«Und wo sollen all die Leute parkieren?»
13.06.2025 MellingenStadtrat informierte über Pläne für die Birrfeldstrasse und die Lenzburgerstrasse. Einblicke gab es auch zur Überbauung Birrfeldstrasse
An der Gmeind soll ein Projektierungskredit für die Umgestaltung der beiden Strassen genehmigt werden. Beim Infoanlass wurde ...
Stadtrat informierte über Pläne für die Birrfeldstrasse und die Lenzburgerstrasse. Einblicke gab es auch zur Überbauung Birrfeldstrasse
An der Gmeind soll ein Projektierungskredit für die Umgestaltung der beiden Strassen genehmigt werden. Beim Infoanlass wurde dann viel über Parkplätze diskutiert – und die Frage ob die geplante grosse Überbauung an der Birrfeldstrasse Fluch oder Segen für die Altstadt sein wird.
Zunächst ging es aber um die Umgestaltung der Birrfeld- und der
Lenzburgerstrasse. Beides nach wie vor Sorgenkinder der Verkehrsplaner, denn der Durchgangsverkehr ist hier immer noch hoch. Doch der Stadtrat sieht in der Umgestaltung, die laut groben Schätzungen rund 5,9 Millionen Franken kosten wird, mehr als ein Verkehrsberuhigungsprojekt: «Durch das Projekt können wir das Zentrum entwickeln, es ist eine einmalige Chance», sagte Stadtpräsidentin Györgyi Schaeffer, bevor sie an Verkehrsplaner Thomas Belloli übergab, der das Projekt gemeinsam mit der Planungskommission begleitete. Herzstück des Konzepts ist die Verschmälerung der Fahrbahn von heute 7,60 Metern auf sechs Meter: «Das gibt Platz für Grünstreifen», so Belloli. Diese sollen beidseitig mit Baumreihen bepflanzt werden. Eine weitere wichtige Massnahme ist das durchgehende Tempolimit auf 30 Stundenkilometer. Das ist auch wegen der schmaleren Fahrbahn von Bedeutung: «Zwar können Busse sich dort begegnen, sie müssen aber langsam fahren», erläuterte der Verkehrsplaner. Aus Sicherheitsgründen empfehlen die Planer trotz der 30er-Zone ausserdem die Fussgängerstreifen zu markieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Umgestaltung des Kreisels am Lindenplatz. Dieser soll einem echten Platz weichen, der wie die Altstadt als Begegnungszone ausgewiesen ist. Fussgänger hätten dann Vortritt. Wo denn der Bus künftig wenden sollte, wollte eine Anwesende wissen. Man könne sich beispielsweise vorstellen, dass der Bus künftig einfach einen Kreisel weiter am Migros-Kreisel wende, so Belloli. Es sei schade, wenn man nur deswegen auf den Platz verzichten würde, ergänzte er.
Diskussionen um Parkplätze
Das Projekt sehe für sie «zu geschlossen» aus und nicht einladend, fand eine Einwohnerin. Sie befürchtete, dass mit dem neuen Verkehrskonzept noch weniger Besucher in die Altstadt kommen würden: «Die Belebung der Altstadt ist ein Prozess», betonte Schaeffer. Sie habe das Gefühl, mit den neuen Terrassen der Gastronomie kämen mehr Menschen in die Altstadt. Es gab aber auch Zustimmung. Er finde die Entlastung vom Verkehr gut, so ein Herr aus dem Publikum: «Man darf nicht vergessen, Parkplätze zu schaffen», mahnte er. Für einige Aufregung sorgte in diesem Zusammenhang eine Folie in der Präsentation, die den Parkplatz am Lindenplatz in zehn Jahren teilweise als grünen Park zeigte. In 20 Jahren waren die Parkplätze komplett verschwunden. «Wenn man die wegnimmt, ist Wohnen in der Altstadt nicht mehr attraktiv», lautete eine kritische Wortmeldung. Es handle sich um eine langfristige Vision, beeilten sich die Planer zu versichern. Die Parkplätze würden nicht einfach gelöscht: «Es braucht Parkplätze, aber vielleicht gibt es Möglichkeiten, woanders welche zu schaffen», so Belloli. Es gebe im Stadtrat verschiedenen Überlegungen dazu, ergänzte Schaeffer.
320 Wohnungen an Birrfeldstrasse
Mit grossem Interesse wurden auch die ersten Informationen zur geplanten Überbauung an der Birrfeldstrasse aufgenommen. Die Tierstein AG aus Frick plant hier als privater Investor auf 3,4 Hektaren eine grosse Überbauung mit Wohnungen und Platz fürs Gewerbe. Das sei ein Gebiet so gross wie die Altstadt, erklärte Plaza-Projektleiter Urs Affolter, der stellvertretend eine erste Orientierung gab. Zu sehr ins Detail gehen wolle er aber nicht, denn am 20. Juni werden nicht nur das Siegerprojekt des Studienauftrags offiziell vorgestellt, sondern auch Pläne und Modelle der Mitbewerber. Insgesamt sechs Architektenteams hatten sich in einem zweistufigen Verfahren mit Entwürfen beworben. Die wenigen Skizzen, die Affolter vom Siegerentwurf zeigte, verrieten noch nicht allzu viel: Sie zeigen mehrere unterschiedliche geformte Gebäude, dazwischen jede Menge Grün. Die Wohngebäude trugen klingende Namen wie: «Wohnen an den Höfen», «Wohnen im Grünen», «Wohnen an der Gasse» oder «Wohnen in der Dachoase». In den Erdgeschossen fanden sich eine Bäckerei, ein Café und das letzte grosse Gebäude Richtung Umfahrungskreisel trug die Aufschrift «Coop».
Wohin mit dem Coop?
Das warf Fragen auf. Manch einer bemängelte, dass der Coop damit künftig zu weit weg von der Altstadt sei. Woraufhin Györgyi Schaeffer aus dem Nähkästchen plauderte. Für den Coop sei ein Umzug und Verzicht auf Parkplätze nur attraktiv, wenn er sich gleichzeitig vergrössern könne. Mit Erlaubnis des Investors liessen Schaeffer und Affolter auch ein paar Zahlen verlauten: Im Rahmen des Projektes seien rund 320 Wohnungen geplant. «Das werden etwa 700 Einwohner werden», so Schaeffer. «Und wo sollen all die Leute parkieren?» lautete eine bange Frage: «Es gibt ein riesiges Untergeschoss, wo Parkieren stattfinden wird», so Affolter. Ob dort auch ausserhalb der Öffnungszeiten parkiert werden dürfe, konnte er auf Nachfrage aber nicht sagen. Trotz der wenigen Einblicke entbrannte auch schon eine Debatte über das neue Quartier: «Das hat mit der Altstadt nichts zu tun, das sind Welten», so eine kritische Stimme. Das Projekt sei eine Abwertung der Altstadt. «Wir sind nicht mehr das kleine Mellingen, wir sind eine Agglomerationsstadt», hielt ein anderer dagegen. «Es gibt fast kein Bauland mehr. Das was geplant ist entspricht der BNO», sagte Schaeffer. Stadtrat Hanspeter Koch schaltete sich ebenfalls ein. Er hoffe auf Synergien zwischen «Altstadt» und «Neustadt» und dass die neue Energie auch auf die Entwicklung der Altstadt überspringe. Urs Affolter betonte, dass der Bau in Etappen stattfinden werde und der Planungshorizont zehn bis 20 Jahre betrage. Das Projekt befinde sich noch in einem frühen Stadium. Nach der Ausstellung am 20. Juni wird das Siegerprojekt zunächst ausgearbeitet. Im Anschluss soll ein Entwicklungsrichtplan erstellt werden, der Ende Jahr fertig sein könnte. Danach soll wiederum ein Gestaltungsplan ausgearbeitet werden.
Michael Lux
Betriebs- und Gestaltungskonzept Birrfeldstrasse und Lenzburgerstrasse
Mitwirkungsverfahren
Vom 12. Juni bis 31. Juli liegen die Unterlagen zum Betriebs- und Gestaltungkonzept Birrfeld- und Lenzburgerstrasse bei der Abteilung Bau- und Planung öffentlich auf und stehen auf der Stadthomepage zum Download zur Verfügung. Im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens können Interessierte schriftlich Rückmeldungen und Inputs zu den Plänen geben. Hier einige Kernpunkte des Konzepts:
Geschwindigkeit
Die signalisierte Geschwindigkeit auf der Birrfeld- und der Lenzburgerstrasse soll grundsätzlich 30 km/h betragen. Auf der Birrfeldstrasse soll die Tempo-30-Zone gegenüber der aktuellen Situation in Richtung Kreisel Umfahrung verlängert werden. Es ist geplant, die Begegnungszone der Altstadt auf den Knoten Birrfeldstrasse/ Lenzburgerstrasse/Hauptgasse, der künftig als Platz gestaltet werden soll (siehe entsprechender Unterpunkt), zu verlängern. Der Fussverkehr hat in der Begegnungszone Vortritt vor dem fahrenden Verkehr.
Strassenquerschnitt
Im Vorfeld wurden verschiedene Varianten diskutiert. Als beste Variante präsentiert die Planungskommission folgende Lösung: Ein auf sechs Meter verschmälerter Fahrbahnquerschnitt soll die Durchfahrt für den Durchgangsverkehr unattraktiv machen. Dadurch wird ausserdem ein beidseitiger Grünstreifen von je zwei Metern Breite sowie ein dahinter liegendes beidseitiges Trottoir von ebenfalls zwei Metern ermöglicht. Dennoch sollen sich laut Planern Lastwagen oder Busse bei der Geschwindigkeit von 30km/h gut begegnen können. Die Grünstreifen könnten direkt mit dem Umbau oder auch erst später mit Bäumen bepflanzt werden. Der Querschnitt erlaube zudem eine variable Anordnung. So wird der Grünstreifen grundsätzlich neben der Fahrbahn geführt. Nur auf der Birrfeldstrasse im Abschnitt beim heutigen «Lindenparking» wird das Trottoir aufgrund der seitlichen Zufahrten, den Querungsstellen sowie der Bushaltestelle direkt neben der Fahrbahn geführt. Bei Bedarf können im Grünstreifen Längsparkfelder zum Kurzzeitparkieren angeordnet werden. Die Anschlüsse von weiteren Stadtstrassen und privaten Grundstückszufahrten werden mit Trottoirüberfahrten ausgebaut. Der Fussverkehr in Längsrichtung erhalte somit durchgehende und vortrittsberechtigte Verbindungen.
Vortrittsrechte
Wo ein Trottoir in Längsrichtung entlang der Birrfeld- oder Lenzburgerstrasse vorhanden ist, werden die Anschlüsse jeweils mit Trottoirüberfahrten ausgeführt. Damit das Vortrittsregime bei allen Anschlussstrassen identisch ist, werden die Anschlüsse Zeughausstrasse und Büblikerweg mit «Kein Vortritt» signalisiert und markiert.
Knoten Birrfeldstrasse/Lenzburgerstrasse/Hauptgasse
Statt des Kreisels ist der Knoten Birrfeldstrasse/Lenzburgerstrasse/Hauptgasse künftig als Platz vor der Altstadt geplant. Sofern die Wendemöglichkeit für die Postautolinie 363 (Brugg-Mellingen) verlagert werden kann, ist laut Planungskommision kein Kreisverkehr mehr erforderlich. Die Fahrbahnränder werden mit den für mobilitätseingeschränkte Personen erforderlichen taktilen Abschlüssen erkennbar gemacht.
Buskonzept
Der heutige Kreisel Birrfeldstrasse/ Lenzburgerstrasse/Hauptgasse wird aktuell als Wendemöglichkeit für die Postautolinie 363 verwendet. Die Busse zwischen dem Bahnhof Brugg und dem Lindenplatz Mellingen haben in Mellingen eine Standzeit von zehn Minuten. Laut den Planern sei anzustreben, die Bushaltestelle Friedhof als Warteplatz und den Kreisel bei der Migros als Wendemöglichkeit zu benutzen. In diesem Fall könnte auf den Kreisel Birrfeldstrasse/Lenzbugerstrasse verzichtet werden. Die Linie 332 soll zwischen dem Bahnhof Mellingen-Heitersberg und der Bremgartenstrasse neu grundsätzlich via nördliche Umfahrung, Birrfeldstrasse und Lenzburgerstrasse verkehren. Nur die Zusatzkurse verkehren durch die Altstadt und wenden über den Lindenparkplatz. Von Seiten des Kantons gebe es Pläne, welche diese Linie über die Birrfeldstrasse und die südliche Umfahrung fahren lasse. Damit wäre ein Wenden via Lindenparkplatz nicht mehr erforderlich. Falls der Bus jedoch weiterhin durch die Altstadt fahren sollte und ein Wenden via Lindenparkplatz nicht möglich ist, sind im Konzept zwei zusätzlichen Fahrbahnhaltestellen an der Lenzburgerstrasse vorgesehen. Alle bestehenden Bushaltestellen im Perimeter werden laut Gestaltungskonzept als hindernisfreie Fahrbahnhaltestellen ausgebildet. (ml)