Roxy dreht den Hahn auf – und Bern hört zu
Es gibt Briefe, die Geschichte schreiben. Der 1. August? Bundesverfassung. Der 12. Geburtstag? Einladungskarten. Und dann gibt es Briefe wie jenen von Roxy, 12 Jahre jung, die kurzerhand den Bundesrat anschreibt. Thema: ...
Roxy dreht den Hahn auf – und Bern hört zu
Es gibt Briefe, die Geschichte schreiben. Der 1. August? Bundesverfassung. Der 12. Geburtstag? Einladungskarten. Und dann gibt es Briefe wie jenen von Roxy, 12 Jahre jung, die kurzerhand den Bundesrat anschreibt. Thema: Gratis Hahnenwasser in Restaurants. Man stelle sich das Bild vor: Während sich Lobbyisten mit seitenlangen PDFs abmühen, schreibt Roxy: «Hallo, ich hätte da mal eine Idee – wie wär’s, wenn wir unser wunderbares Quöllwasser einfach allen schenken?» Zack, fertig. Kein Anhang, keine Fussnoten, nur gesunder Menschenverstand mit Glitzerstift. Die Idee kam ihr in den Ferien. Ihr fiel auf, dass es in vielen Ländern ganz normal ist, dass man in Restaurants und Cafés ein Glas Leitungswasser gratis bekommt. Keine Karte, kein «Mineral mit oder ohne?» einfach Hahn auf, Glas voll. Roxy fragt sich: Wenn wir schon eines der besten Leitungswasser der Welt haben, warum gibt es das bei uns nicht so unkompliziert? Und siehe da: Der Bundesrat antwortet! Also, streng genommen Frau Florence Favre vom BAFU, wissenschaftliche Mitarbeiterin. Aber egal
– eine Antwort aus Bern ist eine Antwort aus Bern! «Vielen Dank für dein Engagement, liebe Roxy, unser Wasser ist tatsächlich sehr gut.» Zwischen den Zeilen liest man: Wow, zwölf Jahre alt und schon mehr Umweltpolitik als die halbe G7. Natürlich gibts auch die berühmte Schweizer Relativierung: Die Restaurants haben Fixkosten, das Servicepersonal kostet, das Glas muss gespült werden – und am Schluss kommt das Hahnenwasser fast teurer als Champagner. Verständlich. Aber irgendwie auch herrlich absurd: Wir leben in einem Land mit vielen Alpenbrunnen, aber wenn man am Café-Tisch nach Wasser fragt, ist man plötzlich Sozialfall oder Spielverderber. Roxy hat jedenfalls verstanden, wie Politik funktioniert: Ideen haben, sie laut aussprechen und dranbleiben. Die Bundesrats-Antwort endet mit: «Erzähl anderen von deiner Idee, mach ein Projekt, sprich mit der Gemeinde.» Kurz: Machs selber, Kind. Und vielleicht tut sies. Vielleicht kommt bald die Bewegung «QuöllH2O4free», angeführt von einer Zwölfjährigen mit Wasserflasche und Glitzerstift. Und wenn dann in 20 Jahren die Schweiz weltweit für ihr «Gratis-Quöllwasser-Gesetz» gefeiert wird, wissen wir: Alles begann mit einem Brief. Und einem Bundesrat, der tatsächlich geantwortet hat. Am Ende bleibt: Politik tröpfelt, Kinderideen sprudeln.