Wie Spürhunde Schädlinge in Bäumen suchen
19.09.2025 BirrhardDer Mellinger Carmelo Colletti zeigte beim Forstbetrieb Birretholz, wie sein Hund «Coffee» gefährlichen Schädlingen auf die Spur kommt
Er vernichtet ganze Laubbaumbestände. Umso massiver wird der Asiatische Laubholzbockkäfer bekämpft. Dabei erweisen sich ...
Der Mellinger Carmelo Colletti zeigte beim Forstbetrieb Birretholz, wie sein Hund «Coffee» gefährlichen Schädlingen auf die Spur kommt
Er vernichtet ganze Laubbaumbestände. Umso massiver wird der Asiatische Laubholzbockkäfer bekämpft. Dabei erweisen sich die feinen Nasen von Spürhunden als besonders effizient, wie ein Besuch im Birreter Wald zeigte.
Coffee» wedelt mit seinem braunen Schwanz. Soeben hat ihm Hundeführer Carmelo Colletti das gelbe Arbeitsband mit einem Glöckchen über den Hals gestreift. Noch hält er den Hund fest, «Coffee» aber wird unruhig, möchte los. Sobald ihn sein Halter freilässt, läuft der Hund in ein kleines Waldstück, die Hundenase dicht am Boden. Es dauert keine Minute, bis er aus einer Baumgruppe einen auswählt, sich hinsetzt und vor dem Stamm wartet. Hundeführer Colletti geht auf ihn zu, lobt seinen Hund und spielt dann mit ihm. «Unser Spiel», erklärt er, «ist sein Lohn». Lohn dafür, dass der professionelle Spürhund soeben einen Baum ausgemacht hat, an welchem er den Asiatischen Laubholzbockkäfer riecht. – Es handelte sich in diesem Fall lediglich um eine Probe in Mikrodosis, die Colletti zu Demonstrationszwecken an einem Baum beim Forstbetrieb Birretholz befestigt hatte. Zum Glück!
Im Birreter Wald gibt es nämlich keinen Befall durch diesen invasiven gebietsfremden Käfer, der als blinder Passagier aus Ostasien im Verpackungsmaterial und in Holzpaletten eingeschleppt wurde. Gemäss Bund ist der Asiatische Laubholzbockkäfer besonders gefährlich, weil er Laubbäume wie Ahorn, Birke, Buche, Esche und weitere befällt und sie innert weniger Jahre zum Absterben bringen kann. Bei Schädlings-Verdacht schlägt der Bund denn auch sofort Alarm. Spürhundeteams rücken aus und die Hundenasen schnüffeln sich durch Baumbestände. Zurzeit sind Hundeteams in Marly im Kanton Fribourg und in Zell im Kanton Luzern im Einsatz.
Rasch fällen, häckseln, verbrennen
In Berikon am Rohrdorferberg wurde 2015 ein Befall durch den Asiatischen Laubholzbockkäfer im Freiland entdeckt. Im Umkreis von 100 Metern mussten alle Laubbäume, auch die gesunden, gefällt und innert 24 Stunden gehäckselt und verbrannt werden. Eine Weiterverwendung dieses Holzes ist ausgeschlossen. Zu gross ist das Risiko, dass der für Wirtschaft und Ökologie gefährliche Schädling überlebt und sich erneut ausbreitet. Zusätzlich wurde eine Quarantänezone von zwei Kilometern festgelegt, in welcher die Entwicklung vier Jahre lang beobachtet wird. In Berikon gilt der Käfer seit 2019 bis heute als getilgt.
In Marly und Zell arbeiten die Hundeteams des Verbandes Spürhundewesen Schadorganismen Schweiz, kurz VSSS. Präsident des VSSS ist der in Mellingen wohnhafte Carmelo Colletti, hauptberuflicher Hundeführer und seit über zehn Jahren in ganz Europa tätig. Der VSSS arbeitet eng mit dem Bund und mit kantonalen Pflanzenschutzdiensten zusammen – der Verband wurde 2021 auf Wunsch des Bundes gegründet. Ziel war, die Qualität in Aus- und Weiterbildung der Spürhundeteams zu sichern. 19 Mitglieder mit insgesamt 26 Hunden sind aktuell als national geprüfte Hundeschutzstaffel für den VSSS im Einsatz.
Sensible Hundenase, ein Phänomen
Einer davon ist Stephan Burri, Leiter der Technischen Kommission des VSSS, zu Hause in Birrhard. Annelies Furter, Mitglied des Natur- und Vogelschutzvereins (Navo) Birrfeld, wurde auf Burri aufmerksam und lud die Spürhundeteams im Namen des Navo nach Birrhard ein.
Letzten Samstag besuchten vier VSSS-Vorstandsmitglieder mit ihren Hunden den Forstbetrieb Birretholz. Sie zeigten den 20 Interessierten beim öffentlichen Anlass nicht nur, wie die Hunde arbeiten. Burri erklärte auch, warum die Hunde so erfolgreich sind: «300mal pro Minute gelangen selbst kleinste Moleküle an die empfindlichen Geruchsrezeptoren in der Hundenase.» Während ihrer Ausbildung, lernen die Hunde die Moleküle zu erkennen und zu deuten. «Eine Hundenase», betont Burri, «kann nicht durch technische Mittel ersetzt werden.»
Ausbildung an der «Playstation»
Die Hunde arbeiten gerne. Dennoch dauert kein Einsatz länger als 20 Minuten. «Die Intensität ist hoch», erklärt Burri. «Nach einem Einsatz haben die Hunde gleichsam Fieber.» Erst nach einer zweistündigen Pause dürfen sie weiter schnüffeln.
Zwei Jahre dauert die Ausbildung und kostet rund 15 000 Franken. Sowohl Hund als auch Halter müssen im Vorfeld einen Wesenstest bestehen: Der Hund muss motiviert, belastbar und spielfreudig sein. Zusammen sollen sie ein Team bilden, das auch schwierige Situationen meistert.
Schritt für Schritt lernen künftige Spürhunde das erwünschte Verhalten: Suchen und finden, sitzen und anzeigen. Zunächst mithilfe eines Plastikspielzeugs, das immer kleiner und schliesslich durch Moleküle ersetzt wird – in diesem Fall durch jene des Asiatischen Laubholzbockkäfers. Danach geht es an das «Detection-Dogs-Training-System». Burri bezeichnet das hochmoderne elektronische Tool als «Playstation» – bei den Hunden überaus populär. Kennzeichnen sie mit ihrer Nase die nach Schädling riechende Öffnung, spuckt die Maschine nämlich Futter aus. Ein Endlos-Training, weil die Öffnung ständig rotiert. – Das alles zeigten «Riley», «Piper», «Findus» (Bilder unten) und Co. im Wald von Birrhard.
Heidi Hess