Wie aus «Armuzzis» plötzlich «Igluzzis» werden
02.11.2021 Sport, FussballFussball, 2. Liga: FC Fislisbach erkämpft sich zu Hause ein 3:3 gegen Aufsteiger FC Brugg. Yannic Frei mit einem Traumtor aus 40 Meter Distanz
Wenn die vermeidbaren Fehler in der Vorwärtsbewegung nicht wären, der FC Fislisbach wäre eine 2. Liga-Spitzenmannschaft. So aber ...
Fussball, 2. Liga: FC Fislisbach erkämpft sich zu Hause ein 3:3 gegen Aufsteiger FC Brugg. Yannic Frei mit einem Traumtor aus 40 Meter Distanz
Wenn die vermeidbaren Fehler in der Vorwärtsbewegung nicht wären, der FC Fislisbach wäre eine 2. Liga-Spitzenmannschaft. So aber finden sie sich im hinteren Mittelfeld der Tabelle wieder. Wie ärgerliche Fehler bestraft werden, hat der FC Brugg beim 3:3 exemplarisch vorgeführt.
Ramona Armuzzi ist eine Person, die es gerne harmonisch hat. So herzt sie auch ihre Spieler, selbst wenn sie einen Stuss zusammengespielt haben. «Immer positiv bleiben», lautet ihr Motto. «Was gewesen ist, kann man sowieso nicht mehr ändern!» Zu Armuzzis Harmonieverständnis gehört auch, sich möglichst noch kleiner zu machen, als die 1,55 Meter kleine Trainerin schon ist. Sie pflegt die Gruppe und dazu gehören auch alle, die im Umfeld der Mannschaft eine Funktion ausüben. Besonders Cristian Iglesias, Dauer-Assistenztrainer beim FC Fislisbach, der auf dem Esp schon mehrere Trainer kommen und gehen sah.
«Hör mal auf, immer über mich zu schreiben», lautet Armuzzis unmissverständliche Forderung an den «Reussbote»-Reporter. «Cristian und ich trainieren die Mannschaft gemeinsam.»
Zwei Trainer, ein Team
Also nichts mit «Ramuzzis». Tatsächlich scheint kein Blatt zwischen die Cheftrainerin und ihren Assistenten zu passen. Selbst als es zuletzt etwas holprig lief und die Fislisbacher in der Tabelle nach hinten zu schielen begannen, schienen Iglesias und Armuzzi in sich zu ruhen. «Hektik bringt in einer solchen Phase gar nichts», ist sich das Trainertandem einig. So spielten die Fislisbacher zuletzt unter grösstem Druck in Oftringen eine Partie, von der die mitgereisten Fans auch eine Woche später noch schwärmen. Wie aus einem Guss hätten sie gespielt. Und eiskalt hätten sie ihre Chancen verwertet. Eiskalt! Dieses Attribut kann den Fislisbachern auch im Spiel gegen den so erfolgreichen Aufsteiger FC Brugg Verwendung finden. Eiskalt wie ein Iglu zum Beispiel. Weil Ramona Armuzzi das Kürzel «Ramuzzi» nicht gefällt, drängt sich der Spitzname «Igluzzis» geradezu auf. Ein Wortspiel aus Iglesias und Armuzzi. Das passt. Auch als sie, wie gegen Brugg zwei Mal hinten lagen, blieben die Fislisbacher kühl wie Iglus im Packeis. In der Tat: Auch wenn die Mannschaft zeitweilig, wie in einem Dampfkochtopf unter Druck steht, bleibt sie kühl. Die vielen Ausfälle in dieser Saison haben dem Trainertandem keine Wahl gelassen. Sie mussten mit dem auskommen, was gehen konnte und einigermassen einsatzfähig war. Daraus haben sie so etwas wie eine Tugend gemacht. Tatsächlich scheint es keine grosse Rolle mehr zu spielen, wer gerade auf dem Feld steht. Die zweite Garde hat aufgeholt und ist näher an das Niveau der Arrivierten herangerückt.
Kader ist breiter geworden
Das ist zweifellos auch ein Verdienst von Sportchef Christian «Umbri» Umbricht. Der hat nämlich mit Toma Culjak (29) ein ganz feines Füsschen aufs Esp geholt. Und mit Guelor Mukunayi (26) ist ein Stürmer gekommen, der sein ganzes Potenzial noch nicht ausgeschöpft hat. Mit Philippe Berger 20), Meo Till Mazzei (19) und Louis Bohren (18) hat er Junge ins Team geholt, die ihre Sache in der Not gut gemacht haben.
Allerdings können unbestrittene Führungsspieler wie Silvan Bär, der sich schon im 2. Saisonspiel verletzt hatte, nicht adäquat ersetzt werden. Auch ein Justin Comas, Brian Bosshard, Ryan Allmann, Siro Dubach oder Manuel Humitsch, die gegen Brugg allesamt nicht zur Verfügung standen, sind nicht einfach so zu ersetzen. So gesehen lieferten die Fislisbacher gegen das Spitzenteam aus Brugg eine abgeklärte Leistung ab. Zwar war das Spiel in den ersten 20 Minuten von Vorsicht beider Teams geprägt. Viel Ballgeschiebe. Abwarten, wer den ersten Fehler macht. Der machte Raphael Pfister, der als hinterster Mann an der Mittellinie atackiert wurde. Pfister verlor den Ball. Dann ging es schnell. Pass in die Tiefe, Flanke zur Mitte, wo Roman Müller zu spät kommt. Ein Konter der Brugger, wie er im Lehrbuch steht.
Brugg mit einem Eigentor
Die erste Halbzeit schien schon beinahe gelaufen als Guelor Mukunayi, der zuvor schon zwei gute Chancen versiebt hatte, im Strafraum gefällt wurde. Penalty! Ein Fall für Christian Gasane, der den Ball mit Überzeugung in die linke hohe Ecke zimmerte. Für das Führungstor Sekunden vor der Halbzeit war der Brugger Jonas Schmidt zuständig. Er bekam die scharfe Flanke von Patrick «Päde» Meier an den Kopf, von wo der Ball aufreizend langsam ins Brugger Tor fiel. Hinten wäre noch Lukas Hövel bereit gestanden, um das Ding reinzumachen.
Fislisbach unter Druck
Die Fislisbacher Anhänger freuten sich schon auf eine zweite Halbzeit wie in Oftringen, als die «Igluzzis» gross aufgespielt hatten. Die Erwartungen erfüllten sich nicht. Im Gegenteil. Die Brugger kamen aggressiv aus der Kabine und setzten das Heimteam massiv unter Druck. Es war, als hätten die Fislisbacher ihr Pulver schon verschossen. Sie kamen meist einen Schritt zu spät, liessen die Brugger durchs Mittelfeld spazieren, als wäre das eine freie Zone. Nicht verwunderlich schlug es kurz nach der Pause hinter Fislisbachs Keeper Leandro Russo mit «Getöse» ein. Im Mittelfeld fühlte sich kein Fislisbacher für den heranbrausenden Mike Hüsler zuständig. Der lief ... und lief ... und schoss aus 20 Meter einen Faden ins linke hohe Eck (aus Russos Sicht das rechte hohe Eck). Nicht genug damit. Den Bruggern gefiels, derweil die «Igluzzis» im Gefriermodus versuchten, das Geschehen in den Griff zu kriegen, um die ungestümen Angriffe der Brugger versanden zu lassen. Das gelang zwar nicht schlecht, bis Toma Culjak mit dem Ball am Fuss eine Anspielstation suchte – und dabei von einem Brugger überrascht wurde, der ihm den Ball abluchste. Erneut ging es schnell. Pass zu Malsor Osmani, der von der Strafraumgrenze aus den linken Innenpfosten traf, von wo der Ball ins Tor sprang. Brugg führte 3:2.
Und es sah nicht gerade so aus, als könnten die Fislisbacher gegen das aufsässige Spiel der Brugger noch etwas reissen. Gut haben die «Igluzzis» noch Yannic Frei, der zuletzt aufsteigende Form verriet. Der kommt vier Meter vor dem Tor zu einem Freistoss. Die Fislisbacher versammeln sich zahlreich im Brugger Strafraum. Freis(stoss) war wohl als Flanke gedacht. Doch der Ball hat unglaublich Zug drauf, will einfach nicht mehr zu Boden. Ein Fislisbacher springt hoch. Der Brugger Goalie Raphael Büttikofer kommt herangeschossen, um den Ball mit der Faust zu parieren. Doch Freis(stoss) entpuppt sich als Granate. Büttikofer rauscht unter dem Ball durch. Der senkt sich erst in der letzten Flugphase. Und die ist exakt dort, wo das Tor steht – 3:3!
Jetzt wurde es nochmals hektisch. Beide Teams mobilisierten ihre letzten Reserven. Beide wollten sie den Sieg. Weil der Schiedsrichter zwischendurch neues Schuhwerk aus der Kabine holen musste, dauerte die Partie ungewohnt lange. Es war für die Anhänger beider Teams ein Zittern bis zum Schlusspfiff. Beide hatten sie noch Chancen zum Siegtor. Allen voran Guelor Mukunayi, der seinen Schuss am Fersen eines Gegenspielers abgefälscht sah.
Beat Gomes






