Sie wollen in die Mellinger Stadtregierung
09.09.2025 MellingenWahlpodium mit den drei neuen Kandidierenden für den Stadtrat – alle wirkten gut vorbereitet und hielten die Redezeit genau ein
Am Donnerstagabend galt es ernst für Peter Suter (FDP), Mirjam Jakob (SP) und Stefan Florjancic (parteilos). Am von FDP und Die ...
Wahlpodium mit den drei neuen Kandidierenden für den Stadtrat – alle wirkten gut vorbereitet und hielten die Redezeit genau ein
Am Donnerstagabend galt es ernst für Peter Suter (FDP), Mirjam Jakob (SP) und Stefan Florjancic (parteilos). Am von FDP und Die Mitte Mellingen organisierten Podiumsgespräch sassen sie auf dem heissen Stuhl.
Die Mellinger haben die Qual der Wahl: Drei Personen bewerben sich für den vakanten fünften Sitz im Stadtrat. «Hoffentlich verlassen Sie den Saal mit der Erkenntnis, wen Sie auf den Wahlzettel schreiben sollen», sagte Moderator und FDP-Mitglied Martin Rubi am Anfang des Podiums, das im Alterszentrum stattfand, zum zahlreich erschienenen Publikum. Die drei Kandidaten stellten sich als Erstes kurz persönlich vor (ihre Wahlporträts erschienen am 8. Juli und 22. August). Der pensionierte Peter Suter (FDP) schilderte seine Karriere als CEO in der Wirtschaft und Leistungssportler und wies auf seine Erfahrungen als Mitglied der Finanzkommission seit 2021 hin. Die Soziologin Mirjam Jakob (SP), Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern, bezeichnete sich als «Vollzeitmami» und «stolze Vollblutmellingerin». Sie beteilige sich aktiv am politischen Leben. Stefan Florjancic ist nach einer langen Berufskarriere, die ihn zeitweise in die USA führte, im Ruhestand. Er halte mit seiner Meinung nicht zurück. Dass er «seinen Senf dazugeben» werde, damit müsste der Stadtrat leben, sagte der Kandidat. Die drei Kandidierenden mussten sodann auf vorbereitete Fragen in 90 Sekunden antworten und später auch ihre Meinung zu spontanen Fragen mit Lokalbezug mitteilen. Finanzielle Herausforderungen, die auf Mellingen mit grossen Investitionen zukommen, beispielsweise im Strassenbau: Wie sollen diese gemeistert werden? Stefan Florjancic plädiderte dafür, sich auf das Notwendige zu konzentrieren, die Projekte zu etappieren und sich nicht weiter zu verschulden. Mirjam Jakob fand, man könne mit wenig Geld Mehrwert schaffen. Der Investor an der Birrfeldstrasse habe beispielsweise angeboten, dass der Spielplatz öffentlich nutzbar sein werde. Bei den Strassensanierungen solle man überlegen, was nötig sei. Peter Suter wies auf die gesunkene Netto-Verschuldung hin. Der Schuldenberg müsse Schritt für Schritt abgetragen, die Investitionsprojekte «prioritätsgerecht» und mit Projektcontrolling umgesetzt werden.
«Politik mit Tempo überfordert»
Dann sollten die Stadtratskandidaten ihre Meinung zum Bedürfnis der Mellinger nach Treffpunkten für Jung und Alt äussern. «Das Projekt Generatione-Zone beim Hallenbad fand ich extrem spannend», sagte Mirjam Jakob. Auch in der Altstadt gäbe es Bedarf. Peter Suter plädierte für «Inklusion statt Isolation». Jede Altersgruppe habe andere Bedürfnisse. Es brauche barrierefreie und multifunktionale Treffpunkte in Mellingen. Zu Moderator Martin Rubi, der das abgeblasene «GenerationeZone»-Projekt geleitet hatte, meinte Suter, dieser habe die Politik mit seinem Tempo wohl ein wenig überfordert. Stefan Florjancic sprach sich für einen Treffpunkt zwischen Iberg und Alterszentrum als idealen Ort aus. Zur Frage, wo sie in der nächsten Legislatur ihre Schwerpunkte setzen, nannte FDP-Kandidat Suter unter anderem eine nachhaltige Entwicklung und Aufwertung des Zentrums sowie Investitionsprojekte finanzier- und umsetzbar zu machen. «Die finanzielle Gesundung ist mir ein grosses Anliegen», sagte Suter.
Florjancic will sich gegen eine weitere Verschuldung Mellingens einsetzen. Ein Anliegen ist ihm auch, die Ziele der Stadt altersgerecht zu kommunizieren – auch für die junge Generation. Mirjam Jakob will sich für ein attraktives Mellingen für alle einsetzen – im Stadtrat würde sie für die Anliegen der Familien, Jugendlichen und Kinder einstehen. «Aber auch Vereine und Gewerbe sind wichtige Player. Alle Rädchen sind wichtig, damit Mellingen floriert.» Bei den spontanen Fragen wollte Martin Rubi wissen, ob Mellingen primär Wohnort bleiben soll oder sich als Unternehmensstandort profilieren sollte. «Mellingen ist eine klassische Pendlerstadt, Arbeitsplätze sind rar gesät», sagte Rubi. Suter sprach sich für eine Ausgeglichenheit zwischen Wohn- und Arbeitsort aus. «Wir sollten für Unternehmen attraktiv sein», sagte er. «Mellingen als Industriestandort können wir vergessen», erklärte Florjancic. Es gebe ein paar KMU und Gewerbe. Aber ein «Klein-Silicon-Valley» sei chancenlos. Jakob meinte, das Städtchen solle ein attraktiver Wohnort bleiben.
Eine weitere spontane Frage lautete, wie die Kandidierenden zur Weiterentwicklung Mellingens als regionales Zentrum stehen. «Mellingen erbringt immer mehr zentralörtliche Dienstleistungen», sagte Martin Rubi. Der grösste Arbeitgeber von Mellingen sei die Schule. Kandidat Suter meinte, der Weg zum regionalen Zentrum sei nicht mehr rückgängig zu machen. «Aber keine Entwicklung zu jedem Preis», sagte er. Kandidat Florjancic fand ebenfalls, die Entwicklung sei nicht mehr zu stoppen. Aussenstehende sollten aber die Kosten der Investitionen mittragen und es sollte fair sein.
Zur Frage, ob das Angebot an Kindertagesstätten und Tagesstrukturen ausreiche, meinte Florjancic, er sei zuwenig nahe dran. «Aber es hat eigentlich nie genug», sagte er, «andere Länder machen das besser.» Es werde teurer, aber nicht besser. Jakob widersprach. Sie nutze die Angebote zwar nicht, aber ihre jüngeren Kolleginnen fänden sie recht gut. Die Schüler von der Bahnhofstrasse sollten einen näheren Mittagstisch haben, fand sie. Sie müssen jeweils in die Kleine Kreuzzelg. «Ich bin nicht ganz neutral, da meine Frau Präsidentin der Tagesstruktur Iberg ist», meinte hingegen Suter mit einem Augenzwinkern.
Das Fazit der Fragerunde: Alle drei Kandidierenden schlugen sich gut. Sie antworteten auf alle Fragen und wirkten gut vorbereitet. Der Abend war überdies gut organisiert und mit der Uhr durchgetaktet. Martin Rubi lobte die genaue Einhaltung der Redezeit. Später durfte das Publikum Fragen stellen, die vier bisherigen, wieder kandidierenden Mitglieder des Stadtrats stiessen dazu und nahmen teilweise Stellung.
Fragen aus dem Publikum
Stefan Däsch meinte, alles drehe sich um die Altstadt. Was die Vision der Stadt für die Aussenquartiere sei. Er wohne im Gheid und wünsche sich eine 20er-Zone. Stadtpräsidentin Györgyi Schaeffer erklärte, die Bewohner könnten Unterschriften sammeln und die Frage käme an die Gemeindeversammlung. Paul Zürcher fragte, was sich die bürgerlichen Kandidaten von der Senkung der Schulden versprächen. «Ich habe keine Angst vor Schulden», sagte er. Peter Suter antwortete, Schulden kosteten, «Sparen sollte man am richtigen Ort und das Unnötige weglassen.» Stadtrat Hanspeter Koch (Die Mitte) sagte, er wolle seinen Kindern nicht alles verbarrikadieren. Patrick Maurer wollte wissen, wie die drei «Neuen» sich für die Vereine einsetzen wollten. Florjancic meinte, das sei eine vage Frage. Die anderen Kandidaten fanden, das Engagement der Vereine verdiene Unterstützung. Ganz zum Schluss – bevor es zum wohlverdienten Apéro ging – durfte jede Kandidatin und jeder Kandidat in einem kurzen Werbespot in eigener Sache mitteilen, warum man sie oder ihn wählen soll. – Denn am 28. September entscheidet Mellingen, wer der nächsten Stadtregierung angehören wird.
Marc Benedetti