Noch nicht lanciert, schon umstritten
12.05.2023 Fislisbach, Region ReusstalDie Infoveranstaltung des Gemeinderats in der Aula Leematten war bis auf den letzten Stuhl belegt
Beim Infoabend am Dienstag informierte der Gemeinderat die Bevölkerung umfassend über verschiedene Belange der Gemeinde. Emotional diskutiert wurde abermals das Pilotprojekt ...
Die Infoveranstaltung des Gemeinderats in der Aula Leematten war bis auf den letzten Stuhl belegt
Beim Infoabend am Dienstag informierte der Gemeinderat die Bevölkerung umfassend über verschiedene Belange der Gemeinde. Emotional diskutiert wurde abermals das Pilotprojekt «Begegnungszone»
Bis Punkt 6 auf der Traktandenliste verlief die Infoveranstaltung des Gemeinderats auffällig ruhig. Das änderte sich, als Vizeammann Andreas Mahler ans Rednerpult trat. Er informierte die Anwesenden unter anderem über das vom Gemeinderat geplante Pilotprojekt «Begegnungszone», das Anwohnern und Gewerbetreibenden bereits in einer früheren Infoveranstaltung vorgestellt wurde («Reussbote», 25. April). Schon damals zeigten sich unterschiedliche, teils gegensätzliche Interessen: «Noch nicht einmal lanciert, schon heftig umstritten», fasste Mahler zusammen. Konkret geht es bei dem Projekt um eine verkehrsberuhigte «Begegnungszone», die auf dem Schulhausweg, der Alten Birmenstorferstrasse sowie der oberen Leemattenstrasse bis zur Einmündung Schulhausweg umgesetzt werden soll. Bewusst ausgenommen ist die Einfahrt zum Aldi-Parkhaus. Bei Einführung würde in dem Gebiet künftig Tempo 20 gelten. Fussgänger hätten zudem generell Vortritt. Ausserhalb der markierten Flächen würde auf öffentlichem Grund ausserdem Parkverbot herrschen. Auf privatem Grund bleibe das Parkieren aber erlaubt, betonte Mahler. Die Gemeinde signalisierte auch die Bereitschaft, wenn nötig, etwas Land dafür abzugeben, falls der Platz nicht für einen privaten Parkplatz reiche.
Die Begegnungszone soll, laut Mahler, mehrere Probleme gleichzeitig lösen: die Probleme durch Elterntaxis und parkierende Autos rund um das Schulhaus sowie abgestellte Autos, welche den Landwirtschaftlichen Verkehr vor allem auf der Leemattenstrasse behindern. «Die Gemeinde hat den hehren Wunsch, den Fussgängerverkehr zwischen Aldi und Migros zu fördern», führte Mahler weiter aus. Über die Ausgestaltung des Projekts entscheidet letztlich der Gemeinderat. Aufgrund der bisherigen Diskussion solle aber in der kommenden Woche ein runder Tisch mit den Wortführern der unterschiedlichen Interessensgruppen durchgeführt werden, so Mahler. Erst im Juni werde man – möglichst bereits mit einem gefundenen Kompromiss – das Projekt öffentlich auflegen.
Die Quadratur des Kreises
Die Interessenvertreter wollten allerdings nicht bis zum runden Tisch warten und brachten ihre Anliegen teils deutlich zur Sprache. Eine Anwohnerin der Leemattenstrasse, die ausserhalb der geplanten Begegnungszone wohnt, wünschte sich eine Ausweitung auf die ganze Leemattenstrasse. «Es gibt kein richtiges Trottoir in der Leemattenstrasse, es gibt einen Dreierbund», mahnte sie. Die Markierung mit Pflastersteinen suggeriere ein Trottoir und somit eine falsche Sicherheit, da in Wirklichkeit die Autofahrer Vortritt hätten. Eine Begegnungszone schaffe dagegen Klarheit und mehr Sicherheit für Fussgänger. Dass es in der Leemattenstrasse ein Problem mit parkierenden Autos gebe, bestritt sie hingegen. Dies sei nur während der Baustelle in der oberen Leemattenstrasse der Fall gewesen. Ein Parkverbot sei eine Einschränkung, die keine Verbesserung bringe.
«Mein grosses Anliegen sind die landwirtschaftlichen Traktore. Das ist ein riesen Problem», sagte ein anderer Anwohner. Man habe wunderbare Verhältnisse bis zur Erntezeit: «Dann geht der Teufel los.» Klar, dass auch die Landwirte sich zu Wort meldeten: «Ich finde in die Leemattenstrasse gehört keine Begegnungszone, es ist eine Durchgangsstrasse für hohe Fahrzeuge, die nicht durch die Unterführung fahren können», sagte einer der Bauern, welche die landwirtschaftlichen Flächen im Umland bewirtschaften. Gemeint ist die Bahnunterführung in der Birmenstorferstrasse. Ein Nadelöhr, das die Durchfahrt mit grossen Traktoren verhindert und deren Ausbau sich die Landwirte wünschen, während die Gemeinde eine erhöhte Belastung durch Schwerverkehr fürchtet («Reussbote», 4. November). Auf die im Verfahren hängige Einsprache und die mangelnde Unterstützung durch den Gemeinderat verwies auch ein anderer Landwirt und betonte: «Wir wollen nicht zwingend durch die Leemattenstrasse fahren, sondern von A nach B fahren können». Zumal parkierende Autos aus Sicht der Landwirte dort durchaus ein Problem darstellen.
Viele Themen angesprochen
Stellenweise sei aufgrund der abgestellten Fahrzeuge kein Durchkommen auf der Leemattenstrasse, schilderten die Landwirte. Sie verwehrten sich mit Hinweis auf Verkehrskontrollen durch die Polizei ausserdem dagegen, sie seien zu schnell unterwegs und baten um Verständnis seitens der Bevölkerung. Die kam prompt von einem Anwohner, der betonte, man wolle den Landwirtschaftsverkehr nicht weghaben, es gehe bei der Begegnungszone um mehr Sicherheit, da Fussgänger so eindeutig Vortritt hätten. Andreas Mahler, der die hin- und herbrandende Diskussion immer wieder abzukürzen versuchte, bedankte sich am Ende für die «sehr guten und pointierten Voten». Der Gemeinderat habe nun keine leichte Aufgabe. Denn man habe auf beiden Seiten sehr gut begründete Anliegen. Einem Vorschlag aus dem Plenum, die kontroverse Thematik vor die Gemeindeversammlung zu bringen, erteilte er mit Hinweis auf die öffentliche Auflage im Juni indirekt eine Absage. Dort könne jeder mit einem berechtigten Interesse Einwendungen erheben.
Vom Asylwesen bis Wasser
Eine ähnlich emotionale Debatte wie bei der «Begegnungszone» kam bei keinem anderen von den zuständigen Gemeinderäten vorgestellten Thema auf. Simone Bertschi informierte unter anderem über die Unterbringung von Asyl- und Schutzsuchenden, welche die Gemeinde aufgrund der stark gestiegenen Zahlen vor Herausforderungen stellt. Auch das Thema Schülerentwicklung und Schulraum kam durch Christoph Schott zur Sprache. Er blickte bei der Entwicklung der Schülerzahlen sogar bis 2040 in die Zukunft. Fazit: Schulraum ist schon heute knapp und die Gemeinde wächst stetig. Man habe daher eine umfassende Studie zur strategischen Schulraumplanung in Auftrag gegeben, so Schott. Das Thema Fachkräftemangel sei auch bei den Lehrpersonen ein Problem. Man sei aber stolz, dass aktuell alle Klassen bestückt seien. Keine personellen Reserven hat Fislisbach, laut Ausführungen von Gemeindeammann Peter Huber, auch in der Verwaltung. Vergleichbare Gemeinden hätten einen deutlich höheren Stellenplafond, so Huber. An der kommenden Gemeindeversammlung werde der Gemeinderat daher die Erhöhung des Stellenplafonds um 300 auf 2720 Prozent beantragen. Weitere Themen waren eine leichte Erhöhung der Wasser- und Abwassergebühren sowie Informationen zum Projekt «Modellstadt Baden» sowie die Nutzung des Fislisbacher Waldes.
Michael Lux



