Theaterstück unter Beschuss
Uiuiui! Da will eine Punksängerin und Regisseurin in der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Lenzburg das Theaterprojekt «Ausbruch» inszenieren. Darin seien die Texte «verstörend und männerverachtend», ...
Theaterstück unter Beschuss
Uiuiui! Da will eine Punksängerin und Regisseurin in der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Lenzburg das Theaterprojekt «Ausbruch» inszenieren. Darin seien die Texte «verstörend und männerverachtend», monieren ein paar Grossratskolleginnen und -kollegen aus SVP, FDP und der Mitte. Ausserdem präsentiere sich die Regisseurin auf Fotos mit nackten Brüsten, deren Brustwarzen einzig mit Klebern verdeckt sind. Dadurch könnte sich ein potenzieller Sexualstraftäter (in der Anstalt?) motiviert fühlen. Das ist natürlich völlig nachvollziehbar, schliesslich befinden wir uns ja nicht in einem Freibad, wo nackte (unverklebte) Brüste zum Alltag gehören. Was genau ist das Problem dieser rechts politisierenden Gruppe? Hat sie Angst, dass die JVA die Sicherheit nicht gewährleisten kann? Dass das Projekt den Kanton etwas kosten könnte (obwohl der Kanton Aargau seit Jahren eine positive Jahresbilanz aufweist)? Oder etwa, dass unangenehme Fragen zum allgemeinen Rollenverständnis aufgeworfen werden? Wenn man bedenkt, wie viele Frauen in den letzten zwei Jahrtausenden einen Krieg angezettelt haben, wie gross der Anteil der Frauen an Amokläufen und Terroranschlägen war, oder wie viele Frauen und wie viele Männer infolge von Beziehungskonflikten jährlich ums Leben kommen, sind solche kritische Fragen nicht ganz unberechtigt. Und natürlich erschweren sie das Begründen, warum wir an diesen reaktionären, patriarchalen Strukturen festhalten sollten.
Ist es nicht eine Verschwendung von Ressourcen, wenn sich der ganze Grossrat mit den (meiner Ansicht nach lächerlichen) persönlichen Problemen von fünf Mitgliedern befassen muss? Sind unsere existenziellen Probleme nicht eher global?
Urs Weber, Scheunengasse, Mellingen