Die neueste Städtliführung erzählt davon, wie zwei Mellinger die roten Weihnachtskerzen in die Altstadt brachten
Eine Städtliführung mit stimmungsvollen Geschichten zur Weihnachtszeit – das ist in Mellingen eine Premiere. Kerzen spielen die Hauptrolle.
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Die neueste Städtliführung erzählt davon, wie zwei Mellinger die roten Weihnachtskerzen in die Altstadt brachten
Eine Städtliführung mit stimmungsvollen Geschichten zur Weihnachtszeit – das ist in Mellingen eine Premiere. Kerzen spielen die Hauptrolle.
Als am Samstag um 17 Uhr die Kerzen im Städtli aufleuchteten – gleichzeitig mit den Strassenlaternen, ging ein Raunen durch die Gruppe: «Oh!» und «Wie schön!». Bereits seit einer halben Stunde lauschten 20 Personen den Geschichten von Städtliführerin Pia Kriese rund um die neue Führung «Cherzemeer und Städtligschichte». Die Gruppe spazierte vom Iberghof über die Kleine Kirchgasse, in die Scheunengasse, Bruggerstrasse, Hauptgasse und bis zur Gerichtsstube.
Immer wieder blieb die Städtliführerin vor einem Haus stehen. Vor dem katholischen Vereinshaus erzählte sie vom Mütterverein, der seit den 1920er-Jahren zum «Rösli»-Märt einlud und unter anderem Wurst und Patisserie-Stückli verkaufte. Der Gewinn kam bedürftigen Kindern in Mellingen zugute: Sie wurden an Weihnachten beschenkt, mit Schuhen und Kleidern zum Beispiel, vielleicht auch mal mit einem kleinen Spielzeug. Ein paar Häuser weiter, hängt im Eingang zu Jennis Blumengeschäft ein Mistelzweig und die Städtliführerin sprach über keltische Bräuche, «Zauberkräfte» und romantische Liebesschwüre.
Samichlaus und «Geisslechlöpfer»
Nur wenige Jahre lang waren in Mellingen während der Adventszeit sogar «Geisslechlöpfer» unterwegs, laut knallend mit ihren Peitschen. Das Brauchtum aus der Zentralschweiz, das den Einzug des Samichlauses ankündete, ist wieder verschwunden – auch wenn noch der eine oder andere Mellinger eine «Geissle» in seinem Keller finden dürfte.
Als die Mellinger Kerzen Schlag 17 Uhr die Altstadthäuser in warmes Licht tauchten, stand die Gruppe an der Hauptgasse und erfuhr gerade einiges über den Heiligen Nikolaus. Pia Kriese hatte allen eine kleine Überraschung geschenkt. Auf dem Handy zeigte das Thermometer Minustemperaturen, die mit anbrechender Dunkelheit noch tiefer sinken würden. Wer ohne Mütze, Stirnband oder lange Unterhosen unterwegs war, verlagerte das Gewicht von einem Bein zum anderen, war kurz vor dem Hüpfen, um sich warm zu halten.
In der Scheunengasse aber zückte die Städtliführerin den Schlüssel zu Bibliothek und Stadtmuseum. Ein willkommener Abstecher in die Wärme – es sollte nicht der einzige bleiben.
Inzwischen war es draussen dunkel. Die letzten Schritte führten durch die Bruggerstrasse zur Drogerie, wo Schalen mit Weihnachtsgewürzen herumgereicht wurden, und schliesslich in die Gerichtsstube.
«Eine Adventsführung», so Pia Kriese, «wollte ich schon lange anbieten.» Auch, weil sie Mellingens Weihnachtskerzen selbst so sehr mag.
Zwei Mellinger steigen in den Keller
Bleibt die Frage: Was hat es mit dem «Cherzemeer» auf sich? «Elektrisches Licht gab es in Mellingen ab 1908», erklärte Pia Kriese an der neuesten Städtliführung. Bis 1960 schmückte eine Weihnachtstanne mit kleinen Lichtern die Kirchgasse. Um 1960 aber setzten sich Niklaus Bättig und Emil Busslinger zusammen: Die Idee für eine Weihnachtsbeleuchtung entstand, Kerzen sollten es sein. Zehn bis 15 Kerzen aus Styropor fertigten sie im Keller der Drogerie Busslinger (heute Drogerie Haus) an. «Seither ist ihre Anzahl gewachsen», so Kriese. «Heute installieren die Mitarbeiter vom Werkdienst jeweils rund 200 Weihnachtskerzen in der Altstadt». Längst nicht mehr die Handgefertigten von Bättig und Busslinger. «Diese verloren ihre Farbe, verblassten und wurden ersetzt.»
Heidi Hess
Für die Führung «Cherzemeer» am Mittwoch, 3. Dezember sind noch wenige Plätze frei. Anmeldung über die Website der Stadt Mellingen.