Werkzeugkiste für eine gelingende Erziehung
26.04.2024 Gesundheit, GewerbeWie Du deine Kinder erziehst – und ganz nebenbei auch dich selbst!
Frage von Regula und Markus
Unsere Kinder, ein Mädchen, 9 Jahre und ein Junge, 11 Jahre, sitzen zu oft vor dem Fernseher oder konsumieren täglich 2 Stunden oder länger andere ...
Wie Du deine Kinder erziehst – und ganz nebenbei auch dich selbst!
Frage von Regula und Markus
Unsere Kinder, ein Mädchen, 9 Jahre und ein Junge, 11 Jahre, sitzen zu oft vor dem Fernseher oder konsumieren täglich 2 Stunden oder länger andere Medien. Ist der Fernseher mal aus, ist vor allem der Junge sehr viel am «Gamen», stundenlang. Das Mädchen ist viel am Handy und verbringt dort Zeit mit «YouTube-Filmchen» oder in verschiedensten Chats. Fordern wir die Kinder auf, ihre Hausaufgaben oder etwas im Haushalt zu erledigen, passiert überhaupt nichts. Sie bleiben online. Auch wenn wir laut werden, es wird einfach nicht abgestellt. Wenn wir das WLAN abstellen, nützt das nichts, sie machen dann über den Zugang per Handy weiter. Nehmen wir ihnen die Geräte weg, dann bricht ein Familienkrach aus. Wir möchten den Medienkonsum reduzieren, denn gemeinsame Aktivitäten und Gespräche leiden. Zudem wissen wir nicht, was für belastender und nicht altersgerechter «Schrott» die beiden sich die ganze Zeit ansehen. Wie würdest du damit umgehen, ohne dass die Familie untergeht?
Antwort
Tja, der Medienkonsum hat auch bei Erwachsenen ein Mass erreicht, bei dem wir uns Sorgen machen sollten. Es gibt Stimmen, die in diesem Zusammenhang von einer «Verblödung» sprechen. Die Hirnforschung scheint solche Thesen zu erhärten. Die Frage, wie Eltern damit umgehen können, ist damit aber noch nicht geklärt. Die tägliche Auseinandersetzung und das Konfliktpotenzial daraus sind enorm. Wieso? Medienkonsum kann zur Sucht werden. Vergesst, dass Kinder einen vernünftigen Umgang selbst erlernen können. Es gibt leider nur eine Methode: Die Medien-Dosis muss der Erwachsene bestimmen. Kinder können es nicht, denn ihre Hirnfunktionen sind nicht reif dafür. Internet, Handy, Computerspiele sowie TV sind in unserer Gesellschaft omnipräsent. Sie dienen leider sogar als Babysitter, Ablenkungs- oder Beschäftigungsprogramm, während die Erwachsenen arbeiten oder etwas für sich tun wollen. Jugendliche beschäftigen sich lieber und immer mehr mit den elektronischen Freunden als mit den echten. Das ist auch einfacher, denn die E-Freunde sind immer da und mit diesen gibt es auch keine Konflikte. Eine Kontaktarmut kann sich entwickeln. Auch der Kontakt zwischen Kind und Eltern findet so vermehrt oberflächlich statt. Das fängt damit an, wenn Mütter und Väter mehr auf ihr Handy, als zum Baby im Kinderwagen oder zum Nachwuchs auf dem Spielplatz schauen. So fehlen die wichtige Achtsamkeit und Anteilnahme, die Beziehung beginnt zu verarmen. Auch reduziert sich die wertvolle Zeit realer gemeinsamer Erlebnisse und Erfahrungen. Dies wiederum kann sich fatal auf das Gehirn auswirken. Um zu Lernen braucht es die Wahrnehmung in der realen Welt. Nur dann kann das Kind und sein Gehirn mit allen Sinnen (Hören, Riechen, Sehen, Spüren) die Welt kennenlernen und sich ausgewogen entwickeln. Übermässiger Medienkonsum behindert nachweislich die Entwicklung der Konzentration, der Frustrationstoleranz, der Ausdauer und der Impulskontrolle. Mit anderen Worten: Die Reifung der kindlichen Psyche wird beeinträchtigt. Dazu kommen Ernährungs- und Schlafprobleme. Das einzige Mittel dagegen: Der Medienkonsum muss von uns beschränkt werden. Unsere Kinder können das nicht. Zeitliche Eingrenzung, Kindersicherung, medienfreie Zeit. Als Faustregel: Doppelt so viel Zeit wie der Medienkonsum verschlingt, sollte mindestens mit Aktivitäten in «der realen Welt» verbracht werden. Bringt eure Kids dazu, wieder viel in der Natur zu spielen, zu basteln, etwas zu bauen oder zu kochen. Bücher lesen, Hörspiele oder Musik anhören sind bedenkenlos, denn das fördert die Kreativität. Wird der positive Umgang mit Medien von euch vorgelebt, gelingt alles besser. Empfehlung: Kinder unter drei Jahren sollten nicht fernsehen und keine Computerspiele oder andere virtuelle Spiele nutzen. Im Kindergartenalter, wenn überhaupt, reichen 30 Minuten. Primarschulkinder sollten sich mit 60 Minuten Medienkonsum pro Tag zufriedengeben. Für ältere Kinder sind 90 Minuten pro Tag noch vertretbar. Noch etwas zu den Inhalten: Interessiert euch unbedingt dafür, was eure Kinder konsumieren. Fragt sie, warum sie dies schauen und beantwortet Fragen zum Gesehenen. Das Kind braucht keinen eigenen Fernseher in seinem Zimmer, es ist viel schöner einen Film gemeinsam anzusehen.
Auch sollte der TV nicht als Dauerberieselung immer laufen. Stellt eure eigenen Medienkonsum-Familienregeln auf und haltet euch dann daran. Beispiel: An zwei Tagen gibt es keinen TV, da wird gelesen oder gespielt. Am Wochenende sehen wir gemeinsam einen Film an. Während dem Essen und den Hausaufgaben bleiben alle Handys lautlos im «Sammelkorb». Ich hoffe, meine Inputs helfen dabei, den Medienkonsum in den Griff zu bekommen. Viel Glück beim «Dranbleiben», es lohnt sich.
Eure Erziehungsberaterin Iris Selby www.irisselby.ch
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