Das Geheimnis der herrenlosen Schuhe
31.05.2023 Fislisbach, Region ReusstalRund um Dorrenstrasse, Hiltibergstrasse und Clarastrasse kommt es zu merkwürdigen Schuhdiebstählen
Die einen vermissen über Nacht plötzlich ihre Schuhe, andere finden fremdes Schuhwerk im Garten oder auf der Strasse. Was geht da vor in Fislisbach?
Es ist ein ...
Rund um Dorrenstrasse, Hiltibergstrasse und Clarastrasse kommt es zu merkwürdigen Schuhdiebstählen
Die einen vermissen über Nacht plötzlich ihre Schuhe, andere finden fremdes Schuhwerk im Garten oder auf der Strasse. Was geht da vor in Fislisbach?
Es ist ein merkwürdiges Bild in der Clara- und Hiltibergstrasse. In mehreren Einfahrten stehen Schuhe, fein säuberlich aufgereiht – und meistens einzeln. Im Gespräch mit der Nachbarschaft kommt heraus, was es damit auf sich hat: Seit einigen Tagen tauchen in den Gärten und an allen möglichen anderen Ecken plötzlich herrenlose Schuhe auf: «Wir haben diverse Schuhe bei uns im Garten gehabt und die Nachbarn auch», berichtet Bernadette Spring. Auf dem Schulweg hätten sie ebenfalls schon einzelne Schuhe gefunden, erzählen die Söhne Colin und Leon. Sie selbst vermissen bisher zwar keine Schuhe, andere in der Strasse aber schon. So wird ein pinkfarbener Gummistiefel schmerzlich vermisst. Bernadette Spring und die Nachbarn stellen ihr überzähliges Schuhwerk daher jeweils an die Strasse, damit mögliche Besitzer sie finden und gleich mitnehmen können.
Drei Säcke mit Schuhen
Was sie zu diesem Zeitpunkt nicht wissen: Das Phänomen beschränkt sich nicht nur auf die direkte Nachbarschaft. Bei Familie Küng in der Dorrenstrasse gehen schon länger seltsame Dinge vor: «Wir wohnen am Waldrand und haben immer wieder bemerkt, dass Schuhe fehlen», berichtet Barbara Küng. Meist seien es Gummistiefel oder Gartenschuhe, die über Nacht draussen vor der Haustüre standen. «Kurz vor Auffahrt ist es dann schlimmer geworden, da haben wir auch fremde Schuhe im Garten gefunden», erzählt sie weiter. Wer die Übeltäter sein könnten, darüber konnte die Familie zunächst nur spekulieren. «Wir haben schon gedacht, es müssen Tiere sein», sagt Küng. Auch seien manchmal nachts Füchse im Garten unterwegs gewesen.
Buchstäblich «für die Füchse»
Die Entdeckung, die sie einige Tage später an Auffahrt im Wald nahe ihres Hauses machten, sprengte dann aber doch jedes Vorstellungsvermögen: «Wir waren unterwegs zu einer Feuerstelle, da ist schon der erste Schuh am Wegrand gelegen», erinnert sich Barbara Küng. Neugierig geworden, folgten sie, ihr Mann und die Kinder Erin und Louis der «Schuhfährte» bis zu einem Fuchsbau mit mehreren Eingängen. Dort staunten sie nicht schlecht: Rund um die Fuchslöcher verteilt lagen neben Abfall, einem angeknabberten Ball und anderem «Spielzeug» jede Menge Schuhe. Einige fischten sie sogar aus dem Bau heraus. «Dann haben wir Abfallsäcke geholt und angefangen aufzuräumen», erzählt Küng. Allein drei Säcke mit Schuhen kamen am Ende zusammen. Diese stellten sie zunächst in einem kleinen Schuhstand mit der Aufschrift «vom Fuchs geklaut» vor ihrem Haus auf und posteten ein Foto davon auf Facebook. Bereits mit ersten Erfolgen: Eine Spaziergängerin mit Hund erkannte ihr vermisstes Paar Schuhe, das nach und nach verschwunden war, im Vorbeigehen. Und auch über Social Media konnte bereits eine rechtmässige Eigentümerin ermittelt werden. Wer selbst noch Schuhwerk vermisst, kann sich unter tk@whirlpoolworld.ch bei Familie Küng melden. Die schmunzelt noch immer über das schiere Ausmass des grossen «Schuhklaus». «Für Erin und Louis war es ein grosses Abenteuer», sagt Barbara Küng.
Nicht so ungewöhnlich wie gedacht
Auch Bernadette Spring amüsiert sich, als sie vom Reporter von den diebischen Füchsen erfährt: «Das ist doch herzig», findet sie und hofft, dass den Übeltätern nichts passiert. Davon ist nicht auszugehen. Denn solches Verhalten ist gerade um diese Jahreszeit gar nicht so ungewöhnlich, wie Roli Koch, Jagdaufseher in Oberrohrdorf, dem «Reussbote» in einem früheren Interview verriet. Die Füchse haben derzeit nämlich Junge und wagen sich daher auf der Suche nach Nahrung noch näher an die menschlichen Behausungen, wo sie neben Fressbarem auch gerne Dinge zum Spielen mitgehen lassen («Reussbote» 10. Juni 2022). Was einem lieb und teuer ist, sollte man derzeit also nachts lieber nach drinnen räumen. Sonst war der Kauf buchstäblich «für die Füchse».
Michael Lux