«Diese Strategie scheint sich zu bewähren»
10.11.2023 BirmenstorfSeit acht Monaten ist die Notunterkunft in Betrieb. Der Gemeinderat zieht Zwischenbilanz und spricht von Entwicklungstendenzen
Die Asylzahlen bleiben hoch, die Lage im Asylwesen angespannt. Dennoch ist es in der Notunterkunft ruhig. Auch dank tiefer Belegungszahlen.
Die kantonale ...
Seit acht Monaten ist die Notunterkunft in Betrieb. Der Gemeinderat zieht Zwischenbilanz und spricht von Entwicklungstendenzen
Die Asylzahlen bleiben hoch, die Lage im Asylwesen angespannt. Dennoch ist es in der Notunterkunft ruhig. Auch dank tiefer Belegungszahlen.
Die kantonale Asylunterkunft in Birmenstorf wurde für 190 asylsuchende Menschen eingerichtet. So viele Betten wurden Anfang Jahr in der unterirdischen Zivilschutzanlage bereit gestellt. Es kam aber nie zu dieser maximalen Auslastung. Seit Inbetriebnahme im März liegt die durchschnittliche Belegung der Notunterkunft bei 40 Personen. In der Birmenstorfer Rundschau spricht der zuständige Birmenstorfer Gemeinderat Fabian Egger von einem «ruhigen Betrieb ohne nennenswerte Zwischenfälle» und führt das massgeblich auf die tiefen Belegungszahlen zurück.
Im Aargau war Anfang dieses Jahres die kantonale Notlage im Asylwesen ausgerufen worden. Nachdem im März die ersten Asylsuchenden in der Notunterkunft einquartiert wurden ist die Anlage in Birmenstorf nun seit acht Monaten in Betrieb. Innerhalb eines Monats stieg die Zahl damals von 16 alleinreisenden Männern auf 30. Im August kam es zu einer kurzfristigen Spitze von 50 Personen.
Mitgestalten und begleiten
In der Bevölkerung waren die Bedenken zunächst gross, weil die Anlage zwischen Sportplatz und Schule liegt. Von Anfang an hatte sich der Gemeinderat aber beim Kanton um ein grösstmögliches Mitgestaltungsrecht bemüht, statt eine «chancenlose Abwehrhaltung» einzunehmen. «Diese Strategie scheint sich bewährt zu haben», so Egger. Seit März trifft sich eine Begleitgruppe, bestehend aus Vertretungen von Schule, Hauswartdiensten und Einwohnerschaft, mit Vertretern des Kantons, im Zwei-Monat-Rhythmus mit Betreuungspersonen sowie mit Polizei und Freiwilligenorganisationen. Der regelmässige Austausch hilft. Bei diesen Treffen mit Kanton und Betreuungspersonen erhalte die Begleitgruppe Informationen aus dem Betreuungsalltag, sagt Gemeinderat Egger. Sie erfahre die jeweils aktuelle Anzahl Menschen, die in der Notunterkunft leben. Es werden allfällige Probleme angesprochen, Lösungen gefunden und die mögliche Entwicklung analysiert.
Zum Beispiel die Nutzung der Halle
Fabian Egger erklärt, dass es sich dabei um kleinere Fragen handle, die einerseits das Verhalten der Asylsuchenden betreffen. Andererseits geht es auch darum, zu erfahren, wie die Bevölkerung den Betrieb in und um die Notunterkunft erlebt. «Mit den kälteren Temperaturen stellt sich aktuell etwa die Frage einer Mitbenutzung der Mehrzweckhalle», sagt Fabian Egger. Die Turnhallen sind durch Schule und Vereine bereits stark frequentiert. Den Sportplatz im Freien konnten die Männer bislang zu festgelegten Zeiten nutzen.
Weiterhin hält der Regierungsrat des Kantons Aargau die Notlage aufrecht. Wegen des anhaltenden Krieges in der Ukraine und dem Konflikt im Nahen Osten muss von einem Betrieb der kantonalen Asylunterkunft in Birmenstorf bis mindestens nächsten Frühling ausgegangen werden. (hhs)
Fussball spielen und Deutsch unterrichten
Als «vorbildlich» bezeichnet Fabian Egger das Engagement einer Gruppe von Freiwilligen, die mit ihrem Angebot für Abwechslung und Bereicherung im Alltag der Asylsuchenden sorgt.
Karin Ebner ist eine von aktuell sieben dieser Freiwilligen. Auf Anfrage sagt sie, dass sich die meisten von ihnen bereits am 4. März, als die Bevölkerung Gelegenheit hatte die Unterkunft im Untergrund zu besichtigen, in einer Liste beim Stand von Netzwerk Asyl eingetragen hätten. Seither würden sie zweimal wöchentlich Deutsch unterrichten. Den Deutschunterricht hätten sie selbst initiiert, unterstützt und begleitet allerdings vom Aargauer Netzwerk Asyl.
Die Birmenstorfer Freiwilligen schlagen zudem Spaziergänge vor – beispielsweise durch den Rebberg; sie organisieren Spielnachmittage und Anfang Juli fand in der Waldhütte ein Grillfest statt mit rund 20 Personen – Asylsuchende und Freiwillige mit ihren Familien. Eine junge Birmenstorferin regte sportliche Betätigung an. Seither wird einmal wöchentlich gemeinsam gekickt. «Fussball», lacht Ebner, «spielen sie am liebsten.» Inzwischen kann auch die Turnhalle benutzt werden, weil ein Verein nur eine von zwei Hallen benötigt. Karin Ebner meint, Berührungsängste seien rasch durch schöne Begegnungen ersetzt worden: «Die asylsuchenden Männer freuen sich und erleben Birmenstorf als schönes Dorf.» – Und die Gruppe freut sich über Unterstützung. Interessierte melden sich bei: gemeindekanzlei@birmenstorf.ch.
hhs


