staunen und lachen. Publikumsliebling Löhmann erzählt, wie alles in St. Moritz begann und warum er heute am Karneval in Köln gefragt ist.
Im Torfmoor in Niederrohrdorf kann man Peter Löhmann schon mal beim Joggen antreffen. «Dort bin ich fast täglich unterwegs», erklärt der Comedian, Entertainer, und Zauberer, der mit seiner Familie in Niederrohrdorf, am Rohrdorferberg lebt. Schon seit vielen Jahren. «Alle wissen auch, dass ich verheiratet bin, dass wir Kinder haben.» – Mehr erzähle er nicht. Fast entschuldigend erklärt er: «Ich gebe sehr viel preis, aber nicht mein Privatleben.» Auch sein Alter verrät er übrigens nicht. Es bleibt sein Geheimnis.
Ist er in der Region joggend unterwegs, dann grüssen ihn die Leute. «Sie wissen, ich laufe manchmal mit Zetteln in der Hand durch den Wald.» Nicht, um eine Idee festzuhalten, die ihn beim Joggen im Rohrdorfer Moor überraschen könnte. Löhmann winkt ab. «Ich spreche den notierten Text nach und lerne ihn auswendig.» Er rede beim Laufen ziemlich laut, manchmal sei er auch ausser Atem. Wer ihm dann begegne, könne sich das Lachen kaum verkneifen. – Dem Entertainer gelingt es sogar beim Üben im Wald, die Leute zu unterhalten.
Für Peter Löhmann allerdings sind Ausflüge in die Natur Momente zum Auftanken. Ob mit dem Mountainbike, beim Fussball mit den Senioren des FC Baden oder seit gut einem Jahr beim Golfspiel. Der sportliche Ausgleich ist wichtig. Das alles tue er gern, meint er.
Denn der nächste Auftritt wartet. Insgesamt sind es rund 300 im Jahr. Auf der ganz grossen Bühne gleichermassen wie im intimen Rahmen. «Ich stehe mal vor 6000 Menschen, das nächste Mal unterhalte ich zehn Personen.» Das kann eine Geburtstagsfeier mit 30 Personen sein, eine zehnköpfige Gästerunde im Sterne-Hotel «Badrutts Palace» in St. Moritz, ein Auftritt vor 600 Menschen in der Umweltarena in Spreitenbach oder vor mehreren tausend Faschingbegeisterten beim Karneval in Deutschland. Vergangene Woche verzauberte er Gross und Klein im Shoppi Tivoli in Spreitenbach. Das Shopping-Center sei seit 15 Jahren ein guter Partner, erklärt er. Löhmann nimmt alle Auftritte ernst, die kleinen und die grossen. Für ihn ist das schlicht eine Frage der Professionalität.
Nicht alle erreicht er mit Wortwitz, manchmal muss er zaubern
Ist er selber immer gut gelaunt, wenn er die Menschen zum Lachen bringen soll? «Ich bin schon sehr positiv gestimmt», antwortet Löhmann. Vor allem aber trenne er Privates von Geschäftlichem. «Sobald ich auf der Bühne bin, kann ich – wie ein Knipser – alles andere ausschalten.» Das verdiene das Publikum. Die Menschen, die seine Soloprogramme besuchen, sollen ihre Sorgen vergessen. «Dann habe ich alles erreicht.» Auch deshalb macht er auf der Bühne keine Politik. «Es gibt bei mir keinen einzigen politischen Gag», betont er.
Das bedeutet für seine Auftritte aber auch, dass jederzeit Flexibilität gefragt ist. Als Künstler will er spüren, wie die Menschen, vor denen er gerade steht, unterhalten werden wollen. Nicht alle erreicht er mit Comedy, mit Sprache und Wortwitz. Der Entertainer erzählt von einem Auftritt, zu welchem ihn ein Transportunternehmen eingeladen hatte. Im Publikum überwiegend Chauffeure – «hemdsärmelige Menschen» wirft er ein, «die ich liebe». Sie sassen dort mit ihren Frauen. Längst nicht alle waren der deutschen Sprache mächtig. Die Geschäftsleitung aber hatte ihn explizit um ein komödiantisches Programm gebeten. Als er dann aber vor diesen Menschen stand, habe er realisiert: Das wird nicht funktionieren. Er bat das Publikum, ihm eine Minute Zeit zu lassen und sei rasch zu seinem Auto gerannt. «Ich habe meine Zauberutensilien geholt und angefangen.» Die Frauen und Männer im Saal hätten vor Freude und Spass geschrien, erzählt er. Seither trete er jedes Jahr an dieser Weihnachtsfeier auf.
Falsche Ansagen, Unterbrechungen – «Ich habe schon fast alles erlebt»
Peter Löhmann mag Herausforderungen. Auch bei Auftritten, wenn Improvisationstalent gefragt ist. «Ich habe, glaube ich, schon fast alles erlebt.»
Falsche Ansagen oder Unterbrechungen, weil überraschend der Hauptgang serviert werden muss. Auch Fotografen, die ihn bitten, alle mal kurz für ein Gruppenfoto zusammenzurufen. Aufrufe fürs Gruppenbild, so Löhmann, gehörten aber eigentlich nicht zu seinen Aufgaben. Wenn er es dennoch mache, riskiere er zum Spielverderber zu werden. «Offenbar verzeihen mir das die Menschen aber. Sozusagen nach dem Motto: Der darf das.» Mehr noch als bei Auftritten vor Erwachsenen, sei bei Kindern Authentizität gefragt. «Sie spüren sofort, ob du sie ernst nimmst», erklärt er. «Kinder begreifen, ob du mit ihnen Spass haben willst oder nicht.» Sein Publikum bestehe allerdings lediglich zu zehn bis 15 Prozent aus Kindern.
Sehr viele Kinder sassen im Publikum bei seinem Auftritt beim grossen Dorffest 2024 in Remetschwil (siehe Fotos Seite 15). Hinter ihnen standen ihre Mütter und Väter, Tanten, Onkel, Grosseltern – Spass hatten alle. Und Peter Löhmann gelang es innert Kürze, die Mädchen und Buben in seinen Bann zu ziehen, sie zu verblüffen und zum Lachen zu bringen. Sie streckten ihre Hände in die Höhe, weil sie neben ihm auf dem Stuhl stehen und auf Augenhöhe mit dem Zauberer reden wollten. Löhmann überliess ihnen die Hauptrolle, machte sie einen Wimpernschlag lang zu Stars. Und wenn Missgeschicke passieren, dann widerfahren sie höchstens dem Zauberer, dem Mann, der doppelt so gross ist wie die Mädchen und Buben – und der diese möglicherweise sogar provoziert oder mit Improvisationsgeschick in sein Programm integriert hatte.
Der junge Mann aus Oldenburg wählt eine Kochlehre in Zürich
Zwar lebt Löhmann schon seit Jahrzehnten in der Schweiz. Der Entertainer aber ist im niedersächsischen Oldenburg, in Deutschland geboren und besuchte dort auch die Schulen.
Brachte der Comedian, bei welchem das Publikum schon mal Tränen lacht, bereits als Schulbub Klassenkameradinnen und -kameraden zum Lachen? Nein, entgegnet er, er sei kein Spassvogel gewesen. «Aber ich war ein fröhliches, ein glückliches Kind.» Er sei in der Klasse der Kleinste gewesen und habe sehr gerne Fussball gespielt.
Als junger Mann kam Löhmann in die Schweiz. «Ich wollte früh die Welt sehen», erklärt er. Sein Onkel lebte in Zürich. Im «Haus zum Rüden», im renommierten Zunftrestaurant am Zürcher Limmatquai, absolvierte er in den 1980er-Jahren eine Kochlehre. Er bildete sich zum Direktionsassistenten weiter und arbeitete schliesslich elf Jahre lang als Direktor in Hotels in St. Moritz, unter anderem auf Muottas Muragl. Weil er sich im Hotel die Aufgaben mit einem weiteren Direktor teilte, konnte er in den 1990er-Jahren erste Engagements als Zauberer annehmen, etwa im «Palace» in St. Moritz oder auch in Zürich.
In der Küche, auf der Bühne – wo finden sich die Gemeinsamkeiten?
Wo aber treffen Küche und Bühne zusammen? Vielleicht beim Kaninchen, das in der Küche im Kochtopf schmort, während es der Zauberer – «Simsalabim» – aus seinem schwarzen Zylinder hüpfen lässt?
Peter Löhmann überlegt. Dann antwortet er, sowohl im Restaurant als auch in Hotels lerne man mit den unterschiedlichsten Charakteren zu arbeiten und zusammenzuleben. Und auch jeder Gast sei anders. Es gebe unter den Prominenten und Reichen sehr nette Gäste. «Ich zauberte vor den Augen von Prinzessin Caroline genauso wie vor James Bond-Darsteller Pierce Brosnan.» Beide seien überaus sympathisch. Er habe als Hoteldirektor aber auch schwierige, unsympathische Menschen kennen gelernt und sie mit ein paar liebenswürdigen Worten ebenfalls zufrieden stellen müssen. «Der Charakter eines Menschen lässt sich nicht von seinem Geldbeutel ableiten.» Insofern seien auch seine Auftritte als Comedian und Zauberer mit einem Menü zu vergleichen: «Stets handelt es sich um eine Komposition, bei der alle etwas für sich heraus nehmen können.»
«Kein einziges Wort darf unter die Gürtellinie fallen»
Löhmann jedenfalls, der seit seiner Jugend leidenschaftlich gerne zaubert und aus diesem Grund auch die Zauberschule in Zürich absolvierte, machte sich als Zauberer bald einen Namen. Er wurde bekannt. So bekannt, dass er 1999 das Risiko einging und sein Hobby zum Beruf machte. Seither gibt ihm der Erfolg Recht. Mit dem Bühnenprogramm The Tramp trat er 2003 in über 30 Ländern auf.
Heute läuft die Vermittlung teilweise auch über eine Agentur. 300 Buchungen im Jahr, Auftritte im Fernsehen, bei Kreuzfahrten oder als Büttenredner am Karneval in Deutschland: Für Auftritte als Karneval-Redner kommen Anfragen aus Aachen, Köln oder Mainz – viele Künstler und Künstlerinnen zeigen ihr Können an insgesamt rund 10 000 Auftritten zwischen Fasnachtsbeginn am 11. November und Aschermittwoch. Einen Bruchteil dieser Auftritte bestreitet auch Peter Löhmann, der sein Programm zwei Jahre vor seinem Auftritt vor einer Jury präsentieren musste. «Sehr mühsam», kommentiert er. Denn die Auftritte am Karneval folgen eigenen, klaren Regeln. «In der Jury sitzen Literaten, die aufmerksam zuhören. Kein einziges Wort darf unter die Gürtellinie fallen. Beim Karneval ist der Künstler ein Redner, er ist kein Comedian. Ein wichtiges Momentum sind die Pausen, die man in seinen Auftritt einbauen und mit denen man umzugehen wissen muss.» Denn die Pausen werden von der Musikkappelle mit einem Tusch garniert. Dabei jagt ein Auftritt den anderen. Im Zweistundentakt werden die Redner von einer Faschingsgesellschaft zur nächsten chauffiert.
Peter Löhmann erhält in Köln den Publikumspreis «Prix de la Bütt»
Im Januar 2024 erhielt Peter Löhmann beim Karneval in Köln für seinen Auftritt den Publikumspreis «Prix de la Bütt». Der «Kölner Anzeiger» würdigte ihn damals: «Dass Peter Löhmann diesen Award gewinnen würde, das war schon bei seinem Auftritt klar. Der gebürtige Oldenburger, wohnhaft in der Schweiz, spricht in seiner Rede über seine Kindheit in den 1980er-Jahren: Esspapier, das am Gaumen pappt, Leckmuscheln, Pinocchio und der Titelsong der Sesamstrasse. Seine Rede hat eine hohe Gagdichte und ist wenig bis gar nicht kontrovers. Schliesslich stimmten 80 Prozent der Zuschauer für Peter Löhmann, der den «Heinz» glücklich entgegennahm. Löhmann selbst sagt, wenn er den Nerv der Menschen treffe, dann freue ihn das besonders: «Ein Publikumspreis ist der ehrlichste Preis, den es gibt.»
Peter Löhmann wird ab Mitte März mit dem «Comedy Festival Schweiz» in Basel, Aarau, St. Gallen, Baden oder Zürich auftreten. Die Einnahmen aus diesem Festival fliessen in sein Kinderhilfswerk «Magic Moments», das er vor 28 Jahren gründete. Dank «Magic Moments» konnte der Comedian aus Niederrohrdorf – der ein Mensch mit einem grossen Herz ist – zahlreiche Hilfsprojekte in Haiti und Nepal ermöglichen.
Heidi Hess






