Tafelsilber verscherbelt oder gutes Geschäft?
04.11.2025 WohlenschwilInformationsveranstaltung zum Verkauf des Elektrizitätswerks und zur Schulraumerweiterung
Der Besucheraufmarsch war gross – der Saal im Pfarreiheim bis auf den letzten Platz besetzt. Zu reden gab der Verkauf des Elektrizitätswerks. Die Schulraumerweiterung war weniger ...
Informationsveranstaltung zum Verkauf des Elektrizitätswerks und zur Schulraumerweiterung
Der Besucheraufmarsch war gross – der Saal im Pfarreiheim bis auf den letzten Platz besetzt. Zu reden gab der Verkauf des Elektrizitätswerks. Die Schulraumerweiterung war weniger brisant.
Der Gemeinderat hat den Verkauf des Elektrizitätswerks Wohlenschwil an der nächsten Winter-Gmeind, am 19. November, traktandiert. Um den Puls bei der Bevölkerung zu fühlen, lud er letzten Donnerstagabend zu einer Infoveranstaltung. Gegen 100 Interessierte aus Wohlenschwil und Büblikon waren im Saal des Pfarreiheims vor Ort. Gemeinderat und Ressortvorsteher Claude Michel führte aus, weshalb ab dem 1. Januar für 3,6 Millionen Franken das EW, das sich seit Jahrzehnten im Besitz der Gemeinde Wohlenschwil befindet, an die Regionalwerke Baden verkauft werden soll.
Teure Investitionen stehen an
Claude Michel erläuterte, dass das EW mit 800 Stromabonnenten zu klein sei. Grund dafür sind zunehmende Auflagen des Bundes und stetig steigende Anforderungen an den Schweizer Strommarkt. Vor allem spreche für den Verkauf, dass in Zukunft hohe Investitionen auf die Gemeinde zukommen. Das habe zur Folge, dass das EW künftige Investitionen nicht mehr selber finanzieren kann und die Gefahr einer Überschuldung drohe. «Im Sommer produzieren die 88 Photovoltaikanlagen in Wohlenschwil mehr Strom als das Dorf verbraucht. Neue Trafostationen müssten gebaut werden, um das Netz vor Überlastungen zu schützen. Dafür brauche es aber Land. Es sei meist nicht beliebt, wenn diese im eigenen Garten stünden. Fakt sei, in Zukunft werde wohl für die Einspeisung von überschüssigem Strom bezahlt werden müssen. Und das würde sich auf die Strompreise der Abonnenten niederschlagen. Auf eine Begrenzung für die Einspeisung könne zudem auch in Zukunft nicht verzichtet werden. «Jetzt haben wir noch die Freiheit und müssen nicht verkaufen», so Claude Michel. «Der Gemeinderat ist überzeugt, dass wir künftig die Aufgabe EW nicht mehr alleine bewältigen können. Zudem nehmen die Risiken im Strommarkt zu. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, das EW an einen starken Partner weiterzugeben.»
Meistbietender soll Zuschlag erhalten
Der Gemeinderat liess fünf Stromwerke für das EW offerieren. Der Meistbietende waren die Regionalwerke AG Baden. «Sie haben 400 000 Franken mehr als das AEW geboten, 3,6 Mio. Franken», so Michel. Das sei 950 000 Franken über dem regulatorischen Restwert des EWs. Der Gemeinderat sei überzeugt, dass der Verkauf an die Regionalwerke AG Baden ein gutes Geschäft ist. Die Regionalwerke Baden waren mit Andreas Borer, Geschäftsführer und Adrian Fuchs, Bereichsleiter Elektrizitätsunterstützung, vertreten. Sie betonten, dass die Firma lokal und regional bestens verankert ist. Nebst Elektrizität würden Fernwärme, Gas und Wasser angeboten.
Plädoyer für oder gegen Verkauf
Nach den Ausführungen hielt Hans Fischer eine Powerpoint-Präsentation. Er plädierte dafür, das EW nicht zu verkaufen. «Das EW kann nur einmal verkauft werden. Dann ist es für immer weg», so Fischer. Das EW sei in gutem Zustand. Ein Verlust könne verkraftet werden. Um den Gemeinderat zu entlasten, könne die Führung an eine Fachkommission abgetreten werden.
Franz Melliger, ehemaliger Fiko-Präsident war anderer Meinung. Er sagte: «Ich gratuliere dem Gemeinderat zu diesem Geschäft. Wir sind zu klein, um eigenständig zu bleiben. Die Strompreise bestimmen wir schon lange nicht mehr.» Zu Wort meldete sich daraufhin Jörg Friedli, Inhaber Friedli Gemüse. «Reden wir Klartext. Die Gemeinde will 9,7 Mio. Franken für die Schule ausgeben. Der Gemeinderat will mit dem Verkauf des EWs die Kosten senken. Ich bin nicht gewillt, künftig acht Prozent mehr Steuern zu zahlen. Als Unternehmer ist es mein Ziel, meinen Betrieb möglichst autark zu betreiben, da er ein Stromfresser ist», sagt er. Deshalb produziere er selber Strom. Er zahle aber sicherlich nicht für die Einspeisung des Stroms. Komme es soweit, müsse er das Güllesilo beheizen, witzelte er.
Genossenschaft für EW gründen
«Wir müssen schauen, dass der Solarstrom im Dorf gespeichert wird. Dazu müssten wir eine Genossenschaft gründen», sagte Jörg Friedli weiter. Durch die Genossenschaftsscheine könne man auch die 3,6 Mio. Franken für die Schule zusammenbringen und das EW müsste nicht verkauft werden.
Gemeinderat Claude Michel antwortete, dass eine kleine Gemeinde einen so grossen Speicher nicht stemmen könne. Das müsse künftig wohl auf Bundes- oder sogar auf EU-Ebene gelöst werden. Zudem habe der Verkauf nichts mit der Schule zu tun. Bereits seit zwei Jahren mache er sich Gedanken über die Zukunft des EWs. Eine weitere Wortmeldung war: «Ich denke, dass der Gemeinderat das EW schlecht redet. Ich finde, dass der Verkauf zu kurz vor der Gemeindeversammlung gebracht wird.» Gefragt wurde nach Plan B, wenn an der Gmeind der Verkauf abgelehnt wird. Michel sagte: «Wir können das EW weiterführen und Verluste einfahren. Diese Verantwortung will der Wohlenschwiler Gemeinderat aber nicht tragen.»
Debora Gattlen
Informationen zur Schulraumerweiterung in der nächsten Ausgabe.

