«Liebe besteht aus vielen Liebenswürdigkeiten»
22.03.2024 Fislisbach, Region ReusstalAcht Franken kostete die Trauung beim Zivilstandsamt im Jahr 1964. Wenig Geld für eine lange Liebe, schmunzelt Pius Zimmermann
Auf dem Tanzparkett nahm diese Liebe ihren Anfang. Diesen Sonntag, 60 Jahre später, feiern Elisabeth und Pius Zimmermann ihre diamantene Hochzeit im ...
Acht Franken kostete die Trauung beim Zivilstandsamt im Jahr 1964. Wenig Geld für eine lange Liebe, schmunzelt Pius Zimmermann
Auf dem Tanzparkett nahm diese Liebe ihren Anfang. Diesen Sonntag, 60 Jahre später, feiern Elisabeth und Pius Zimmermann ihre diamantene Hochzeit im Alterszentrum am Buechberg.
Hin und wieder flattern dem «Reussbote» Briefe ins Haus, von Hand geschrieben – kleine Juwelen oder wie in diesem Fall ein geschliffener Diamant. Geschickt hat den Brief der Fislisbacher Pius Zimmermann. Seinem Schreiben hatte er einen Auszug aus dem Eheregister beigelegt. Weder Lob noch Kritik, sondern die Bemerkung: «Da ist doch ein Schmunzeln erlaubt.»
Lächeln musste Pius Zimmermann, als er beim Sichten von Dokumenten auf dem Eheschein den Betrag entdeckte, den das Paar 1964 in Fislisbach dem Zivilstandsamt für die Trauung zu bezahlen hatte. Acht Fr. kostete damals der amtlich beglaubigte Entscheid, gemeinsam durch das Leben zu gehen. Bis zu 300 Fr., schreibt Zimmermann, bezahle man heute dafür – er hatte auf dem Zivilstandsamt in Mellingen nachgefragt. Ob der höhere Betrag ein längeres Zusammensein gewähre? – «...nicht mehr unbedingt für 60 Jahre», glaubt Pius Zimmermann, lacht und erzählt in seiner Wohnung bei einem Kafi von einer langen Liebesgeschichte.
Tägliche Besuche im Buechberg
60 Jahre Ehe, auf ein so langes, gemeinsames Leben können Elisabeth und Pius Zimmermann zurückblicken. Am Sonntag, den 24. März, feiern sie diamantene Hochzeit. Ein gemeinsames Essen ist geplant – «mit sehr lieben Nichten und Neffen», wie Zimmermann sagt – denn eigene Kinder hat das Paar keine. Das habe sich nicht ergeben, bedauert der heute 86-Jährige. Gegessen wird zur Feier des Tages im Alterszentrum am Buechberg in Fislisbach, wo Elisabeth Zimmermann, die an schwerem Parkinson leidet, seit rund einem Jahr lebt. Sie sei kaum noch mobil, sprechen macht ihr Mühe. Dreimal täglich besucht Pius Zimmermann seine Frau. Mit dem Velo fährt der passionierte, ehemalige Militärradfahrer, die kurze Strecke von seiner Wohnung bis zum Buechberg. Er leistet seiner Frau Gesellschaft beim Essen und sagt: «Jeden Morgen sehe ich in ihren Augen», sagt er, «wie sehr sie sich freut, wenn ich zur Tür eintrete.» Es stimme so, meint er. «Für beide, für sie und für mich.»
Als er allerdings gezwungenermassen länger weg bleiben musste, weil im Alterszentrum vorübergehend Quarantäne galt, wurde Elisabeth Zimmermanns Kummer so gross, dass sie nicht mehr essen mochte. Erst als Pius Zimmermann seine Frau dank einer Ausnahmebewilligung wieder besuchen durfte, erholte sie sich.
«Liebe auf den ersten Foxtrott»
Vor über 60 Jahren, erzählt an diesem Morgen Pius Zimmermann, sei es «Liebe auf den ersten Foxtrott» gewesen. Unter diesem Titel hat die Tochter einer Nichte, eine Grossnichte, die Erinnerung des Paares an die ersten Begegnungen in ihrer Abschlussarbeit auch aufgezeichnet.
Sie hätten in Fislisbach das gleiche Schulhaus besucht, liefen sich bei Anlässen im Turnverein über den Weg. Aufgefallen sei ihm die junge Frau aber erst als er etwa 20 Jahre alt war, erzählt der Ehemann. Bei einer Schlittel-Partie des Turnvereins hätten sich ihre Blicke getroffen. Am Turner-Abend galt dann beim Tanz Damenwahl. «Natürlich gab es nur einen, mit dem ich tanzen wollte», wird Elisabeth Zimmermann in den Aufzeichnungen der Grossnichte zitiert. «So schritt ich zu ihm hinüber und streckte ihm meine Hand entgegen. Er nahm sie, ohne zu zögern.» Pius Zimmermann wiederum schildert, es habe sich gut angefühlt, zu wissen, dass das Interesse auf Gegenseitigkeit beruhe. Es habe aber eine Weile gedauert, bis sie ein richtiges Paar geworden seien. Ausflüge ins Mellinger Kino Rex lagen dazwischen, der Besuch der Abendschule in Zürich, wo sich Pius Zimmermann zum Elektrotechniker ausbilden liess und die künftige Gattin Elisabeth viel Geduld aufbringen musste. Am 24. März 1964 heirateten Elisabeth Peterhans und Pius Zimmermann in der Heilig-Kreuz-Kapelle in Nesselnbach, die damals ganz neu war, gebaut 1957. Pius Zimmermann erinnert sich an eine «sehr schöne Hochzeit». Ein Jahr später gingen die beiden nach London. Dort arbeitete Pius Zimmermann zunächst ein Jahr lang für die British Brown Boveri als Stagiaire. Er bewährte sich und übernahm später in England die Leitung der Abteilung Marine. Erst nach 14 Jahren kehrte das Paar zurück nach Fislisbach. Freunde aus England besuchen sie immer noch in Fislisbach.
«Ich denke, das ist uns gelungen»
60 Jahre nach der Hochzeit sagt Pius Zimmermann: «Die Liebe besteht aus vielen kleinen Liebenswürdigkeiten.» Flexibilität und Treue seien wichtig. Auf Treue setzt auch Elisabeth Zimmermann, auch auf Ehrlichkeit und Zufriedenheit. Natürlich hätten sie in so vielen Jahren des Zusammenlebens Meinungsverschiedenheiten erlebt. Sie hätten darüber geredet. «Vernünftig und anständig», meint der Mann. «Ich denke, das ist uns gelungen.» Deswegen hätten sie es wohl auch heute noch so gut miteinander.
Heidi Hess