«Jeder Tag hat etwas mit dem Mustang zu tun»
22.04.2022 Fislisbach, Region ReusstalRené Suter ist Präsident des «Mustang Club of Switzerland» und von Klein auf begeistert vom ersten Ponycar der Automobilgeschichte
Gleich zwei Ford Mustangs nennt René Suter sein Eigen. Darüber hinaus sammelt er so ziemlich alles, was mit den US-Klassikern aus ...
René Suter ist Präsident des «Mustang Club of Switzerland» und von Klein auf begeistert vom ersten Ponycar der Automobilgeschichte
Gleich zwei Ford Mustangs nennt René Suter sein Eigen. Darüber hinaus sammelt er so ziemlich alles, was mit den US-Klassikern aus den 1960er- und 1970er-Jahren zu tun hat.
Ein unscheinbares Garagentor irgendwo in Fislisbach. Dahinter verbergen sich René Suters automobile Schätze. Die Doppelgarage nicht zu fotografieren, war seine einzige Bedingung für einen Besuch des «Reussbote». Und gleich erfahre ich wieso: Sesam öffne Dich! Das Tor hebt sich und hervor lugt der markante Kühlergrill eines knallroten Ford Mustang. «Rangoon Red», um genau zu sein. So heisst die Original-Lackierung des 1965er Ford Mustangs. An dem Cabrio aus dem ersten Baujahr des «Ponycars» ist auch sonst noch alles im Original-Zustand: Motor, Getriebe, Fahrwerk. «Unrestauriert!», sagt Suter mit Kennermiene. Keine Selbstverständlichkeit bei frühen Modellen aus den 1960ern, von denen immerhin über zwei Millionen Stück verkauft wurden. Während Oldtimer-Liebhaber heute die raren, unverbastelten Exemplare suchen, machten sich Hobbyschrauber und Tuner lange an den US-Klassikern und ihren Nachfolgern zu schaffen. «Das war ein Zufallsfund», berichtet Suter. Er habe genau so ein unrestauriertes Fahrzeug gesucht und es Ende der Achtziger zufällig gefunden – noch dazu in der Schweiz. Und auch bei seinem zweiten Schätzchen hatte Suter Sammlerglück: Der Händler aus Genf, der ihm den blau-weissen 1978er Mustang «King Cobra» vor Jahren verkauft habe, habe offensichtlich nicht gewusst, was er da habe, so Suter. Dabei handelt es sich um ein seltenes Sondermodell: «Vom King Cobra sind nur 500 Stück dokumentiert», erklärt der Experte. In «weissweiss-blau» – also mit weissem Interieur – sei er überhaupt nur einmal hergestellt und exportiert worden. Der Versicherungswert des seltenen Oldtimers liegt bei 50 000 Franken. Tendenz steigend: «Jetzt explodieren die Preise. In zehn Jahren reden wir dann von anderen Preisen», weiss Suter, der die fehlenden Originalteile für den maroden Boliden mühsam in den USA zusammensuchte und ihm so neues Leben einhauchte.
Vom Junglenker zum Präsident
René Suters Leidenschaft für den US-Klassiker ist fast so alt, wie er selbst. Am 17. April 1964 erblickte der Ford Mustang das Licht der Welt, Suter rund einen Monat später. Bereits als Kleinkind habe er sich für das formschöne US-Car begeistert, berichtet der heute 57-Jährige: «Beim Autoquartett musste es immer der Mustang sein.» Suters erstes Auto mit 18: na klar, ebenfalls ein Ford Mustang. Allerdings war der vom Munde abgesparte 1973er mit rund 5500 Franken noch vergleichsweise günstig: In den 1980er-Jahren waren andere Autos gefragt», erklärt Suter. Umso mehr fiel man am Steuer eines Mustangs auf. Er sei einfach auf der Strasse angesprochen worden, erzählt Suter, wie er zum damals ebenfalls noch jungen «Mustang Club of Switzerland» gekommen sei. Seit 1982 ist er Mitglied und seit 2013 Präsident des Clubs. «Dadurch haben sich viele tiefe und wertvolle Kontakte ergeben», erklärt Suter, dessen Sammelleidenschaft sich nicht nur auf Ford Mustangs im Massstab 1:1 beschränkt. In seinem «Reich» im Keller hütet er noch zahlreiche anderen Schätze. «Ich sammle seit 40 Jahren Modelle, manche sind mittlerweile richtig wertvoll», erklärt er und zeigt auf Vitrinen und Regale voller Modellautos, Original-Bedienungsanleitungen und ähnlicher Mustang-Devotionalien. Zu fast jedem Stück weiss er eine Geschichte zu erzählen. Eine der Vitrinen ist ganz James Bond gewidmet. Schliesslich hatte der kultige Ford Mustang Auftritte in zahllosen Kinofilmen. So wie auch im Bond-Streifen «Goldfinger» (1964). Dessen 50-Jahre-Revival wurde 2014 mit Schauspielerin Tania Mallet am Furkapass gefeiert. Mit dabei: René Suter und der Mustangclub, wie Fotos samt Autogramm der mittlerweile verstorbenen Schauspielerin beweisen. Ein Club-Kollege hatte damals das passende Auto für die Feierlichkeiten gestellt. Ehrensache, dass die Schweizer Delegation auch zur Eröffnung des Mustangmuseums in Concord (USA) eingeladen wurde. Immer wieder würden sich solche spannenden Möglichkeiten aus der Club-Tätigkeit ergeben, erzählt Suter, dem es der «American Way of Life» schon immer angetan hatte. Auch «privat» – also ganz ohne Mustang – reiste er mit seiner Frau häufig in die Vereinigten Staaten, gerne nach Florida oder Kalifornien.
Die Familie ist bereits infiziert
«Es gibt Wichtigeres als den Mustang – die Familie kommt zuerst», stellt Suter auf Nachfrage klar. Zwar teile seine Frau die Liebe für das Ponycar, es dürfe aber nicht omnipräsent sein, findet er. Und so weist, im Gegensatz zum Keller, im oberen Teil des Hauses überhaupt nichts auf Suters Leidenschaft hin. «Es gibt keinen Tag, der nichts mit dem Mustang zu tun hat», gibt dieser jedoch im nächsten Atemzug zu. Die beiden erwachsenen Töchter hat das Mustang-Fieber ihres Vaters ebenfalls bereits gepackt. Sie werden die beiden vierrädrigen «Familienmitglieder» eines Tages übernehmen, soviel steht bereits fest. Am Steuer sassen die beiden bislang allerdings noch nicht: «Langsam aber sicher ist es ein Sicherheitsproblem», erklärt Suter. Fehlende Kopfstützen, lediglich Bauchgurte sowie Trommelbremsen mit deutlich längerem Bremsweg – damit entsprechen die Oldtimer eben nicht mehr heutigen Sicherheitsstandards.
Seltenes Vergnügen
Da lasse ich bei der Ausfahrt lieber den Halter selbst ans Lenkrad. Wobei, schade ist es eigentlich schon. Zu verlockend blubbert der 4,7-Liter-V8-Motor als das rote Cabrio langsam aus der Garage rollt. Rund 2000 Kilometer fährt Suter mit seinen Oldtimern im Jahr. Der «King Cobra» darf aber nur zu ganz besonderen Anlässen an die frische Luft: «Bei einem Unfall wären die Ersatzteile unbezahlbar», erläutert Suter, während er genüsslich das Verdeck des 1965ers entfaltet – von Hand versteht sich. Schon kurz darauf sinke ich in die schwarzen Kunstledersitze und fühle mich wie in einer Zeitmaschine: Der Big-Block-Motor brummelt zufrieden unter der Haube, während wir sänftengleich im «Cruiser» dahinsegeln, den Wind in den Haaren. Das Mustang-Fieber ist ansteckend!
Michael Lux