Schätzt der Profikoch den Sparschäler noch?
26.03.2021 Birmenstorf, Fislisbach, Künten, Serie im ReussboteDrei Profis am Herd zeigen ihre Lieblingsküchengeräte und verraten, worauf sie zu Hause Appetit haben
«Bringen Sie an ihren freien Tagen überhaupt noch Energie auf, um zu Hause Gemüse zu schnibbeln? Der «Reussbote» hat drei Chefköche aus der Region ...
Drei Profis am Herd zeigen ihre Lieblingsküchengeräte und verraten, worauf sie zu Hause Appetit haben
«Bringen Sie an ihren freien Tagen überhaupt noch Energie auf, um zu Hause Gemüse zu schnibbeln? Der «Reussbote» hat drei Chefköche aus der Region mit allen möglichen Fragen zum Thema Kochen bombardiert – und erstaunliche Gemeinsamkeiten in den Antworten entdeckt.
Der eine sieht beim Marktbesuch im Geiste seine Oma vor sich. Der zweite ist quasi in der Restaurantküche gross geworden. Und dem dritten läuft immer noch das Wasser im Munde zusammen, wenn er an die einfachen, schmackhaften Gerichte seiner Kindheit denkt. Den Geruch der selbst angepflanzten Küchenkräuter, der diversen Gewürze, hat er heute noch in der Nase. Harry Pfändler, Felix Schibli und Manuel Steigmeier sind drei ausgezeichnete Chefköche aus dem Reusstal, die tagtäglich am Herd stehen, um ihre Gäste zu verwöhnen. Alle drei werden sie unterstützt von einer starken Frau an ihrer Seite. Daheim kochen die Ehepaare gemeinsam – aber es sind dann doch meist die Profis, die zum Messer greifen. Geht einfach schneller.
Die Begeisterung fürs Kochen wurde bei allen dreien bereits in jungen Jahren geweckt. «Meine Grosseltern stammen aus Italien», erzählt Harry Pfändler vom Gasthaus Bären in Birmenstorf.
Die Oma nahm den kleinen Jungen an der Hand mit auf den Markt, prüfte mit ihm frisches Gemüse, tratschte mit den Marktfrauen. Er half erst beim Tragen der Taschen und später in der Küche. Der Grossmutter über die Schulter zu schauen und später stundenlang am Tisch zusammen zu sitzen und das Essen zu geniessen, gehört zu seinen schönsten Kindheitserinnerungen. «Davon lasse ich mich heute noch leiten», sagt er. «Ich folge keinen Rezepten, sondern lasse mich davon inspirieren, was es im Laden – oder im Kühlschrank – gerade gibt.» Er wählt nach Lust und Laune aus, frisch und saisonal, und legt sich dann am liebsten im Freien ins Zeug. Seinen Green Egg-Grill hat er im Gartenhaus stehen. Auf ihm zaubert er auch gerne etwas Schönes für seine Frau Beatrice. Wehe, wenn sie dann zu spät kommt.
Die drei Küchenchefs aus dem Reusstal verbindet zudem ein Hobby: Zusammen mit ihren Frauen auswärts essen zu gehen. Schauen, was die Konkurrenz so treibt, aber auch ausspannen, geniessen. Felix Schibli vom Restaurant Landhotel Linde in Fislisbach wurde schon früh Zeuge der Arbeit hinter den Kulissen. Er wuchs im elterlichen Betrieb auf. «Wir Kinder durften immer überall schauen oder mithelfen. Wir haben sogar kleine Kochhüte und Schürzen bekommen», erinnert er sich gern an seine Kindheit in der «Linde», die er heute mit seiner Frau Corinne und seinen beiden Schwestern Sarah und Isabelle führt. Momentan sind seine drei Söhne im Alter zwischen 10 und 12 Jahren seine anspruchsvollsten Gäste – obwohl diese oftmals mit den einfachsten Dingen zufrieden sind. «Nudeln pur etwa», sagt der Vater lächelnd. Er macht den Kindern dafür Gemüse schmackhaft, in dem er es in pürierter Sauce versteckt, oder schneidet es ihnen frisch in mundgerechte Happen. Am besten die Kinder schon im Garten mit einbeziehen, zeigen wie man Gemüse erntet, beim Kochen mitmachen lassen. «Bei Bohnen klappt das schon ganz gut», sagt er. Oder bei süssen Desserts und Teigen, die er mit seiner «Kitchen Aid»-Maschine herstellt.
Er selbst ist immer bereit, Neues auszuprobieren. Einfache, aber raffinierte Gerichte begeistern den Jamie Oliver-Fan. Beim Einkauf achtet er auf die Herkunft der Produkte. Poulet aus Brasilien oder Crevetten aus China kommen bei Schiblis nicht auf den Tisch. Und ganz wichtig: Nur nichts verkommen lassen. Aus den Resten, die der Kühlschrank hergibt, etwas Neues zaubern, das gehört zu seinen Spezialitäten.
Was die drei Chefköche weiterhin verbindet: Sie sitzen natürlich an der Quelle. Spätzli, Kartoffelstock oder Rösti fertig zu kaufen, verbietet ihnen die Berufsehre, die werden selbstverständlich auch privat selbstgemacht. Und aufwendigere, langwierigere Sachen wie einen Kalbsfond können sie unkompliziert aus dem Restaurant mit nach Hause nehmen. «Man darf sich das jetzt aber nicht so vorstellen, als ob wir ausschliesslich edel essen», stellt Manuel Steigmeier vom Restaurant Fahr in Sulz bei Künten klar. Bei ihm im Kühlschrank findet man keinen Kaviar oder Crevetten, sondern auch mal Wienerli und Ketchup oder alles für ein «Waldfest». Das Fahr, das er mit seiner Frau Alexandra führt, ist aktuell mit 16 Gault Millau-Punkten das beste Restaurant im Kanton Aargau. Doch wenn er Lust darauf hat, dann gönnt sich der 26-jährige Starkoch ein einfaches Rührei, ein Sandwich oder eine Tüte Chips.
Normalerweise isst das Ehepaar fünf Mal die Woche mit dem Team. So ist es in der Gastronomie üblich. Viel Zeit fürs Kochen bleibt da eigentlich gar nicht. Corona sei Dank kann Manuel Steigmeier derzeit jedoch frei gewordene Stunden nutzen, um Klassiker aus seiner Jugend neu zu entdecken.
Dann schlägt sein Herz nach Siedfleischsuppe, Wiener Gulasch oder einer einfachen, ehrlichen Bratwurst mit Blattsalat. In seiner Grossfamilie wurde täglich gut bürgerlich gekocht. Er war der jüngste von fünf Brüdern, die alle über Mittag hungrig zum Mittagstisch nach Hause kamen. Wenn Manuel früher von der Schule heimkam, half er oft der Mutter in der Küche. «Da ist bei mir die Freude am Kochen entstanden», sagt er. Sein Lieblingsgerät ist heute die Espressomaschine von «Rocket». Ohne Kaffee geht er nicht aus dem Haus, und fünf bis zehn Tassen können über den Arbeitstag verteilt schon zusammenkommen. Gibt es auch etwas, das er nicht gerne in der Küche macht? «Ja, den Abwasch.» Und um die eingangs erwähnte Frage noch zu beantworten: Selbstverständlich schätzen die Köche den Sparschäler. Sehr. Das gerät nur manchmal in Vergessenheit, weil der Designklassiker täglich im Gebrauch ist.
Interviews: Stefan Böker