Kiesabbau: Hier scheiden sich die Geister
21.01.2022 BirmenstorfAn den zwei Infoveranstaltungen zum Kiesabbau Grosszelg kamen viele Fragen und Voten
Kiesabbau hat in Birmenstorf Tradition. Seit 70 Jahren baut die Merz Baustoffe AG Kies ab. Nun soll ein neues Gebiet erschlossen werden. Der Abbau im Grosszelg passt nicht allen.
Der Kiesabbau ...
An den zwei Infoveranstaltungen zum Kiesabbau Grosszelg kamen viele Fragen und Voten
Kiesabbau hat in Birmenstorf Tradition. Seit 70 Jahren baut die Merz Baustoffe AG Kies ab. Nun soll ein neues Gebiet erschlossen werden. Der Abbau im Grosszelg passt nicht allen.
Der Kiesabbau betrifft nicht alle Einwohnerinnen und Einwohner von Birmenstorf gleich. Wer näher am geplanten Kiesabbaugebiet Grosszelg wohnt, macht sich Gedanken. Das war auch an den beiden Infoveranstaltungen am Dienstag- und Mittwochabend deutlich zu hören. Es kamen diverse Fragen und Voten zu Lärm- und Umweltemissionen. Vizeammann Urs Rothlin führte als Ressortvorsteher durch die Infoveranstaltung. Die Planungsunterlagen liegen noch bis am 7. Februar in der Gemeindekanzlei auf. «Jetzt ist es Zeit, bei der Mitwirkung seine Anliegen einzubringen», sagt Rothlin. Diese können dann in den Entwürfen für die Teiländerung der Nutzungsplanung miteinbezogen werden. Eine Teiländerung der Nutzungsplanung braucht es, damit das Gebiet Grosszelg von einer Landwirtschafts- zu einer Abbauzone umgewandelt werden kann.
Betriebsdauer 20 Jahre
Bereits an den Infoveranstaltungen im Januar 2019 und an den Feld-Events der Interessengemeinschaft der Merz Baustoff AG in Gebenstorf, der Knecht Bau AG in Brugg und der Richi AG in Weiningen, vom Juni 2020 war zu spüren, dass das Grossprojekt nicht nur auf Wohlwollen bei den Birmenstorfern stösst. Auch an der neusten Infoveranstaltung war Gegenwind zu spüren. Viele hegen Bedenken, dass das vom Durchgangsverkehr gebeutelte Dorf künftig im Verkehr erstickt. Bei einer durchgeführten Verkehrszählung wurden 2018 bereits 14 709 Durchfahrten pro Tag gezählt. Den Löwenanteil machen dabei Pws mit 13 958 Fahrten aus. Projektfremde Lkws fallen mit 655 und für den Kiesabbau fahrende Lkws mit 96 zu Buche. Die Frage wurde gestellt, ob künftig nicht mit mehr als bei der Planung berechneten 204 Lkws pro Tag gerechnet werden müsse. «Die Lkw-Fahrten werden wegen den vorgegebenen Abbaumengen stabil bleiben», so Rothlin. «Dies im Gegensatz zum Pw-Verkehr.»
Staub- und Lärmemissionen
Staubemissionen waren ebenfalls ein Thema. Ob die Gemüsekulturen nicht unter dem Staub der Kiesgrube leiden, wurde gefragt. «Beim Abbaugebiet Niederhard habe ich in den letzten Jahren von Gemüse Rey noch nie eine Reklamation erhalten» sagt Rothlin. Beim Abbau im Grosszelg sei zudem die Zufahrt tiefer gelegt und bei trockener Witterung würden Spritzmassnahmen durchgeführt. Fragen kamen auch zu den Lärmemissionen. Zurzeit sind drei Messpunkte bei der Planung aufgeführt. Gemessen wird mittig in den Abbauparzellen. Moniert wurde, da seien die angegebenen Distanzen von 200 Metern bei der Etappe 2 sicherlich kürzer. Zudem sei der Lärm in höheren Lagen im Dorf besser zu hören. Ein vierter Messpunkt an höherer Lage sei deshalb zu beantragen. «Das können Sie jetzt in der Mitwirkung eingeben», sagt Rothlin. Zum Grundwasservorkommen unter dem Abbaugebiet erklärt er: «Beim Abbau wird die drei Meter dicke Schutzschicht über dem Grundwasser nicht abgebaut.» Es gab aber auch Stimmen, die sich für einen Verzicht aussprachen: «Als Gemeinde müssen wir uns fragen, ob wir die nächsten Jahre aussetzen wollen und die nachfolgende Generation über den Kiesabbau entscheiden lassen.» Dabei müssen nicht die aus dem Kiesabbau generierten Steuereinnahmen im Vordergrund stehen, sondern die Zukunft des Dorfes.
So gross wie 19 Fussballfelder
Das geplante Abbaugebiet Grosszelg umfasst 15 Hektaren Kulturland, ist circa 19 Fussballfelder gross und wird durch die Fislisbacherstrasse in Ost und West getrennt.. Der Abbau erfolgt in fünf Etappen. Was sind die nächsten Schritte? Parallel zur Mitwirkung liegt nun der Planungsbericht beim Kanton zur finalen Prüfung auf. Voraussichtlich im Juni liegen der kantonale Prüf-, der Mitwirkungs- und der Umweltverträglichkeitsbericht auf der Gemeindekanzlei auf. Diese bilden die Vorlage, die an der Winter-Gmeind am 16. November, zur Abstimmung kommt. Bei einem «Ja» soll 2023 mit dem Kiesabbauprojekt losgelegt werden. Insgesamt werden 2,28 Millionen Kubikmeter Kies, pro Jahr 145 000 Kubikmeter, abgebaut. «Man muss Kies dort abbauen, wo er vorkommt», sagt Thomas Merz. Wegen den hohen Bautätigkeiten in der Region brauche es nach wie vor viel Kies. Ökologisch sinnvoll sei es, diesen in der Region abzubauen. Seit Ende 2019 ist die Grosszelg im Richtplan des Kantons als künftiges Kiesabbaugebiet vorgesehen. Gefragt wurde, ob ein Plan B zur Hand sei, wenn Birmenstorf «Nein» zum Kiesabbau sagt. Mehrere Projekte gleichzeitig zu stemmen sei nicht machbar, wird von der Interessengemeinschaft betont. «Für die Merz Baustoff AG würde bei einem ‹Nein› nur der Bezug von Kies aus dem nahen Ausland bleiben», so Merz. Die Lkws würden trotzdem mit dem Kies weiterhin durchs Dorf fahren. Der ökologische Aspekt mit kurzen Wegen würde sicherlich darunter leiden.
Debora Gattlen