Die Schule war eine Herzensangelegenheit
09.07.2024 BirmenstorfAuf Ende Schuljahr hat Schulleiterin Gaby Zehnder nach 19 Jahren die Primarschule im Dorf verlassen – sie will sich neu ausrichten
Während fast zwei Jahrzehnten war die Schule von Birmenstorf eine Herzensangelegenheit für Gaby Zehnder. Die Qualität der Schule zu ...
Auf Ende Schuljahr hat Schulleiterin Gaby Zehnder nach 19 Jahren die Primarschule im Dorf verlassen – sie will sich neu ausrichten
Während fast zwei Jahrzehnten war die Schule von Birmenstorf eine Herzensangelegenheit für Gaby Zehnder. Die Qualität der Schule zu fördern war eines ihrer Ziele. Auf Ende Schuljahr hat sie ihre Aufgaben in neue Hände übergeben.
Gaby Zehnder (59) war mit Leib und Seele Schulleiterin. Auf Ende Schuljahr verliess sie die Schule Birmenstorf mit einem lachenden und einem weinenden Auge. 19 Jahre war sie an der Schule in der Schulverwaltung und seit 2010 als Schulleiterin tätig. Jetzt gönnt sie sich eine halbjährige Auszeit. Und bereits steht fest: Sie will sich danach neu orientieren.
«Ich werde nicht an eine andere Schule wechseln», sagt sie. Angedacht ist, im sozialen Bereich zu arbeiten. «Ich könnte mir auch vorstellen, als Trampilotin durch Zürich zu fahren», verrät sie. Noch ist nichts fix. Das werde sich in ihrer halbjährigen Auszeit weisen. «Während meiner Arbeit hätte ich keine Auszeit genommen», sagt sie. «Da die Schule mir immer am Herzen lag, hätte ich nicht loslassen können.» Nach fast zwei Jahrzehnten ist für sie nun der richtige Zeitpunkt gekommen, um einen neuen Schritt zu wagen. «Es fällt mir leichter, da bereits eine Nachfolgelösung gefunden wurde.»
Mehr Zeit für Hobbys und Familie
Seit 37 Jahren wohnt Zehnder mit ihrer Familie in Birmenstorf. «Mit meiner Arbeit an der Schule konnte ich dem Dorf etwas zurückgeben», führt sie aus. Damit spricht sie an, dass sie nicht nur das normale Pensum, 60 Prozent, absolvierte, sondern auch ausserhalb der Arbeitszeit erreichbar war. «Wenn ich etwas mache, dann mit 100 % Einsatz», sagt Zehnder. Herausfordernd sei die Zeit während Corona gewesen. So war sie an einem Sonntag mitten auf der Skipiste, als sie das Kontakt-Tracing informierte, dass am Montagmorgen ein Nachtesting der Mittelstufenklassen notwendig sei. Da war schnelles Handeln angesagt, ein Informationsschreiben an die Eltern musste schnellstens verschickt und das gesamte Nachtesting geplant werden. «Es war eine anspruchsvolle Zeit. Ich habe in dieser Zeit viel im Gesundheitsbereich gelernt», verrät sie.
Auch das Aufgleisen von Fernunterricht und die Erarbeitung eines Konzeptes in kurzer Zeit seien sehr intensiv gewesen. Doch es habe alles bestens geklappt. Und die Eltern der Schulkinder hätten super bei allen Änderungen mitgemacht.£
Kaum war die Corona-Krise vorbei, folgte mit dem Ukraine-Krieg die nächste Herausforderung. Flüchtlingskinder mussten in bestehende Klassen integriert werden. Einige hatten viel erlebt und benötigten besondere Unterstützung.
Während ihrer 19-jährigen Laufbahn gab es auch einige Änderungen im Schulsystem. So fand 2010 die grosse Abstimmung zum Bildungskleeblatt statt. Die Primar- und Realstufe befanden sich zu dieser Zeit in Birmenstorf. Der damalige Schulleiter Stefan Künzi machte sich stark für eine Oberstufe im Dorf. Seine Idee war, alle Oberstufenzüge an einem Standort zu bündeln, um eine bessere Niveaudurchmischung zu erreichen. Dies war Teil des Bildungskleeblattes, bei dem es um die Einrichtung einer Modellschule ging. Die Birmenstorfer wollten das jedoch nicht. Die Tatsache, dass lediglich die Realschule im Dorf war, wurde von Künzi als suboptimal erachtet. Aus diesem Grund setzte er sich für eine Verlagerung der Realschule nach Baden ein. Mit der Umsetzung wechselte Künzi als Oberstufenleiter nach Baden.
In Birmenstorf wurde eine neue Schulleitung aufgebaut. Gaby Zehnder übernahm zu ihrer Tätigkeit in der Schulverwaltung zusätzlich die administra tive Schulleitung. Die Schulleitung hat sie sich seither mit zwei pädagogischen Schulleitern geteilt. Seit vier Jahren besteht sie nur noch aus zwei Personen.
Qualität muss weitergeführt werden
2012 führte die Schule erstmals eine externe Schulevaluation durch, wie die Schule dasteht. «Wir hatten in allen Sparten eine grüne Ampel. Doch darauf ruhten wir uns nicht aus. Die Qualitätssicherung wurde stetig ausgebaut. 2016 fand eine weitere Evaluation statt, und 2018 entstand ein umfassendes Qualitätsmanagement-Konzept. «Ich war für die Planung und Umsetzung zuständig. Für mich fängt die Qualität beim Wohl der Kinder an. Das muss immer im Zentrum stehen.» Man müsse den Kindern ihre Freude am Lernen bewahren. So könne man ihnen die Grundlage für lebenslanges Lernen mit auf den Weg geben.
«Das passiert zum Beispiel bei projektbasiertem Unterricht. Damit dies auch klappt, braucht es ein funktionierendes Team.» Die gute Qualität spiegle sich aber auch im guten Ruf der Schule wider. So hätte vakante Stellen bisher immer mit Fachlehrpersonen besetzt werden können. Eine Ausnahme bilden wegen des Fachkräftemangels Lehrpersonen in der Heilpädagogik.
Fortschrittliche Schule
Bevor der Lehrplan 21 kam, setzte die Schule Birmenstorf seit 2000 auf eine integrative Schule. Gut meistern konnte die Schule auch den Ausbau von fünf auf sechs Jahre Primarstufe. «An unserer Schule wird bereits seit einigen Jahren altersdurchmischt unterrichtet. Durch den Lehrplan 21 mussten dann alle Schulen den individualisierten Unterricht einführen. «Für unsere Schule brachte der Lehrplan 21 keine extremen Änderungen, da wir Vieles bereits seit Jahren praktizieren. Die Schulleitung ist immer mit dem Kanton und der Politik im Austausch.»
Miterlebt hat Zehnder auch den Ausbau der Schulinfrastruktur. Im Jahr 2014 wurde das alte Schulhaus saniert und fünf Jahre später die gesamte IT-Infrastruktur erneuert. Im Februar 2021 wurde der Anbau Träff fertiggestellt. «Es hat ein paar Jahre gedauert bis die Schulraumerweiterungsplanung und -Ausführung fertig war. Wir sind aber froh, dass wir nun für die nächsten Jahre über genügend Schulraum verfügen.»
Zehnder kann auf eine gute Zeit in der Schule zurückblicken. Mit ihrem Weggang mache sie auch den Weg frei, damit Neues entstehen kann. Langweilig wird es ihr in ihrer Auszeit nicht. Sie will sich Dingen widmen, die in der Zeit als Schulleiterin zu kurz kamen. Wichtig ist ihr dabei ihre Familie. Weiterführen werde sie ihr Engagement im Verein «Kunschtriich». Der Verein stärkt und fördert die Kreativität bei Kindern. Ansonsten wird sie sich ihren Hobbys widmen, dem Wandern, dem Biken und Skifahren in den Bergen.
Debora Gattlen