Sie kümmert sich um die Allerkleinsten
24.12.2024 Region ReusstalBaden-Dättwil: Seit mehr als 40 Jahren arbeitet Beatrice Sommer in der Neonatologie im Kantonsspital Baden
«Wenn ich Eltern vermitteln kann, dass ihr Kind bei uns gut aufgehoben ist, habe ich meinen Job richtig gemacht», sagt Beatrice Sommer, die Neugeborene in ihren ersten ...
Baden-Dättwil: Seit mehr als 40 Jahren arbeitet Beatrice Sommer in der Neonatologie im Kantonsspital Baden
«Wenn ich Eltern vermitteln kann, dass ihr Kind bei uns gut aufgehoben ist, habe ich meinen Job richtig gemacht», sagt Beatrice Sommer, die Neugeborene in ihren ersten Lebensstunden umsorgt.
Zu Beatrice Sommer kommen die neugeborenen Kinder. Nicht alle. Nur die ganz kleinen, die zu früh Geborenen und diejenigen, die weniger als 2000 Gramm schwer sind. Zu ihr kommen auch die Babys, die zwar rechtzeitig zum Geburtstermin das Licht der Welt erblickten, die aber gesundheitliche Probleme haben. Beatrice Sommer und ihre Kolleginnen legen diese kleinen Wesen in speziell, gewärmte Betten. Die Babys werden über diverse Kabel, die jede Veränderung registrieren, auf der Neonatologie-Abteilung im Kantonsspital Baden permanent beaufsichtigt. «Wir überwachen Puls, Atmung, Sauerstoffgehalt, Blutdruck, Temperatur und Hautfarbe», zählt die Pflegefachfrau auf.
«Wir holen die Säuglinge direkt im Gebärsaal ab», erzählt sie. Meist begleite dann der Vater sein Neugeborenes. Ohne die Mutter. Weil die Mutter nach der Geburt selbst medizinisch versorgt werden muss. Wenn die Mütter ihre Kinder später zum ersten Mal in der Neonatologie sehen, inmitten von kleinen Schläuchen, seien das sehr emotionale Momente. «Manche Mütter weinen», sagt Beatrice Sommer. «Und wir trösten sie.» Sehr rasch würden sie den Eltern erklären, wozu all die Kabel und Schläuche dienen, die Eltern aufklären, ohne zu beschönigen. Und Zuversicht spenden. «Sobald es der Zustand des Babys erlaubt», sagt Sommer, «legen wir es der Mutter in ihre Arme.»
Oft fehlt im Spital gerade den Frühchen die Kraft, selbst zu trinken. Manche Mütter seien enttäuscht, sagt Sommer, wenn sie erfahren, dass sie ihr zu früh geborenes Kind noch nicht stillen können. Einmal mehr ist es Aufgabe der Pflegenden im Spital mit Empathie und Zuversicht zu beruhigen: «Das wird schon noch».
«Ich bin sicher am richtigen Ort»
Anders als in Aarau oder in Zürich, wo Frühgeborene bereits ab der 24. Woche betreut werden, nimmt das Kantonsspital Baden Neugeborene erst ab der 32. Schwangerschaftswoche auf. Von sogenannt «einfacheren Fällen» spricht Beatrice Sommer, die seit über 40 Jahren auf dieser Abteilung in Dättwil arbeitet.
Als frisch diplomierte Kinderkrankenschwester, so lautete damals die korrekte Berufsbezeichnung, trat sie 1982 in Baden ihre erste Stelle an. Sommer nennt es einen Zufall, dass sie auf diese Abteilung kam. Ihre Lehre hatte sie gemeinsam mit zwei Kolleginnen in Aarau eben erst abgeschlossen – auf der Neonatologie. Als in Baden drei Stellen in der Kinderabteilung frei wurden, konnten die drei Kolleginnen aussuchen, Sommer kam in die Neonatologie. Nach vier Jahren wurde sie stellvertretende Stationsleiterin. 1987 übernahm sie die Stationsleitung auf dem «dritten Boden», wo sich die Pädiatrie, die Neonatologie und heute auch der Kindernotfall befinden.
Als sie in den 1990er-Jahren selbst Mutter wurde, reduzierte sie ihr Pensum. Und stockte später wieder auf, kontinuierlich, in Absprache mit ihrer Familie bis maximal 70 Prozent. «Ich bin hier sicher am richtigen Ort», sagt sie und lacht. Sie liebt ihre Arbeit mit den Kindern und mit den Eltern, sie schätzt die sehr gute Zusammenarbeit im Team, das ständige Dazulernen – «à jour» bleiben, wie sie sagt. Auch deshalb wird sie, obwohl sie in wenigen Tagen pensioniert würde, der Badener Neonatologie in einem kleinen Pensum erhalten bleiben.
Erklären und Vertrauen aufbauen
Sie wird weiterhin ihre Berufs- und ihre Lebenserfahrung einbringen, auch mal unkonventionelle Lösungen vorschlagen. Die Neonatologie sei keine sterile Station, erklärt Sommer. Die Eltern sind hier jederzeit erwünscht: «Sie dürfen mitmachen.» Vater, Mutter und Kind sollen eine Beziehung aufbauen können, ihre Einheit gestalten. Gleichzeitig lernen die Eltern, wie sie ihr Kind umsorgen können – Fähigkeiten, die sie brauchen, sobald sie nach Hause dürfen und den Alltag mit ihrem Säugling erleben.
Beatrice Sommer sieht ihre Aufgabe – neben dem Überwachen und Pflegen des Kindes – vor allem auch darin, die «Eltern abzuholen». «Ich möchte, dass sie gut informiert sind», sagt sie, «Sie sollen sich bei uns integriert fühlen und spüren, dass ihr Kind gut aufgehoben ist.» Das bedingt viele Gespräche, mitunter auch in anderen Sprachen. Manchmal genüge in solchen Fällen die Verständigung mit Gesten und Mimik – sofern nötig können Angehörige weiterhelfen, indem sie am Telefon übersetzen. Gelinge es ihr, dieses Gefühl zu vermitteln und Vertrauen aufzubauen, habe sie ihren Job richtig gemacht, meint Beatrice Sommer.
Heidi Hess