Sie sind sich einig: Faire Lösung kaum möglich
23.04.2021 Sport, FussballDer Aargauische Fussballverband sitzt in der Coronafalle. Eine Umfrage bei den Vereinen im «Reussbote»-Revier ergab
Was immer der Aargauische Fussballverband AFV wegen Corona entscheidet: Gerecht wird es auf jeden Fall nicht sein. Deshalb sind sich Trainer und Funktionäre in ...
Der Aargauische Fussballverband sitzt in der Coronafalle. Eine Umfrage bei den Vereinen im «Reussbote»-Revier ergab
Was immer der Aargauische Fussballverband AFV wegen Corona entscheidet: Gerecht wird es auf jeden Fall nicht sein. Deshalb sind sich Trainer und Funktionäre in den Vereinen im «Reussbote»- Revier einig: Sie plädieren für den Abbruch der Meisterschaft und die Weiterführung des Cups.
Die Hoffnung der Amateurfussballer landauf und landab, endlich wieder richtig Fussball spielen zu können, wurde vom Bundesrat letzte Woche einmal mehr jäh geknickt. Fitnesscenter dürfen zwar öffnen. Aber im Freien darf kein Mannschaftssport mit Körperkontakt stattfinden. Damit sind die Chancen auf eine Weiterführung der Amateurmeisterschaften auf ein Minimum gesunken. Denn die Meisterschaft müsste in der ersten Juliwoche beendet sein. Das ist nun zeitlich kaum mehr möglich. Der Bundesrat will erst wieder Mitte Mai über die Bücher und die Situation neu beurteilen. Das heisst, wenn Mitte Mai doch noch Fussball gespielt werden könnte, brauchen die Vereine zwei bis drei Wochen, um überhaupt wieder spielfähig zu sein. Alles andere wäre unverantwortlich. Die Verletzungsgefahr ist viel zu hoch.
Risiken sind zu hoch
Wenn also im allerbesten Fall am Freitag, 4. Juni, zur Meisterschaftsrückrunde gestartet werden könnte, stehen gerade mal vier Wochen zur Verfügung. Man kann es drehen und wenden wie man will: Eine reguläre Meisterschaftsrückrunde über alle Amateurligen wäre nicht durchzuführen. Denn es müssten auch noch die Cupspiele dazwischengeklemmt werden. Und es könnte coronabedingt zu Quarantänefällen kommen.
Die Unwägbarkeiten sind eindeutig zu gross. So sehen das auch die Funktionäre in den Vereinen des «Reussbote»- Reviers. Lesen Sie hier, was Trainer und Funktionäre der Fussballclubs in Fislisbach, Mellingen, Othmarsingen, Niederwil und Tägerig dazu sagen.
Christian Jäggi, Trainer FC Fislisbach: «Es gibt kaum eine faire Lösung.»
Christian Jäggi hätte die Rückrunde gerne gespielt. Seine Truppe hat in der 2. Liga auf dem guten 6. Rang überwintert. Der FC Fislisbach verlor in der Vorrunde nur drei von zwölf Partien und überwinterte mit 19 Zählern mit deutlichem Abstand auf die Abstiegsränge. So wie sich Jäggis Mannschaft im letzten Herbst präsentierte, wäre in der Rückrunde noch der eine oder andere Rang nach vorne möglich gewesen.
Für Jäggi aber ist klar: «Das wird nichts mehr aus der Vorrunde. Die Meisterschaft sollte abgebrochen werden. Allenfalls könnten noch die ausstehenden Partien aus der Vorrunde augetragen werden, so dass die Meisterschaft nach der Vorrunde gewertet werden kann.» Jäggi ist sich durchaus bewusst: «Das wäre schlecht für jene Vereine, die eine schlechte Vorrunde gespielt haben. Aber dafür sind sie selbst verantwortlich.» Dadurch könnten es Teams wie den FC Lenzburg und den FC Rothrist treffen, die beide vor der Saison als Aufstiegsanwärter gehandelt worden waren.
Beat Dünki, Präsi FC Othmarsingen: «Abbrechen wäre nur logisch.»
Der Präsident des FC Othmarsingen, der für die Rückrunde das Traineramt abgegeben und an Emilio Munera übergeben hat, sagt mit der ihm eigenen Klarheit: «Da kann es gar keine Frage mehr geben. Eine faire Lösung ist nicht mehr möglich. Es ist sinnlos, unter diesen Verhältnissen weiterzumachen. Die Spieler sind völlig demotiviert, haben keine Orientierung und kein Ziel mehr. Was der Verband zuletzt vorgeschlagen hat, die Teams in der oberen Hälfte der Rangliste, um den Aufstieg und die untere Hälfte um den Abstieg spielen zu lassen, ist eine Schnapsidee. Sie wurde mitten im Wettbewerb getroffen.» Dünki zweifelt daran, ob ein solcher Entscheid des Verbandes rechtsgültig wäre. «Solche Entscheide, ohne dass die Delegiertenversammlung darüber befunden hat, sind meines Erachtens ungültig. Dünki beeilt sich zu sagen, er sei nicht deshalb für den Abbruch, weil sein Team vom Abstieg bedroht sei. «Mir geht es um den Sport und die sportliche Fairness. Und die ist schlichtweg mit halbherzigen Lösungen nicht gewährleistet.»
Toni Di Santo, Coach FC Mellingen: «Abbrechen ist die einzige Lösung.»
So lange der Verband keine gescheite Lösung hat, die sportlich niemand benachteiligt, kommt nichts Gutes dabei heraus. Im Gegenteil, es würde wohl mehr Schaden anrichten.» Darum plädiert Toni Di Santo, der mit seinem Team in der 3. Liga auf einem Mittelfeldplatz überwintert hat, für den Abbruch der Meisterschaft. «Ich bin mir bewusst:, dass das vielleicht jene Teams die vorne, und jene die hintenstehen, anders sehen. Ich sehe das aber so: Wenn man nun etwas um jeden Preis erzwingen will, ist das für mich nicht nachvollziehbar. Wir sind noch immer im Amateurbereich. Bei uns geht es nicht um Existenzen. Es geht nicht um Geld wie im Profibereich. Es geht um Freude am Fussball. Darum kann ich nicht verstehen, wenn man um alles in der Welt etwas durchstieren will, das mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Wenn überhaupt noch gespielt wird, dann soll der Verband es so durchziehen, wie er es vor der Saison angekündigt hat. Die Vorrunde wird fertiggespielt und die Meisterschaft nach der Vorrunde gewertet. Zudem könnte noch der Cup fertiggespielt werden.» Di Santo denkt noch einen Schritt weiter. «Der Verband sollte seinen Fokus auf die kommende Meisterschaft richten. Denn das Virus ist mit Beginn der nächsten Saison nicht plötzlich vorbei. Deshalb wäre es wünschenswert, wenn der Verband die angesetzten Spieltermine durchsetzen würde. Vielleicht müsste man Lösungen finden, damit die Vereine wegen fehlender Spielplätze nicht einfach Spiele verschieben können.»
Gino Saporito, Trainer FC Niederwil: «Wir sind heiss auf den Cup.»
Was die Meisterschaft betrifft, kann der FC Niederwil ganz entspannt darauf warten, was der Aargauische Fussballverband entscheidet. Die Niederwiler stehen nach der Vorrunde in der 2. Liga auf dem komfortablen 3. Tabellenrang, weit von einem Abstiegsplatz entfernt. Das war vor einem Jahr noch anders. Damals standen die Niederwiler auf einem Abstiegsplatz und profitierten beim ersten Lockdown vom Abbruch der Meisterschaft. Im Gegensatz zu einigen anderen Clubs ist die Motiviation nochmals spielen zu können beim FC Niederwil besonders hoch. Grund dafür ist der Axpo Aargauer Cup. Die Niederwiler stehen im Viertelfinal und müssen auswärts beim 3.-Ligisten FC Beinwil am See ran. Eine heikle, aber durchaus lösbare Aufgabe. «Der Cup ist unser grosses Ziel», sagt Saporito. «Die Motivation im Training ist entsprechend hoch. Zur Meisterschaft sagt der langjährige Niederwiler Trainer: «Wenn noch gespielt würde, müsste schon eine faire Lösung her.» Saporito glaubt allerdings auch nicht mehr daran, dass die Rückrunde noch regulär gespielt werden kann. «Aber für die restlichen Spiele der Vorrunde wären wir auf jeden Fall bereit.» Der FC Niederwil hat aus der Vorrunde noch drei Spiele ausstehend, eines mehr als die meisten anderen Vereine. Die Chancen auf den 2. Tabellenrang sind für den FC Niederwil absolut intakt.
Beat Gomes