«Es geht darum, als Mensch weiterzukommen»
15.07.2022 Fislisbach, Region ReusstalBrian Funk (21) nahm vergangene Woche am 11. International Swiss Talent Forum (ISTF) von «Schweizer Jugend forscht» teil
Brian Funk liebt Mathe und Physik. Im Herbst studiert er Informatik an der ETH. Ein «Nerd» ist er aber keineswegs. Sich selbst beschreibt der ...
Brian Funk (21) nahm vergangene Woche am 11. International Swiss Talent Forum (ISTF) von «Schweizer Jugend forscht» teil
Brian Funk liebt Mathe und Physik. Im Herbst studiert er Informatik an der ETH. Ein «Nerd» ist er aber keineswegs. Sich selbst beschreibt der sportliche 21-Jährige als «passioniert und ambitioniert». So wie die internationalen Teilnehmer des ISTF in Nottwil.
Im Café Alexander war Brian Funk noch nie. Während der 18 Monate, die er nach der Trennung der Eltern bei seinem Vater in Fislisbach verbrachte, war er einfach zu beschäftigt. Denn in dieser Zeit machte der heute 21-Jährige mit dem blonden Haarschopf und den wachen blauen Augen seine Matura an der Kantonsschule in Wohlen. Parallel verfasste er mit seinem Schulkollegen Silvan Metzker seine Maturaarbeit mit dem Titel: «Game-TARS: The AI That Can Play Games», die ihr Lehrer anschliessend bei «Schweizer Jugend forscht» einreichte. «Die Arbeit soll aufzeigen, ob und wie künstliche Intelligenz lernt», erklärt Funk dem Redaktor stark vereinfacht. Dazu liessen die beiden Schüler ihre künstliche Intelligenz namens «Game-Tars» die Spiele Snake, tic-tactoe und Space Invaders – die Älteren erinnern sich – spielen. Für ihre Arbeit erhielten die beiden das Prädikat «gut». Ein echter Erfolg im besonders schwierigen Corona-Jahrgang.
Elterlich vorbelastet
An der Schule belegte Brian Funk die Schwerpunktfächer «Angewandte Mathematik» und «Physik». Als Ergänzungsfach wählte er Informatik. Schon früh hätten er und sein Freund sich ausserdem im Programmieren versucht: «Ich habe mich sehr für mathematische Modelle interessiert und habe angefangen zu simulieren», erinnert er sich an seine Anfänge. So habe er beispielsweise elektromagnetische Felder am Computer simuliert – nur um zu sehen, wie sie funktionieren. Und was ist daran so faszinierend? «Es ist etwas Physikalisches, was in der echten Welt einen Gegenwert hat», erklärt Funk, dessen Interesse für Mathematik und Naturwissenschaft übrigens nicht von Ungefähr kommt. Sein Vater ist Informatiker, hat sich sein Wissen selbst angeeignet, weil es damals noch kein entsprechendes Studium gab: «Er kann 17 Programmiersprachen fliessend», erzählt Brian stolz. Seine speziellen Vorlieben kommen aber nicht allein von der offensichtlich vorhandenen genetischen Veranlagung. Ein bisschen in die richtige Richtung geschubst habe sein Vater ihn ebenfalls, gibt er zu. So hätten sie als Kind das Spiel gespielt: Wer findet die nächste Stelle der Zahl «Pi»? Wer im Matheunterricht nicht aufgepasst hat: Die Zahl «Pi» hat unendlich viele Stellen hinter dem Komma (Anm. des Autors). Selbst wenn es jetzt ein bisschen so klingen mag: Ein typischer «Nerd» ist Funk ganz sicher nicht: «Ich spiele Volleyball im Verein, gehe regelmässig ins Gym und joggen», zählt er auf Nachfrage seine Hobbys auf. «Ich mache sehr gerne Sport als Ausgleich», ergänzt er. Vor Jahren war er sogar im Karate-Nationalkader. Ein Aussenseiter ist Funk ebenfalls nicht, auch wenn er nach eigenen Angaben eher selten «Party» macht. Seine Kollegen seien wie er, alle «sehr ambitioniert und passioniert», beschreibt er sein Umfeld. Manche seien beispielsweise im «European Youth Parliament», einem europaweiten Netzwerk, bei dem sich Jugendliche politisch engagieren.
Internationale Kontakte knüpfen
Als ehemaliger Wettbewerbsteilnehmer von «Schweizer Jugend forscht» ist Funk sogenannter «SJF-Alumnus» und kann sich um die Teilnahme an internationalen Wettbewerben bemühen – wie eben beim «International Swiss Talent Forum», das vergangene Woche in Nottwil (LU) stattfand. 70 junge Erwachsene zwischen 18 und 23 Jahren beschäftigten sich zusammen mit renommierten Fachexpertinnen und -experten von Schweizer Hochschulen mit verschiedenen Problemstellungen. «Patente: Förderer oder Hemmschuh der Resilienz», lautete die komplexe Frage an das siebenköpfige Team. «Resilienz» bedeutet übersetzt Anpassungsfähigkeit. Fünf Tage Zeit hatte die internationale Gruppe, zu der neben Schweizerinnen und Schweizern auch Teilnehmerinnen aus Tschechien, Italien und Portugal gehörten. Zur Lösung des abstrakten Problems wählten sie ein naheliegendes, praktisches Beispiel: Corona. «Wir haben festgestellt, dass Patentsysteme sehr statisch sind, wenn es um Notfalllösungen geht», erklärt Funk und erläutert im Anschluss das Problem, dass während der Pandemie gewisse Länder zwar die Patente für die Herstellung eines Impfstoffes, nicht aber die für die notwendige Kühlung besessen hätten. Die Lösung: Zwei neue «Gefässe» der UN sollen solche Probleme künftig im Notfall regeln. Gewinner gab es am Ende des Forums übrigens nicht: »Es geht darum dass man internationale Verbindungen knüpft und als Mensch weiterkommt», erklärt Funk, der seit Kurzem in einer WG in Regensdorf wohnt. Von dort ist es näher zur ETH, wo er im Wintersemester sein Informatikstudium beginnt. Anschliessend will er in die Forschung – oder noch Physik studieren. Und was wünscht er sich für die Zukunft? «Ich wünsche mir, dass ich etwas von der Welt sehe, neue Leute kennenlerne und dass ich meine Passion im Leben verfolgen kann.»
Michael Lux