Karriere beim Militär: «Frauen können das auch!»
17.10.2025 StettenParis Abate gibt ihre Stelle als stellvertretende Leiterin Steuern und Finanzen bei der Gemeinde auf, um sich voll dem Militärdienst zu widmen
Das Schweizer Armee spricht mit Kampagnen mittlerweile auch gezielt Frauen an. Paris Abate, die in Niederrohrdorf lebt und bisher auf der ...
Paris Abate gibt ihre Stelle als stellvertretende Leiterin Steuern und Finanzen bei der Gemeinde auf, um sich voll dem Militärdienst zu widmen
Das Schweizer Armee spricht mit Kampagnen mittlerweile auch gezielt Frauen an. Paris Abate, die in Niederrohrdorf lebt und bisher auf der Gemeinde Stetten arbeitete, absolviert aktuell ebenfalls die Rekrutenschule. Danach strebt sie einen Unteroffiziersrang an.
Ich hatte immer schon eine Faszination für Uniformen, Disziplin und Organisation», erklärt die 20-Jährige, die in Equador geboren und in Stetten und Niederrohrdorf aufwachsen ist, warum es sie zum Militär zieht. Darüber hinaus sei sie auch schon bei den Jungschützen in Remetschwil aktiv gewesen. Nach der Schule absolvierte Paris Abate aber zunächst eine dreijährige Lehre bei der Gemeinde Stetten und wurde im Anschluss bereits nach einem halben Jahr zur stellvertretenden Leiterin Steuern und Finanzen befördert. Keine schlechte Karriere.
Auslöser, sich konkret für den Militärdienst zu interessieren, war ein Flyer, der vor zwei Jahren ins Haus flatterte: «Der Bund schickt allen Frauen, die 18 werden eine Einladung zu einem freiwilligen Orientierungstag», erzählt Abate am Telefon. Derzeit ist ihre Einheit in einem Bunker in Meiringen im Einsatz und bis sie nach dem Wochenende wieder einrücken muss, bleibt zu wenig Zeit für ein persönliches Treffen. Dass sie zum Orientierungstag gehen würde, um sich einen Einblick in die Welt des Militärs zu verschaffen, sei für sie sofort klar gewesen, erinnert sich Abate. Der Eindruck im Rekrutierungszentrum in Aarau sei dann sehr positiv gewesen: «Es war eine geschützte Umgebung, alles Frauen, auch höhere Kader.» Diese hätten Auskunft gegeben, wie es sei, als Frau beim Militär zu dienen. «Dort hat man sich recht willkommen gefühlt», so Abates Fazit.
Trotzdem gab sie sich vor der Anmeldung zur Rekrutierung etwas Bedenkzeit: «Ich habe die Anmeldung mit nach Hause genommen und habe eine Nacht darüber geschlafen. Es ist schon ein grosser Schritt.»
Geschlechter-Gleichbehandlung
Schon kurz nach der Anmeldung galt es ernst. Am Rekrutierungstag wurden die Anwärterinnen und Anwärter einem Fitnesstest sowie einer ärztlichen und psychologischen Untersuchung unterzogen: «Ab der Rekrutierung wird man als Mann behandelt, man muss die gleichen sportlichen Leistungen erbringen», betont Abate. Sie bestand alle Tests und verpflichtete sich im Anschluss für die 18-wöchige Rekrutenschule. Um ihren Rang «abzuverdienen» muss sie wie ihre männlichen Kollegen noch sechs weitere Jahre lang für je drei bis vier Wochen einrücken. Sie entschied sich für das WK-Modell, statt durchzudienen. Der Militärdienst soll sie noch länger begleiten.
Die «Jungs» waren anständig
Ende Oktober hat Paris Abate dann den ersten Schritt geschafft und die RS abgeschlossen. War es schwer für sie als Frau? «Die RS ist für jeden happig, auch für mich», so ihre Antwort. Ab und zu sei man schon «am Ende» – die körperliche Anstrengung, der Stress und Druck, dazu wenig Schlaf. «Es ist schwer, man braucht Duchhaltewillen und dann schafft man das». Man müsse einfach ein Ziel vor Augen haben. Und wie lief es mit den männlichen Kollegen? «Ich bin die einzige Frau in meinem Zug. Aber das funktioniert gut. Ich bin eine offene Person und finde schnell Kollegen», so Abate. «Die Jungs sind mega anständig gewesen», fügt sie hinzu. In der Kaserne seien die Frauen darüber hinaus in einem separaten Gang untergebracht. Dieser dürfe nicht von einem Mann alleine betreten werden, berichtet Abate. Sie selbst teilte sich dort ein Zimmer mit einer anderen Rekrutin.
Für den Ernstfall bereit
Selbst wenn ein Ernstfall für die Schweizer Armee trotz zahlreicher Konflikte in der Welt eher unwahrscheinlich erscheint, hat sich Paris Abate durchaus Gedanken darüber gemacht, wie sie im Ernstfall reagieren würde. «Als ich unterschrieben habe, habe ich gewusst, wenn etwas passiert, muss ich hinstehen», erklärt sie. Darum habe sie eine Funktion gewählt, wo sie sich sicher fühle und wisse, dass sie nicht in vorderster Front kämpfen müsse, sondern anders mitwirken könne. Abate ist bei der Luftwaffe als Übermittlungssoldatin für die Kommunikation via Funk zwischen den Truppen zuständig.
Wenn die RS abgeschlossen ist, geht es für sie nahtlos weiter. Denn sie hat sich vor Kurzem entschieden, weiter zu machen. Im Anschluss besucht sie für vier Wochen die Unteroffiziersschule und im Januar beginnt ihre zweite RS für den «Wachtmeister», einen Unteroffiziersrang für Gruppenführer, in dem sie dann auch selbst Soldaten ausbilden darf. Ob sie später parallel zum WK wieder einem Bürojob nachgeht oder sogar zum Berufsmilitär wechselt, ist noch offen. So oder so: ihre Familie ist mächtig stolz auf sie und unterstütze sie bei ihrer Entscheidung voll. Das gilt auch für ihren Partner. «Er ist stolz, dass er seinen Freunden erzählen kann, dass seine Freundin beim Militär ist», so Abate. Und was rät sie Frauen, die sich überlegen selbst zur Armee zu gehen?: «Einfach den Mut haben und es probieren, es ist eine sehr coole Lebenserfahrung, man kann viel mitnehmen. Wir Frauen können das auch!»
Michael Lux