Eine Spielerin mit Hirn, Herz und Hand
31.07.2024 Sport, VolleyballLuana Petris (20) aus Stetten hat den Sprung in die Volleyball-NLA geschafft
Von Aarau ins Toggenburg: Die Sport-Kanti-Absolventin Luana Petris wird Ende September ihren ersten Match mit dem NLA-Club Volley Toggenburg spielen.
Noch vor dem VBC Mellingen war ganz etwas anderes: Luana ...
Luana Petris (20) aus Stetten hat den Sprung in die Volleyball-NLA geschafft
Von Aarau ins Toggenburg: Die Sport-Kanti-Absolventin Luana Petris wird Ende September ihren ersten Match mit dem NLA-Club Volley Toggenburg spielen.
Noch vor dem VBC Mellingen war ganz etwas anderes: Luana Petris’ erster Sport war das Ballett. Durch ihren Vater, der als Skispringer Leistungssport machte und auch heute hobbymässig Volleyball spielt, kam die Tochter auf den Geschmack: «Ich hatte sehr schnell ein Gefühl für diesen Sport, eine gute Ballkontrolle.» Diese Erfolge machten Lust auf mehr; dazu kommt die Tatsache, dass sich Luana mehr als Teamplayerin und weniger als Einzelkämpferin sieht.
Fortschritte und Erfolge
Noch immer sind es die Erfolge, die Luana Petris motivieren – abgesehen von der Sportbegeisterung, die sie mit der ganzen Familie teilt: Die beiden jüngeren Brüder spielen beim FC Tägerig, die Mutter ist gerne zu Fuss in der Natur unterwegs. «Ich kann mich noch genau an das Gefühl erinnern, als ich zum ersten Mal einen Service von oben übers Netz brachte.» Und da sich die Fortschritte und Erfolge regelmässig einstellten, blieb Luana Petris im wahrsten Wortsinn am Ball. Noch in der Zeit beim VBC Mellingen wurde sie ins aargauische Regionalkader berufen. Nach Mellingen folgten drei Jahre beim VBC Kanti Baden, wo sie erste Erfahrungen auf nationalem Niveau machen konnte. Die vergangenen vier Jahre trainierte und spielte Petris in Aarau beim Nationalen Nachwuchsverein NNV, einer Talentschmiede, die viel Wert auf umfassende Ausbildung junger Sportlerinnen und Sportler legt. Mit diesem Team des BTV Aarau durfte sie unter anderem den U19-Schweizermeistertitel feiern. Zeitgleich war sie Spielmacherin der U19-Nationalmannschaft, mit der sie diverse Spiele und Turniere im In- und Ausland bestritt.
Viel Gestaltungsspielraum
Daneben absolvierte Luana Petris das Sportgymnasium und hat seit diesem Sommer ihre Matura in der Tasche. Ein möglicher nächster Schritt wäre ein Psychologiestudium. Doch zuerst möchte sie sich ganz auf Volleyball konzentrieren: Ab August gehört sie zum Kader des NLA-Clubs Volley Toggenburg. Als erste Zuspielerin.
Ein rechter Brocken Verantwortung: Die Zuspielerin ist gewissermassen das Mastermind auf dem Platz, diejenige Position, die über den nächsten Spielzug entscheidet und gleichzeitig bereits den übernächsten antizipieren muss. «Das ist genau das, was mir so grossen Spass macht: Ich berühre jeden Ball in einem Ballwechsel, muss immer einen Game Plan haben. Ich entscheide, welche Angreiferin den Ball bekommt, wo die Möglichkeit besteht, dass eine Ein-Block-Situation entsteht. Wenn das gelingt, macht das unglaublich viel Spass.»
Die Tatsache, dass man als Zuspielerin eher weniger direkte Punkte erzielt, macht ihr nichts aus: «Mir gibt es sehr viel, zu wissen, dass eine andere Spielerin dank meiner Vorarbeit einen Punkt machen konnte.» Vieles sei aber auch einfach Training, Wiederholungen: «Ich bin hineingewachsen in diese Position. In jungen Jahren spielen alle auf jeder Position, doch mit der Zeit kristallisierten sich die Rollen heraus.» Der Trainer habe ihr dann das Zuspiel vorgeschlagen – sie hatte damals schon eine gute Ballkontrolle, konnte schöne, genaue Pässe spielen. Dazu kam auch, dass Petris mit ihren 1.74 Meter nicht die Grösste im Team ist. «Heute kann ich mir keine andere Position mehr vorstellen.»
Diese verantwortungsvolle Rolle, gerade in einem neuen Team, ist manchmal auch mit Druck verbunden. «Es gibt Tage, da realisiere ich gar nicht, dass ich nächste Saison für eine NLA-Mannschaft auf dem Platz stehen werde», sagt sie. Helfen werde ihr sicher, dass sie aus Aarau viel positives Feedback ins Toggenburg mitnehmen könne: «Ich bin vor allem dankbar, dass man mir dieses Vertrauen gibt, dass man an mich glaubt. Das ist auch eine grosse Beruhigung. Ich weiss, dass Sport eine Achterbahnfahrt ist: Es gibt gute Tage und schlechte Tage.»
Wie lange es dauern wird, bis Petris im neuen Team angekommen sein wird, kann sie nicht einschätzen: «In Aarau waren wir wirklich eins. Aber ich weiss auch, dass man zusammenwächst, wenn man sich so oft sieht. Zwar kenne ich im Moment viele der Spielerinnen im Toggenburg noch nicht, freue mich aber darauf, sie kennenzulernen und auch mit Ausländerinnen auf dem Feld zu stehen.»
Es ist diese professionelle, besonnene und disziplinierte Art, die Luana Petris in kürzester Zeit dorthin gebracht hat, wo sie heute ist – in der NLA, mit einem Matura-Abschluss. Aber auch ihr sportlicher Ehrgeiz: «Ich denke, wir sind in der Familie alle sehr ehrgeizig», sagt sie, das zeige sich auch mal in den Familienferien, zum Beispiel beim Minigolf.
Das Spiel lesen können
Was macht eine gute Zuspielerin aus? Zum einen sicher die Spielintelligenz – «Zuspielerinnen und auch Liberas sind oft eher ältere Spielerinnen, weil die Erfahrung sehr wichtig ist», sagt die 20-jährige Luana Petris. Das Spiel lesen können, einen Plan haben. Und dann eben auch die Fähigkeit, präzise Pässe zu spielen.
Für ihren weiteren Weg ist die Rolle bei Volley Toggenburg wichtig für Petris: «Ich möchte auf dem Feld stehen, nicht auf der Bank sitzen. Nur so kommt man voran und wird gesehen.» Ein wesentlicher Punkt gerade für eine Zuspielerin: «Da man in dieser Rolle eher Punkte vorbereitet als selber macht, taucht man kaum in Statistiken auf. Man muss also wirklich beim Spielen überzeugen.»
Ein Top-Verein in der Schweiz wäre sicher ein Ziel, auch das Nationalteam. Ein weiterer Traum wäre natürlich das Ausland. «Im Moment finde ich es aber schon unglaublich, mit 20 in einer NLA-Mannschaft erste Zuspielerin sein zu dürfen», sagt Luana Petris. Die Zeit wird für sie spielen.
Susanne Loacker