An einem herbstlichen Vogelspaziergang gab eine Teilnehmerin zu, dass sie etwas melancholisch geworden sei. Auf die Frage nach dem Grund, meinte sie, dass sie diese Traurigkeit an jedem Ende des Sommers verspüre, wenn all die Vögel uns verlassen und ein halbes Jahr im Süden ...
An einem herbstlichen Vogelspaziergang gab eine Teilnehmerin zu, dass sie etwas melancholisch geworden sei. Auf die Frage nach dem Grund, meinte sie, dass sie diese Traurigkeit an jedem Ende des Sommers verspüre, wenn all die Vögel uns verlassen und ein halbes Jahr im Süden verbringen. Wir können sie trösten. Für viele Vogelarten sind wir der Süden. Aus Lettland kommen Singschwäne und aus Polen und Tschechien noch mehr Lachmöwen hierher. Rund 100 000 Reiherenten beehren die Schweiz, da sie offenes Wasser brauchen. Lugt man länger und geduldig ins weite Wasser hinaus, können weitere schöne Vögel erblickt werden, wie Krickenten, Gänsesäger, Schnatterenten, Kolbenenten, Zwergtaucher, Löffel- und Tafelenten. Die Rot- und Schwarzhalstaucher, Mittelsäger und Schellenten sind prächtige Tiere. Und wenn die Männchen der Schellenten beginnen, die Weibchen zu bezirzen, dann gebärden sie sich dergestalt, dass man das Lachen nicht zurückhalten kann oder sich als Mann fast fremdschämen muss. Dichtes Daunenfederwerk macht es möglich, dass die Vögel ihre Körpertemperatur von bis zu 40 Grad halten können. Dazu schützen wetterfeste Deckfedern und ein öliges Sekret, das in der Bürzeldrüse produziert wird und die Nässe nicht durchdringen lässt. Bis zu 80 Grad Celsius kann der Temperaturunterschied sein, zwischen dem Körperinnern des Vogels und der Aussenwelt. Deshalb ist auch die Annahme falsch, dass Vögel wegen der Wärme in den Süden ziehen, der Grund ist das Nahrungsangebot, nichts anderes. Die federlosen Beine und Füsse sind an Kälte und Nässe bestens angepasst. Eine Wärmetauschtechnik verhindert das Auskühlen von Beinen und Füssen. Feine Blutgefässe liegen dicht beieinander. Das vom Herz aufgewärmte Blut fliesst vom warmen Körper Richtung Füsse und zwar sehr nah an den Venen vorbei, die das kühlere Blut von den Füssen hoch in den Körper transportieren. So wird das herabfliessende Blut vom hochfliessenden Blut gekühlt oder umgekehrt das hochfliessende Blut wird vom herabfliesenden Blut erwärmt. Und wenn das Blut dann unten schön gekühlt ankommt, wird das Eis unter den Flossen der Enten nicht schmelzen … Der oben erwähnten Teilnehmerin wurde es gleich warm ums Herz, als sie erfuhr, dass wir im Winter nicht von allen Vögeln verlassen wurden.
Lesetipp: Lektüre am Kaminfeuer, «Jeder Spatz zählt – Eine poetische Hommage» von Rudolf Karlen und Christine Moor, Edition Karlen.