Beat Schlatter hielt ihre Hand am Spitalbett
11.10.2024 Fislisbach, Region ReusstalAntonia Colacino spielte als Statistin beim Schweizer TV-Film «Bon Schuur Ticino» mit und war auch bei der Filmpremiere dabei
Sie wollte als Mädchen in die Fussstapfen von Shirley Temple treten. Fast 50 Jahre später ist Antonia Colacino auf der Kinoleinwand zu sehen. Und ...
Antonia Colacino spielte als Statistin beim Schweizer TV-Film «Bon Schuur Ticino» mit und war auch bei der Filmpremiere dabei
Sie wollte als Mädchen in die Fussstapfen von Shirley Temple treten. Fast 50 Jahre später ist Antonia Colacino auf der Kinoleinwand zu sehen. Und das Händchen haltend mit Schauspieler Beat Schlatter.
Wie schlecht können Sie Französisch sprechen», wurde Antonia Colacino beim Telefoninterview für das Casting gefragt. Und damit überzeugte Colacino. Sie wurde ausgewählt, um beim Schweizer TV-Film «Bon Schuur Ticino» als Statistin mitzuspielen. Sie durfte sogar einen Satz sprechen. Dies zwar nicht auf Französisch, sondern auf Deutsch. Die Szene spielte in einem Krankenhauszimmer im Spital in Kilchberg. Colacino liegt für die Szene einbandagiert im Spitalbett und schaut die TV-Nachrichten. Auf die Frage von Silvia Jost «was isch los», die im gleichen Zimmer lag, musste sie sagen: «Es isch Krieg, es isch Bürgerkrieg!» Für die Dreharbeiten waren nicht nur die Schauspieler, sondern auch die Filmcrew im Krankenzimmer. Die Szenen wurden mehrmals gedreht. Trotz engen Platzverhältnissen sei der Dreh sehr angenehm gewesen. «Beim ersten Dreh, musste ich loslachen», verrät Colacino. Beat Schlatter stürmte in das Zimmer, kam zu ihr ans Bett und hielt ihre Hand. Er sagte: «Mame, was häsch du gmacht, was isch passiert?»
Zerzauste Haare und Bandagen
Bei den Dreharbeiten wurde auf jedes Detail geachtet. So auch bei der Szene im Spital. So sagte Regisseur Peter Luisi zu Schlatter: «Jetzt bist du vom Tessin an das Bett deiner Mutter geeilt und siehst so geschniegelt aus!» Schlatter fuhr sich darauf durch seine Haare und sorgte für das passend zerzauste Aussehen. Bei der Szene mit Colacino verwechselte Schlatter seine Mutter. Die echte Mutter (Silvia Jost) liegt gleich neben Colacino und klärt das Missverständnis umgehend auf.
Bei der Anfrage für die Statistenrolle, wurde Colacino lediglich gesagt, dass sie eine spezielle Rolle spielen darf. Als sie erfuhr, dass sie für die Rolle einer Patientin vorgesehen war, bedingte sie sich eine kurze Bedenkzeit aus. Ein Jahr zuvor musste sie sich einer Herzoperation unterziehen. Ein erneuter, wenn auch kurzer Spitalaufenthalt, war nicht das, was Colacino sich wünschte. «Ich sagte mir aber, dass ich mich glücklich schätzen darf, wenn ich dabei sein darf und deshalb nicht heikel bei der Rolle sein darf», verrät sie.
Pause im Bett verbracht
Für den Dreh traf Colacino um 13 Uhr ein. Sie wurde von einem Crewmitglied auf Englisch empfangen. «Ein Mitarbeiter sagte mir, dass er mich hineinbringe und ob ich etwas essen wolle.» Die ganze Film-Crew veranstaltete während der Mittagspause vor dem Spital im Garten ein Picknick. «Ich war nicht nervös. Essen wollte ich trotzdem nichts», sagt Colacino. So wurde sie zum Zimmer begleitet, wo der Dreh stattfand. Zwei Mitarbeitende bandagierten ihr den ganzen Oberkörper ein. Zu sehen waren nur noch ihre Augen. «Ich erhielt auch Anweisungen, wie ich schauen muss», sagt sie.
Als sie fertig einbandagiert war, habe sie ihre Schwiegertochter, welche in den USA als Pflegefachfrau arbeitet per Video-Call angerufen. Diese habe entsetzt gefragt, was sich ereignet habe. Die Erleichterung war gross, als sie den wahren Grund erfuhr. Der Dreh habe bis 18 Uhr gedauert, sei aber trotzdem erträglich gewesen. «Ich konnte ja nur im Bett liegen und hatte es bequem», führt sie aus. Sie habe auch die Pause im Bett verbracht und die restlichen Drehszenen von dort aus mitverfolgt. Ein Tontechniker habe während des ganzen Drehs immer wieder gesagt, dass sie genügend trinken solle.
Eine Einladung für die Premiere
Überrascht war Colacino, als sie nach dem Dreh eine Einladung für die Filmpremiere und die Aftershow Party erhielt. Diese fand in Zürich im «Corso» statt. Ein roter Teppich war für die Schauspieler ausgerollt. Colacino kam in Begleitung von ihrem Mann Nino. Dieser kennt die Partnerin von Schauspieler Leonardo Nigro. «Die beiden arbeiteten früher zusammen», sagt Colacino. Nigro liess es sich nicht nehmen, zusammen mit Antonia Colacino für ein Foto zu posieren. Nach der Filmpremiere wurden alle Schauspieler gebeten auf die Bühne zu gehen. Colacino blieb im Zuschauerraum sitzen. «Das wäre als Statistin zu viel der Ehre gewesen», verrät sie. Speziell sei auch die Aftershow Party im «Mascotte» gewesen. Dort hätten sie den in Fislisbach aufgewachsenen Urs Gredig, bekannt aus der TV-Sendung «Gredig direkt», getroffen. «Er ist mit dem Bruder meines Mannes in Fislisbach zur Schule gegangen. Er hat meinen Mann sofort erkannt», sagt sie. Und natürlich unterhielt man sich über Fislisbach.
Wie kam sie zu den Statistenrollen?
2017 sah ihr Mann Nino Colacino den Aufruf für Statistenrolle für den Schweizer Film «Flitzer». «Er hat uns angemeldet», sagt sie. «Wir haben lange nichts gehört.» Umso erstaunter waren sie, als sie einen Anruf erhielten und ihnen mitgeteilt wurde, dass sie für sie eine spezielle Rolle vorgesehen sei. Sie könnten beim Dreh vom Film Flitzer an einem Apéro mit Bundesrat Moritz Leuenberger teilnehmen. «Wir waren in dieser Szene nur kurz von hinten zu sehen», führt Colacino aus. Nach dem Dreh wurde Nino Colacino für weitere Drehs als Fussballtrainer angefragt. Die Szenen wurden in verschiedenen Stadien, wie Baden und Kriens gedreht.
Bereits wieder eine Anfrage
Für die Statistenrolle bei «Bon Schuur Ticino» habe sie sich nicht gemeldet, sondern sei angefragt worden. «Es war eine sehr schöne Erfahrung nebst erfahrenen Schauspielern zu agieren», sagt sie. «Ich wollte als Mädchen so werden wie die Schauspielerin Shirley Temple. Mit zehn Jahren fand ich aber, dass es nun zu spät sei, um Schauspielerin zu werden», sagt sie. Umso erstaunlicher sei, dass sie als gelernte Bankkauffrau im Alter es doch noch zum Film geschafft habe. Bereits habe sie wieder eine Anfrage für eine Statistenrolle erhalten. Dieses Mal für einen bekannten TV-Film. «Leider war es wieder für eine Rolle als Patientin. Ich habe mitgeteilt, dass ich dieses Mal nicht eine Patientin spielen möchte. Für alle anderen Rollen sei ich offen. Ich bin gespannt, ob sich trotzdem etwas ergibt.»
Debora Gattlen