Globetrotter kehrte stets gerne nach Niederwil zurück
08.08.2023 Niederwil, FreiamtWädi Koch war in jungen Jahren während vier Jahren auf fünf Kontinenten als professioneller Reiseleiter für Kuoni unterwegs
Was Wädi Koch anpackt, macht er mit vollem Einsatz. Das auch als professioneller Reiseleiter vor fast 40 Jahren. In dieser Zeit führte er ...
Wädi Koch war in jungen Jahren während vier Jahren auf fünf Kontinenten als professioneller Reiseleiter für Kuoni unterwegs
Was Wädi Koch anpackt, macht er mit vollem Einsatz. Das auch als professioneller Reiseleiter vor fast 40 Jahren. In dieser Zeit führte er Reisegruppen sicher und mit einem Lächeln auf den Kilimandscharo, dem Machu Picchu, durch die Sahara oder das Reich der Pharaonen.
Es gibt nicht viele Länder der Erde, in denen Wädi Koch (65) nicht als Reiseleiter unterwegs war. Er erinnert sich auch heute noch gerne daran. Während dieser Zeit konnte er seine Steckenpferde, Geschichte und Geografie und das Reisen, unter einen Hut bringen. «Ich fand es sehr gut, dass ich die Welt bereisen und erst noch damit Geld verdienen konnte», sagt Koch. Die Idee, Reiseleiter zu werden, kam ihm nach dem Lehrerseminar bei Sprachaufenthalten in den USA, in Frankreich, Italien und Spanien. «Bei der Reiseleitung kam mir zugute, dass ich fünf Sprachen spreche», so Koch. «Bereits im ersten Jahr als Reiseleiter hatte ich alle fünf Kontinente bereist.» Doch Reiseleiter ist auch ein Knochenjob. Koch beschreibt das so: «Für die Reisegruppe muss man 24 Stunden verfügbar sein. Es kommt vor, dass jemand um 23 Uhr anruft und nach einem zusätzlichen Handtuch fragt. Einen guten Reiseleiter macht es aus, dass er die Wünsche erfüllt», so Koch. Dafür habe er viel von der Welt gesehen und sowohl von den Reisegästen, wie auch von der Firma viel Wertschätzung erhalten.» Bis heute reist Koch gerne. Diese Seite kann er künftig wieder mehr ausleben. Er wurde auf Ende Monat als Schulleiter in Jonen pensioniert.
Reisender verstarb an Herzinfarkt
Bei seiner Ausbildung zum Reiseleiter hörte er, dass das schlimmste Szenario ein Todesfall auf der Reise sei. «Bereits bei meiner zweiten Reise trat dies ein», sagt Koch. Ein Teilnehmer erlitt auf der China-Rundreise einen Herzinfarkt und verstarb.» Die Gruppe reiste mit einem lokalen Führer weiter, während Koch mit der Witwe den Rücktransport des Verstorbenen organisierte. Durch die örtlichen Gegebenheiten geschockt, willigte sie in eine Kremation vor Ort ein. «Ich konnte sie schlussendlich mit der Urne in der Kuonitasche in den Flieger nach Hause setzen», erinnert er sich. Vier Tage später stiess Koch wieder zur Reisegruppe und konnte die Rundreise beenden. «Ich dachte, wenn ich das gemeistert habe, bin ich jetzt ein richtiger Reiseleiter», sagt er. Bereits die nächste Reise nach Australien bot eine weitere Herausforderung. Eine Ärztin erlitt einen Hitzschlag. «Wir konnten den örtlichen Royal Flying Doctor Service aufbieten, der sie ins Krankenhaus flog», so Koch. Nicht schlecht staunte er, dass sie über keine Krankenversicherung verfügte. So kam die Ärztin in den Genuss einer unentgeltlichen Behandlung. Uneinsichtig spendete sie nach der Genesung nichts der Institution – die Gruppe und Koch übernahmen das für sie. Ansonsten erinnert sich Koch nur an gute Erlebnisse mit Reiseteilnehmern.
Schnorcheln beim Great Barrier Reef
Die schönste Reise von Koch führte ihn in Australien auf die Dunk-Island im Great Barrier Reef. «Das Schnorcheln dort ist einfach der Hammer. Das Hotel war sehr exklusiv. Es gab Steaks zum Frühstück. Das war Luxus pur. Heute kann man das als Reiseleiter nicht mehr erleben. Es werden vermehrt lokale Reiseführer vor Ort gebucht», sagt er. Die Reisebegleitung durch einen Schweizer wurde früher bei den Reisegruppen stets geschätzt. «Meist hatte ich eine Gruppe mit zwei verschiedenen Sprachen. Einmal musste ich eine mit vier Nationalitäten übernehmen. Auf der Busfahrt blieb deshalb nicht viel Zeit für ausführliche Beschreibungen der Sehenswürdigkeiten.»
New York als Basis gehabt
Bei Reisen durch die USA und Kanada war Wädi Koch jeweils für drei Monate in New York, in Manhattan, stationiert. «New York ist zu meiner zweiten Heimat geworden», sagt Koch. Mit Kundinnen und Kunden besuchte er dann unter anderem die Ostküste und die Niagarafälle. Da lag auch mal ein Helikopterflug für den Reiseführer drin. Als ein neuer Kollege aus der Schweiz dazu stiess, bat Koch diesen Cervelats und Landjäger mitzubringen. «Wir veranstalteten damit zusammen ein Picknick im Central Park», verrät er. Koch begleitete nicht nur luxuriöse Rundreisen auf der ganzen Welt. Kuoni verfügte auch über eine Adventure-Reise-Abteilung. Eine solche Reisegruppe begleitete er durch Niger. «Bei der Ankunft reisten wir zuerst sieben Stunden mit einem Kleinbus durchs Land. Danach ging es auf dem Kamel drei Tage durch die Wüste weiter. Übernachtet wurde im Zelt – die Schuhe mussten jeweils am Morgen zuerst ausgeklopft werden, um verirrte Skorpione zu entfernen. Für die Reisegruppe hatte Koch zwei Schweizer Käse und zwei Schläuche Wein im Gepäck. Das reichte just für 20 Tage. «Jeder Teilnehmer erhielt pro Tag ein kleines Stück als Apéro», sagt er. Auch die restlichen Mahlzeiten seien auf dieser Reise nicht sehr üppig ausgefallen. «Ich habe nach der Reise gesagt, dass dies die Diätreise von Kuoni sei», witzelt er. Das habe aber den Teilnehmern nicht viel ausgemacht. «Bei Adventure-Reisen war die Kundschaft anders. Sie waren meist sehr zufrieden und das Trinkgeld ist jeweils reichlich geflossen.» Bestens in Erinnerung hat er auch die Besteigung des Kilimandscharos. Just zum 100-Jahr-Jubiläum nach der Erstbesteigung, führte Koch eine Reisegruppe bis zum Gipfel. «Der jüngste Teilnehmer war 25, der älteste 76. Ich habe alle sicher rauf- und wieder hinuntergebracht.»
Nie krank auf Reisen gewesen
Koch selbst war als Reiseleiter nie krank. «Ich habe fast alles gegessen, was gekocht war», sagt er. So auch in China frisch zubereitete Schlange. «Sie schmeckt ein wenig wie Crevetten», verrät er. In Mexiko habe er einmal in einem Hotel in eine Schale mit Erdnüssen gegriffen. Die Nüsse entpuppten sich als frittierte Käfer. Was er nie auf der Reise ass, waren Salate. Die Tipps gab er auch an die Reisegruppe weiter. Doch nicht alle hielten sich daran. Auf der Rundreise in Marokko litt ein Gast unter schlimmem Durchfall. Er musste mitten in der Wüste seine Notdurft verrichten, ein Busch oder eine Toilette war nicht in Sicht. «Ich habe angeordnet, dass alle der Gruppe in eine Richtung schauen und er sich hinter dem Auto erleichtern konnte», verrät er. In bester Erinnerung sind Koch auch Nilkreuzfahrten in Ägypten. Nicht nur diese auf luxuriösen Kreuzfahrtschiffen, sondern auch bei Adventure-Reisen auf Segelschiffen. «Die Gäste und ich sahen in den Kaftanen und Kopfbedeckungen aus wie Einheimische. Wir wurden oft von Touristen fotografiert. Geschlafen wurde auf dem Holzdeck unter freiem Himmel.
Als wohl eindrücklichste Reise bleibt Koch die Reise durch den Oman in Erinnerung. Für Kuoni musste er das Land bereisen und beschreiben, nachdem 1987 die Grenzen erstmals für Ausländer geöffnet wurden. Koch reiste mit vier Jeeps von den Arabischen Emiraten ein. «Das einzige, was wir dabei hatten, war eine Luftkarte eines Britischen Offiziers. Wir fuhren 1000 Kilometer von Muscat durch die Wüste nach Salala.» Als endlich das Ziel erreicht war, war der Anblick des Strandes mit den Weihrauchbäumen atemberaubend. «Als einzige Strassen gab es damals Sandpisten. Heute führen dorthin mehrspurige Autobahnen.»
Nebst Schüler auch Nati betreut
Auch wenn Koch fast überall auf der Welt unterwegs war, kam er in der Freizeit stets gerne nach Niederwil zurück. 1990 beendete Koch seine Karriere als Reiseleiter, zog zurück in seinen Heimatort und fing in Jonen als Seklehrer an. Bereits im November wurde er zum Rektor befördert, 14 Jahre danach zum Schulleiter. Nach 33 Jahren ging Koch nun auf Ende Juli in Pension. 350 Kinder gingen in der Kreisschule zur Schule. In der ersten Zeit als Seklehrer in Jonen, arbeitete Koch in den Ferien als Reiseleiter weiter. «Ich rief jeweils an und fragte, wo jemand gebraucht wird. Zusätzlich begleitete er die Schweizer Fussballnationalmannschaft zu den Auswärtsspielen. «Die Nati buchte früher über Kuoni», erzählt er. Er war auch bei den Europameisterschaften in England 1996 dabei. Nebst der Nati betreute er auch die Fan-Gruppe und begleitete sie zu den Auswärtsspielen. «In England war Ciriaco Sforza als Kapitän der Nati dabei. Ich habe ihm auf die Schulter geklopft und gefragt, ob er sich noch daran erinnere, dass er bei mir in Wohlen drei Wochen zur Schule ging. Ich machte dort eine Stellvertretung und absolvierte damals nebenbei die Weiterbildung zum Seklehrer. Er konnte sich noch an mich erinnern.»
Freilichttheater im Reusspark
Bereits vor einem Jahr hat Koch das Amt als Gemeindeammann niedergelegt. 20 Jahre sass er im Gemeinderat, zwölf davon als Gemeindeammann. «Ich wollte bereits vor meiner Pension mit meinen Aktivitäten runterfahren, damit ich meinen Kopf darauf vorbereiten konnte und nicht plötzlich in ein Loch falle», sagt er. Doch das werde wohl nicht passieren. Bereits hat er verschiedene Pläne, wie er seinen Ruhestand gestaltet. So freut er sich vor allem darauf, dass er nun mehr Zeit für seine Familie und seine viereinhalb Enkel hat. «Das fünfte Enkelkind ist unterwegs» sagt er schmunzelnd.
Ganz ohne Engagement für Niederwil kann Koch nicht sein. Seit einem Jahr ist er im Vorstand des Vereins Gnadenthal. «Der Reusspark ist ein Vorzeigebetrieb. Es ist schön, im Vorstand ebenfalls etwas dazu beitragen zu können», so Koch. So stehe dieses Jahr der Umbau der Küche des Restaurants und vom Reusspark an. Das bei laufendem Betrieb zu realisieren, sei eine logistische Herausforderung. Das Gnadenthal sei aber auch ein beliebter Treffpunkt für Private und ein wichtiger Arbeitgeber der Region.» Grosse Priorität in den nächsten zwei Jahren hat bei Koch das Freilichtspiel für den Reusspark. «Es ist ein Musical über den Gnadenthal-Geist. Ich schreibe das Drehbuch und werde auch Regie führen», verrät er. Das Stück wird im Jubiläumsjahr 2025 – 750 Jahre seit der ersten Erwähnung des Klosters Gnadenthal – aufgeführt. Nebst dem Engagement für den Reusspark frönt Koch auch weiteren Hobbys. So pflegt er zusammen mit Freunden einen Weinberg, hält den Garten und ein Stück Wald in Schuss. Im Herbst wird er zudem nochmals zum Reiseführer für seine Frau Brigitte. Er wird ihr das Land der Pharaonen zeigen.
Debora Gattlen
Arbeiten, wo andere Ferien machen
England, Frankreich, Schweden oder Spanien – das sind Orte, wo viele Menschen wenige Wochen im Jahr ihr Fernweh stillen. Es gibt aber auch Menschen, die solche Sehnsuchtsorte länger erleben wollen, monate- und jahrelang. Sie verbinden die Arbeit mit ihrer Neugier nach fernen Ländern. Der «Reussbote» hat solche Menschen getroffen und lässt sie von ihren Erlebnissen erzählen. – Wer selbst erzählen möchte, meldet sich bitte bei: redaktion@reussbote.ch. (red.)