Ist das Projekt der Tod des Gewerbes?
12.09.2025 MägenwilBeim Infoanlass zum Abtausch der Kantonsstrasse gegen die Industriestrasse ging es hoch her
Aus Sicht des Gemeinderats ist der Abtausch, der die westliche Hauptstrasse künftig zur Gemeindestrasse mit Tempo 30 machen würde, ein Jahrhundertprojekt. Beim Infoabend gab es jedoch ...
Beim Infoanlass zum Abtausch der Kantonsstrasse gegen die Industriestrasse ging es hoch her
Aus Sicht des Gemeinderats ist der Abtausch, der die westliche Hauptstrasse künftig zur Gemeindestrasse mit Tempo 30 machen würde, ein Jahrhundertprojekt. Beim Infoabend gab es jedoch überraschend viel Gegenwind.
Es sei ein Jahrhundertprojekt mit Entscheidungen, die das Dorfbild über Jahrzehnte prägen würden, betonte Gemeindeammann Peter Wiederkehr zu Beginn. «Es bietet sich die einmalige Chance, die Dorfdurchfahrten zu verringern und zu beruhigen», so Wiederkehr. Nachdem der Kanton dem Abtausch zunächst kritisch gegenüber stand, zeigte er sich zuletzt offen für einen Abtausch (der «Reussbote» berichtete). Der Deal sieht vor, dass die Industriestrasse zur Kantonsstrasse wird und die Hauptverkehrslast damit vom Dorfkern weggelenkt wird. Die Gemeinde erhält im Gegenzug den westlichen Teil der Hauptstrasse: «Es ergeben sich dadurch ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten», so Wiederkehr. Aber der Kanton stellt auch Bedingungen: Auf der Hauptstrasse muss Tempo 30 gelten, damit die Autofahrer die Industriestrasse nutzen. Der Kreisel beim Gewerbepark («Brack-Kreisel») soll aufgehoben und durch ein Lichtsignal ersetzt werden. Die Ortsdurchfahrt muss ausserdem als Ausnahme-Transport-Route nutzbar bleiben.
Um die Trennwirkung der Industriestrasse zu reduzieren sind weitere Massnahmen geplant. In einem separaten Projekt, an dem sich der Kanton ebenfalls beteiligt, ist eine Überführung für Velofahrer und Fussgänger geplant, dort wo die Industriestrasse unter den Gleisen hindurchführt. Darüber hinaus soll es mehrere Fussgängerüberwege, teils mit Mittelinsel, über die Industriestrasse geben – eine Fussgängerunterführung ist nicht vorgesehen. An der Kreuzung Industriestrasse/Hauptstrasse ist ausserdem ein Kreisel mit vier Fussgängerüberwegen geplant.
Mehrkosten von 4,7 Millionen
«Das Ganze kostet auch etwas», sagte Peter Wiederkehr zum Gesamtprojekt. Würden der westliche Teil der heutigen Kantonsstrasse und die Industriestrasse ohne Abtausch saniert, läge der Anteil der Gemeinde bei sechs Millionen Franken, rechnete er vor. Bei einem Abtausch mit Aufwertung der Industriestrasse zur Kantonsstrasse und den zusätzlichen Massnahmen würde das Projekt insgesamt 16,9 Millionen Franken kosten. Mägenwil müsste davon 10,7 Millionen berappen – also 4,7 Millionen mehr. Aus Sicht des Gemeinderats würde Mägenwil jedoch massiv profitieren. Er führt höhere Verkehrssicherheit, geringere Verkehrsbelastung (minus 60 Prozent), Lärmreduktion, mehr Gestaltungsmöglichkeiten und eine Erhöhung der Wohn- und Lebensqualität sowie eine grössere Attraktivität des Standorts ins Feld. «Ein solches Projekt wird über 40 Jahre abgeschrieben», gab Wiederkehr zu den Mehrkosten zu bedenken. Über diesen Zeitraum würde sich ein Plus von 2,6 Steuerprozent ergeben. «Das heisst aber nicht, dass der Steuerfuss erhöht werden muss», betonte Wiederkehr.
Angst um lokales Gewerbe
Gerade die hohen Kosten bereiten jedoch vielen Bauchschmerzen. «Ich sehe finanzielle Risiken, wir sind hoch verschuldet», lautete eine Wortmeldung. Dabei sei die Finanzierung noch gar nicht eingerechnet. Niemand wisse, wie sich die heute niedrigen Zinsen entwickelten. «Ich sehe den Mehrwert für die grosse finanzielle Belastung nicht», so eine weitere kritische Stimme. Mancher sah die Gemeinde gar vor der Insolvenz. Wiederkehr erklärte, es handle sich um vorläufige Zahlen – nach einer Projektierung wisse man Genaueres. Auch das Thema Verkehrssicherheit bewegte die Gemüter. Die einen mahnten, die Industriestrasse sei heute schon gefährlich und werde dann noch stärker befahren, andere argumentierten für die Beruhigung der Hauptstrasse: «Der Fussgängerweg beim Volg ist lebensgefährlich», so eine Frau aus dem Publikum. Sie habe Angst um die Kinder. «Das Leben eines Kindes wäre mir das wert», sagte sie zum Projekt. Eine weitere Befürchtung der Kritiker: das lokale Gewerbe könne durch die Umleitung des Hauptverkehrs leiden – Bäcker und Volg gar langfristig schliessen. Zu Wort meldete sich auch Roger Müller, Vertreter der Landi Maiengrün, die den Volg betreibt. Diese plant um die Wirtschaftlichkeit aufrecht zu erhalten einen Neubau an einem neuen Standort an der Hauptstrasse. Dieser werde im Falle von Tempo 30 zu 99 Prozent nicht realisiert: «Für das Gewerbe ist das der Tod», so seine Meinung. Versöhnlichere Voten plädierten dafür, zunächst an der Gmeind den Anteil der Projektierungskosten in Höhe von 80 000 Franken zu bewilligen, um eine bessere Grundlage für eine Entscheidung zu haben. Dafür warb auch Wiederkehr. Es brauche eine positive Signalwirkung an den Kanton. Bei einer Ablehnung werde die Hauptstrasse schlicht saniert: «Der Abtausch ist dann vom Tisch», so Wiederkehr.
Michael Lux