«Wie will ich das kommende Jahr gestalten?»
13.12.2024 RemetschwilGudrun Simon und Josiane Imboden bereiten sich in den Raunächten mit Ritualen auf den Jahreswechsel vor
Gudrun Simon und Josiane Imboden laden an zwei Anlässen dazu ein, den Jahresübergang mit Ritualen bewusst zu erleben und Wünsche zu formulieren.
...Gudrun Simon und Josiane Imboden bereiten sich in den Raunächten mit Ritualen auf den Jahreswechsel vor
Gudrun Simon und Josiane Imboden laden an zwei Anlässen dazu ein, den Jahresübergang mit Ritualen bewusst zu erleben und Wünsche zu formulieren.
Raunächte. So heissen die zwölf Nächte zwischen Weihnachten, 25. Dezember, und dem Dreikönigstag, 6. Januar, die Nächte rund um den Jahreswechsel, denen im europäischen Brauchtum eine besondere Bedeutung anhaftet. Umstritten ist hingegen die Deutung des Begriffes «Raunächte»: Erinnert der mittelhochdeutsche Begriff «rûch», der mit «haarig» übersetzt werden kann, an Dämonen, die in den Raunächten ihr Unwesen treiben? Oder steckt dahinter viel Rauch, womit auch das Ritual des Räucherns erklärt wäre? Traditionsgemäss beräucherten Priester oder Hofbauern nämlich in diesen Tagen und Nächten die Ställe, um bösen Geistern den Garaus zu machen. Schliesslich hat auch die Zeitrechnung ihre Finger im Spiel: Zwischen dem Mondjahr mit 354 Tagen und dem Sonnenjahr mit 365 Tagen liegt eine Differenz von zwölf (Schaltjahr) oder dreizehn Tagen. Es handelt sich bei diesen Tagen oder Nächten um die Zeit «zwischen den Jahren». Aus mythologischer Sicht werden dann Gesetze der Natur ausser Kraft gesetzt, es fallen Grenzen zu anderen Welten.
Räuchern und Wünschen
In Remetschwil interessieren sich Josiane Imboden und Gudrun Simon schon seit einigen Jahren für Rituale und Brauchtum rund um die Raunächte. Imboden pflegt die Tradition des Heilräucherns, nicht nur mit Weihrauch und Myrrhe, sondern auch mit vielen weiteren Heilpflanzen, die sie auf Spaziergängen sammelt. Zur Anwendung kommen ihre Mischungen in Wohnräumen, um störende Energien zu lösen. Für die Raunächte stellt sie Kräutermischungen her, die während dieser Tage zum Räuchern verwendet werden können.
Gudrun Simon hat vor über acht Jahren das Raunacht-Malen für sich entdeckt. Im Sinne einer meditativen Auseinandersetzung beginnt sie mit diesem Ritual ihr Jahr.
◆ Frau Simon, wie können Rituale rund um das Thema Raunächte heute praktiziert werden?
Nach wie vor geht es bei diesen Ritualen darum, sich aufs Neue Jahr einzustimmen. Dafür wählen wir heute einen meditativen Ansatz. Wir begegnen dem Neuen Jahr mit Gedanken und mit Wünschen und stellen uns die Frage: Wie will ich das kommende Jahr gestalten? Was möchte ich erleben? Es geht ums Menschsein.
◆ Wen spricht eine solche Art von Meditation an?
Diese Rituale können alle Menschen ansprechen. Praktiziert werden sie aber überwiegend von Frauen.
◆ Wie bereitet man sich vor?
Häufig wird im Vorfeld aufgeräumt, Wohnungen werden dekoriert, vom Estrich oder aus dem Keller wird Schmuck geholt ... Vor Weihnachten wird auch im übertragenen Sinne Altes losgelassen. Dann folgen die zwölf Raunächte und dreizehn Tage, vom 25. Dezember bis zum Dreikönigstag.
◆ Was geschieht in diesen Nächten?
Während der Raunächte, in der dunkelsten Zeit des Jahres, bereitet man sich bewusst auf das Neue Jahr vor. Ich erlebte dieses Ritual vor Jahren erstmals in einer Gruppe. Wir notierten uns für jeden Monat einen Wunsch oder einen Gedanken. Ein dreizehnter Wunsch wurde zusätzlich aufgezeichnet. Diese Wünsche wurden vermischt und abends in einem Räucherfeuer verbrannt. Einige schreiben auch Tagebuch oder notieren ihre Träume.
◆ Und dann?
Am Ende des Jahres kann man Bilanz ziehen. Man betrachtet seine Wünsche und fragt sich, welche gingen in Erfüllung, welche nicht ... Eine Ausnahme bildet der dreizehnte Wunsch, den man sich selbst erfüllen muss ... ◆ Sie arbeiten mit Pinsel und Farben. Ja, weil ich sehr gerne male. Ab dem 25. Dezember treffe ich andere Frauen über Zoom. Unsere digitalen Zusammenkünfte beginnen jeweils mit einer kleinen Meditation, um im Hier und Jetzt anzukommen ...
◆ Was geschieht danach?
Am ersten Tag oder in der ersten Raunacht wird ein Bild zum Monat Januar gemalt, intuitiv, mit den eigenen Farben und mit dem eigenen Set. Manchmal erzählt jemand, manchmal läuft irgendwo Hintergrundmusik. Manchmal ist es auch ganz ruhig. Ruhe ist mir persönlich am liebsten, weil ich dann am besten aus der Wahrnehmung heraus malen kann.
◆ Die Bilder werden in der Folge reflektiert und analysiert.
Im Verlaufe des Jahres schaut man sich zum Monatsanfang das Bild des vergangenen Monats an, reflektiert es und lässt sich anschliessend auf das Bild für den kommenden Monat ein. Das kann auch in einer Gruppe besprochen werden, einfühlsam und mit der nötigen Wertschätzung.
◆ Sie erzählten bereits im November vor der Frauengemeinschaft des Pastoralraumes Rohrdorferberg über die Raunächte.
Das war Zufall. Auf der letzten Reise der Niederrohrdorfer Landfrauen kam ich mit Vroni Peterhans, die die Frauengemeinschaft leitet, ins Gespräch und erzählte ihr, dass ich rund um Weihnachten jeweils das Ritual der Raunächte pflege. Daraufhin lud sie mich an eine Veranstaltung ein. Nach diesem Anlass wollten einige Frauen mehr wissen ... Nächste Woche laden Josiane Imboden und ich in die Kirche Gut Hirt ein und bereiten an zwei Anlässen auf die Raunächte vor. Josiane Imboden stellt mit den Teilnehmenden Räuchermischungen her, ich möchte mit ihnen ein Jahresbild malen.
Heidi Hess
«Den Jahresübergang bewusst erleben» am Montag, 16. Dezember von 19.30 bis 21.30 Uhr, alternativ am Donnerstag von 9 bis 11 Uhr, Kosten inklusive Material: 40 Franken. – Es hat noch freie Plätze, Anmeldung unter: gudrunsimon@hispeed.ch oder 079 859 11 05.