Balou – der Therapeut auf vier Pfoten
28.10.2022 Fislisbach, Region ReusstalBalou und seine Besitzerin, Annette Pignat, sind ein Dreamteam. Wo immer die beiden zusammen auftauchen, herrscht Freude
Balou ist ein Therapiehund, der gezielt eingesetzt wird. Er und seine Besitzerin, Annette Pignat, sind ein Dreamteam, wenn auch der Vierbeiner sie manchmal ziemlich ...
Balou und seine Besitzerin, Annette Pignat, sind ein Dreamteam. Wo immer die beiden zusammen auftauchen, herrscht Freude
Balou ist ein Therapiehund, der gezielt eingesetzt wird. Er und seine Besitzerin, Annette Pignat, sind ein Dreamteam, wenn auch der Vierbeiner sie manchmal ziemlich fordert.
Wo immer der schwarze Labradormischling Balou auftaucht, freuen sich die Menschen. Balou wird gestreichelt, angefasst und ihm wird mit sanfter Stimme gut zugeredet. Der 5 ½-Jährige geniesst es, im Mittelpunkt zu stehen. Geduldig lässt er alles mit sich machen und wedelt vergnügt mit dem Schwanz. Da taucht irgendwann die Frage auf, wer wohl mehr Freude hat, der Hund oder der Mensch? Erwiesen ist jedenfalls, der Kontakt eines Menschen mit einem Hund senkt den Blutdruck, baut emotionalen Stress ab und fördert das soziale Wohlbefinden. Hunde vermitteln ein Gefühl von Wärme, Sicherheit und Geborgenheit, denn die Vierbeiner haben eine beachtliche positive Wirkung auf Menschen. Diese Tatsache wird immer häufiger in Therapien, wie etwa der Sprach- und Ergotherapie oder der Physio- oder Psychotherapie, genutzt.
Ein Therapie- kein Assistenzhund
Pignat besucht mit Balou seit geraumer Zeit alle zwei Wochen die Bewohnenden im Alterszentrum Fislisbach. Wenn die Hundebesitzerin zu Hause den dafür bestimmten Rucksack hervorholt und Balou das rote Halstüchli mit der entsprechenden Leine anzieht, weiss der Vierbeiner ganz genau, dass es jetzt «zur Arbeit» geht. Er ist dann freudig aufgeregt und kann es kaum erwarten, endlich das Haus zu verlassen. Im Alterszentrum angekommen, darf er es sich inmitten einer Gruppe von ungefähr sechs Bewohnenden bequem machen und kriegt eine eigene Decke, auf die er sich hinlegen darf. Dann wird aktiv gespielt und die Gruppe wird miteinbezogen. So kommt ein oranger Ball zum Einsatz oder die Bewohnenden dürfen in einem kunterbunten Schnüffelteppich Guetzli verstecken, die Balou dann suchen (und natürlich fressen) darf. Möglich auch, dass in einer Decke, die aufgerollt ist, Hundeguetzli versteckt sind. Balous Aufgabe ist es nun, mit der Schnauze die Decke zu entrollen und die Guetzli als Belohnung zu fressen. Auch darf man sich einen Handschuh mit Noppen anziehen und das feine Fell von Balou nicht nur streicheln, sondern auch etwas putzen.
Viele Bewohnende hatten früher selber einen Hund und freuen sich riesig über die zauberhafte Begegnung mit dem Vierbeiner. Erinnerungen werden wach. Durch das gemeinsame Spiel und Zusammensein mit Balou werden die Gruppenteilnehmenden aktiviert, motiviert und so wird nebenbei auch noch die Feinmotorik der Seniorinnen und Senioren gefördert. Die Besuche dauern rund eine halbe Stunde. «Schön ist es, immer wieder zu sehen, wie mein Vierbeiner es schafft, den Menschen ein Lächeln in das Gesicht zu zaubern», so die Kynologin. Die Einsätze erfolgen auf freiwilliger Basis und Pignat tut dies ehrenamtlich. Sie könnte sich durchaus vorstellen, einmal eine Schulklasse oder einen Kindergarten mit Balou zu besuchen, um generell Ängste vor Hunden abzubauen. Balou ist ein Therapiehund. Dies ist nicht zu verwechseln mit einem Assistenzhund. Dieser ist ein ständiger Begleiter für Menschen mit körperlichen, geistigen und/oder seelischen Einschränkungen.
Balou, das Schlitzohr
Während seinen Einsätzen mit Menschen kann Balou keine Wunder erwirken, aber Balou ist ein geduldiger Zuhörer, meckert nicht, er stellt keine Fragen, kritisiert und wertet nicht und erzählt auch nichts weiter. Praktisch. Gerade deshalb ist er wohl so beliebt, weil er auch ein kleines Schlitzohr ist und seine Besitzerin, Annette Pignat, immer wieder ein bisschen fordert. Balou braucht konsequente Führung und Erziehung. Da er aber um alles in der Welt unbedingt gefallen will, sei es ziemlich einfach, ihn zu motivieren. «Und für mich, als seinen Lieblingsmenschen, macht er sowieso alles und für das Futterkriegen erst recht», witzelt die 52-Jährige. Aber eignet sich überhaupt jeder Hund zum Therapiehund? Die Rassezugehörigkeit spielt keine grosse Rolle. Menschenbezogene sowie freundliche Gesellschafts- und Begleithunde, die als Jagd-, Hüte- oder Gebrauchshunde für die Zusammenarbeit mit den Menschen gezüchtet wurden, eignen sich aber besonders gut. Das Tier sollte ein offenes und freundliches Wesen haben, zudem über eine hohe Reizschwelle und eine möglichst niedrige Aggressionsbereitschaft verfügen. Balou muss sich streicheln lassen und darf auch bei grobmotorischen Berührungen oder beim Ziehen am Schwanz nicht nervös oder gar aggressiv werden. Rassen wie beispielsweise Malteser, Mops, Pudel, Border Collie, Deutscher Schäferhund, Berner Sennenhund, Bernhardiner, Leonberger, Neufundländer, Beagle, Labrador oder Golden Retriever passen sehr gut.
Straffe Ausbildung und viele Kurse
Um mit einem Hund als Therapiehund zu arbeiten, braucht es entsprechende Ausbildungen. Für den Halter, wie auch für den Vierbeiner. Als Basis absolvierte die Fislisbacherin mit Balou während einem Jahr den Erziehungskurs zur Erlangung des Nationalen Hundehalter-Brevets, dies ist allerdings nicht Voraussetzung, aber eine gute Grundlage. Die eigentliche Ausbildung zum Therapiehund startete mit einem Eignungstest und erfolgte an Wochenenden in Kreuzlingen und Opfikon. Im Anschluss daran gab es eine intensive Woche mit Einsätzen in verschiedenen Institutionen in Meiringen, sowie praktische und theoretische Prüfungen. Jährlich muss eine Wiederholungsprüfung abgelegt und die geleisteten Einsätze dokumentiert vorgewiesen werden.
All dies interessiert Balou an diesem Nachmittag herzlich wenig. «Wir kommen gerade von einem Besuchsnachmittag im Alterszentrum», sagt die Therapiehund-Besitzerin. Der Rüde liegt tiefenentspannt in seinem braun-weiss getupften Stoffkorb, atmet ruhig und döst vor sich hin. «Balou ist ‹nudlefertig›, denn er nimmt immer auch die Stimmungen und Emotionen der Gruppe wahr, die wir soeben besucht haben und das erschöpft ihn. Jetzt versinkt er mindestens für eine Stunde in einen tiefen Schlaf.» – Gönnen wir es ihm, er hat es sich verdient.
Isabel Steiner Peterhans