Die bisherige Ausstellung wird geschlossen. Im nächsten April, zum Jubiläum der Stadtscheune, wird die neue Ausstellung eröffnet
Die Sebastiansglocke ist das erste Objekt, das schon jetzt in der Stadtscheune einen Platz erhält. Ab November ist das Museum geschlossen. ...
Die bisherige Ausstellung wird geschlossen. Im nächsten April, zum Jubiläum der Stadtscheune, wird die neue Ausstellung eröffnet
Die Sebastiansglocke ist das erste Objekt, das schon jetzt in der Stadtscheune einen Platz erhält. Ab November ist das Museum geschlossen. Die Räume werden umgebaut und im April neu eröffnet.
Als Brigitte Frey an der schweren Sebastiansglocke in der Stadtscheune zieht, erinnert sie sich an den grossen Festakt vom 29. August 1959. Damals wurde die Sebastiansglocke, die sogenannte «Pestglocke» aus dem Turm der Pfarrkirche herunter geholt und die neuen Glocken wurden durch die Mellinger Schuljugend in die Höhe gezogen. Zu dieser Schuljugend gehörte auch Brigitte Frey, Enkelin von Albert Nüssli. Nüssli, ehemaliger Besitzer der Druckerei Nüssli, hatte als grosser Sammler diese Glocke in den 1950er-Jahren gerettet.
«Ich war beim Glockenaufzug zehn Jahre alt», erinnert sich Frey. Sie sei sehr aufgeregt gewesen, habe die beiden letzten Nächte vor dem Festakt kaum geschlafen. Die meisten Mädchen hätten für die Glockenweihe ein neues Kleid erhalten. Das bestätigt Verena Christen, die damals zwölf Jahre alt war. Dass Brigitte Frey nun in der Stadtscheune steht und an der Glocke zieht, die ihr Grossvater Albert Nüssli einst vor dem Einschmelzen gerettet hat, ist für sie etwas Besonderes.
Der Auftakt zum Umbau
Der Apéro am Sonntagnachmittag und der Zug an der Sebastiansglocke sind der Auftakt zum Umbau. Eingeladen hatte die Museumskommission, weil sie sich mit diesem Anlass von der bisherigen Ausstellung im Mellinger Ortsmuseum verabschieden wollte. In wenigen Tagen, ab November, ist das Museum geschlossen. Dann kommen die Handwerker und die Räume werden umgebaut – nicht vom Umbau betroffen ist der Betrieb in der Bibliothek. Stadtrat und Kommissionspräsident Hanspeter Koch erzählt den rund 20 Anwesenden beim Apéro, dass die Kommission seit vier Jahren ein neues Ausstellungskonzept plane, bezahlt ausschliesslich durch Sponsoringbeiträge: «Konzept und Umbau der neuen Ausstellung kosten 400 000 Franken.» An diesen Kosten beteiligt sich die Stadt nicht. «Allerdings sichert die Stadt den Betrieb des Museums und auch der Bibliothek langfristig zu», versicherte Koch.
Die Wiedereröffnung ist im April 2026. Dann wird das Kulturzentrum Stadtscheune 30 Jahre alt. Das Jubiläumsgeschenk ist das umgebaute Ortsmuseum mit der neuen Ausstellung. «Zahlreiche Objekte werden dann in neuem Kontext gezeigt», sagt Hanspeter Koch. Drei Themenbereiche sind im Haus auf verschiedenen Ebenen geplant. Unter dem Titel «Lage, Lage, Lage» können Besucherinnen und Besucher über eine multimediale Inszenierung von der Galerie aus in die Geschichte des Reuss-Städtchens mit seiner wichtigen Brücke eintauchen. «Stadt oder Dorf?» lautet die Fragestellung im ersten Stock. Der Konflikt zwischen Katholiken und Reformierten wird unter dem Titel «Leben und Glauben zwischen den Fronten» im zweiten Stock aufgegriffen.
Albert Nüsslis Schlüsselobjekte
Ein wertvoller Beitrag sind die unzähligen Objekte, die Albert Nüssli gesammelt hatte – unter ihnen viele Schlüsselobjekte. Diese zeigte er zunächst im Zeitturm. «Das war», erklärt Koch, «der Anfang unseres Ortsmuseums.»
Albert Nüssli rettete unter anderem die Sebastiansglocke. Nachdem sie 1959 vom Turm geholt worden war, hätte sie eingeschmolzen werden sollen. Nüssli aber fuhr nach Aarau und kaufte sie der Glockengiesserei Rüetschi zum Materialwert ab. Lange stand sie neben dem Kirchturm, war dennoch Teil der Sammlung «Alt Mellingen». Albert Nüssli hatte schriftlich festgehalten: «Solange die Sammlung keine geeigneteren Raumverhältnisse besitzt, kann die Sebastiansglocke bei Kirche oder Turm Aufstellung finden.» Das hat sich nun geändert. Das erste Objekt hat noch vor dem Umbau in der Stadtscheune seinen Platz erhalten. Und Brigitte Frey, Enkelin von Albert Nüssli, ist die erste, die sie in die Höhe zieht. «Die Glocke, die mein Grossvater gerettet hat», sagt sie. Es ist auch für sie ein besonderes Erlebnis.
Heidi Hess