So wird Hauptgasse zur Visitenkarte der Altstadt
06.06.2025 MellingenDas Baugesuch zur Sanierung und Aufwertung der Hauptgasse zeigt, wie die Gasse bereits im nächsten Sommer aussehen soll
Die Stadt zeigt in einem umfangreichen Dossier Pläne für den Strassenbelag und die Beleuchtung. Sie präsentiert auch einen Leitfaden für ...
Das Baugesuch zur Sanierung und Aufwertung der Hauptgasse zeigt, wie die Gasse bereits im nächsten Sommer aussehen soll
Die Stadt zeigt in einem umfangreichen Dossier Pläne für den Strassenbelag und die Beleuchtung. Sie präsentiert auch einen Leitfaden für Stühle und Sonnenschirme und sie wünscht mehr Grün im Städtli.
Im vergangenen Sommer erhielten Mellingerinnen und Mellinger ein Appetithäppchen auf ein Leben in der verkehrsarmen Altstadt. Sämtliche Restaurants entlang der Hauptgasse bauten provisorische Veranden in die Fahrbahn – städtisch bewilligt. Die Restaurants Scharf Eck, Löwen und auch Viva Pizza stellten Sonnenschirme, Stühle und Tische auf, einige auch Kübel mit Pflanzen. Dieses Engagement für mediterranes Leben im Städtli dankte die Bevölkerung den Wirtinnen und Wirten mit Publikumsfrequenz. Viele geniessen seither die Terrassen bei einem Feierabendbier, einem Kaffee, bei Pizza oder Wurstund-Käse-Salat. Selbst Velofahrende hatten bei ihrer Durchfahrt Freude am neuen Bild und winkten fröhlich.
«Ich hoffe, wir schaffen es»
Nun macht die Stadt Nägel mit Köpfen. Bis zum 23. Juni liegt das Baugesuch «Sanierung und Aufwertung Hauptgasse» öffentlich auf und kann auch online abgerufen werden. Im Zentrum steht die «3. Etappe» der Altstadtaufwertung, bei der nach Inbetriebnahme der Umfahrung im Oktober 2022 endlich die Hauptgasse umgestaltet werden kann. Dafür hatte die Gemeindeversammlung im November 2024 einen Verpflichtungskredit von 2,075 Millionen Franken gesprochen. Laut Plan soll die Bauphase im November oder Dezember 2025 beginnen und im Sommer 2026 beendet sein. Die Einhaltung dieses Zeitplanes ist deshalb wichtig, weil Mellingen mit dem Bauprojekt Hauptgasse vom Agglomerationsprogramm des Bundes profitiert. Bedingung für den maximalen Unterstützungsbeitrag von 150 000 Franken aus diesem Topf ist allerdings der Start der baulichen Massnahmen bis spätestens Ende 2025. – «Ich hoffe, wir schaffen es», meint denn auch Stadtpräsidentin Györgyi Schaeffer.
Das Gesamtkonzept Altstadtaufwertung wurde 2007 an der Gemeindeversammlung genehmigt. In der Folge wurden die vier Seitengassen – Kleine und Grosse Kirchgasse, Scheunengasse und Bruggerstrasse – von 2008 bis 2011 durch den Landschaftsarchitekten Simon Buchmann umgestaltet. Die «3.Etappe» musste warten. Solange sich täglich über 15 000 Autos, Lastwagen und Traktoren durch die Hauptgasse wälzten und auch mal das Gemäuer der Stadttore ramponierten, war Sanieren unmöglich. Erst nach Inbetriebnahme der Umfahrung konnte der nächste Schritt erfolgen, der mit der Bevölkerung in Plaza-Workshops vorbereitet worden war.
Schmale Fahrbahn, breite Gehwege
Wie die Hauptgasse aussehen soll, zeigen die Pläne von Simon Buchmann, der nun auch die Hauptgasse gestaltet. Die Fahrbahn wird gegenüber heute stark reduziert, sodass Fussgängerbereiche und Gehwege grosszügig erweitert werden können. Die Hauptgasse bleibt für den öffentlichen Verkehr vorläufig befahrbar. Schon heute passieren nur noch Velofahrerinnen und Fussgänger das alte Lenzburgertor.
Ein schwarzer Belag markiert die Fahrbahn. Im Fussgängerbereich werden Natursteinplatten an Hausmauern verlegt, genauso wie an Strassenkreuzungen, um Plätze hervorzuheben. Anders als in den Seitengassen wurde für die Hauptgasse aus Kostengründen der preiswertere Luserna Gneis aus Norditalien gewählt – nicht zuletzt weil grosse Flächen betroffen sind. Die Natursteinplatten nehmen farblich den Ton der Seitengassen auf. In die Neugestaltung Hauptgasse fliessen auch Anliegen der Fachstelle Procap, Hindernisfreies Bauen ein: Weil hier nach wie vor Busse zirkulieren, braucht es in der Hauptgasse ein Führungselement für Sehbehinderte. Der Randstein wird deshalb leicht abgeschrägt. Györgyi Schaeffer spricht von einem Kompromiss: «Diese Leitlinie ist wichtig, gleichzeitig muss die Gasse aber auch für Velofahrer passierbar bleiben.» Denn die Hauptgasse ist Teil der kantonalen Veloroute.
Angedacht waren in der Hauptgasse ausserdem Bäume, die Schatten spenden, ein Brunnen und öffentliche Sitzbänke. Weil in der Hauptgasse künftig auch Feste und Märkte stattfinden sollen, wird letztlich eine multifunktionale Nutzung mit demontierbaren Elementen bevorzugt. Das resultierte aus Gesprächen mit allen Beteiligten. Seit 2023 entwickelte eine Begleitgruppe, die sich aus Anwohnenden, Gewerbetreibern und weiteren Interessierten zusammensetzt, das Projekt Neugestaltung Hauptgasse mit.
Wie die Altstadt möblieren?
Beigelegt ist dem knapp 300 Seiten starken Baugesuch der Entwurf Gestaltungsleitfaden Altstadt Mellingen. Dieser Leitfaden ist ein «gemeinsames Regelwerk und Commitment der verschiedenen Akteure, wie mit dem öffentlichen Raum umgegangen wird.» Einzelne Gestaltungselemente sollen sich harmonisch in die historische Umgebung der Altstadt eingliedern, visuell störende Elemente gemieden werden, so die Maxime. Gut gestaltete Fassaden, Schaufenster, Begrünung und Objekte würden massgeblich dazu beitragen, dass der Besuch und der Aufenthalt in der Altstadt in positiver Erinnerung bleibe. Der Entwurf Gestaltungsleitfaden betrifft private Einrichtungen. Dabei kann die Stadt Elemente, die vom Gestaltungsleitfaden abweichen, entfernen lassen. Betont wird aber: «Rückmeldungen zum Leitfaden werden bei der Endversion soweit möglich berücksichtigt.»
Der Leitfaden zitiert Beispiele aus anderen Altstädten. Er zeigt Aussenterrassen mit Mobiliar, wie es wünschenswert wäre: Zu sehen sind Vorschläge für Tische, Stühle und einheitliche, schlichte Sonnenschirme ohne Werbung, auch Pflanzenkübel aus Eternit oder Holz mit möglichen Pflanzen. Generell ist mehr Grün erwünscht, auch solches, das Hauswände hoch klettert und schmückt.
Heidi Hess