Eine Herausforderung für Körper und Geist
23.04.2025 SportZwei Frauen und zwei Männer möchten rudernd den Atlantik überqueren – für einen guten Zweck und um der Challenge wegen
Pascal Bircher aus Fislisbach möchte mit zwei Kolleginnen und einem Kollegen aus dem 2026 über den Atlantik rudern. Was treibt die ...
Zwei Frauen und zwei Männer möchten rudernd den Atlantik überqueren – für einen guten Zweck und um der Challenge wegen
Pascal Bircher aus Fislisbach möchte mit zwei Kolleginnen und einem Kollegen aus dem 2026 über den Atlantik rudern. Was treibt die Gruppe an, wie bereiten sie sich vor?
Es ist ein grauer, verregneter Tag am Thunersee. Eigentlich hätten Manuela Wettstein, Pascal Bircher, Eivind Helland und Valerie Zellweger von ihrem ersten gemeinsamen 24-Stunden-Training zurückkommen sollen. Doch so wollten sie nicht anfangen und unternahmen stattdessen eine Wanderung.
Das Boot, «Heidi», liegt im Wasser. Neun Meter lang und leer rund 850 Kilogramm schwer ist es, und sowohl unsinkbar als auch sicher vor Schwertfisch-Attacken. Drei Personen können gleichzeitig rudern, im Bug und im Heck gibt es Liegemöglichkeiten. Eine Solaranlage kann Trinkwasser aufbereiten. Das WC ist ein Plastikeimer. Zu essen wird es gefriergetrocknete Fertignahrung geben, und zwar viel davon: Zwischen 5000 und 7000 Kalorien sollten die Sportlerinnen und Sportler täglich konsumieren. Dennoch rechnen sie damit, während der Überfahrt rund zehn Prozent ihres Körpergewichts zu verlieren.
Daran, dass die vier vorhaben, rund 45 Tage auf See zu verbringen und rund 4800 Kilometer von La Gomera bis Antigua zu rudern und sich all diesen Mühen und Einschränkungen auszusetzen, ist Pascal Bircher aus Fislisbach schuld. Schon jahrelang hatte er das «World’s Toughest Row», das härteste Ruderrennen der Welt, mitverfolgt. «Und irgendwann dachte ich mir: Diese Challenge möchte ich auch einmal erleben.» Dass seine Frau nicht mitmachen würde, war von Anfang an klar. Bircher erzählte seinem ehemaligen Arbeitskollegen Eivind Helland, einem in Baden lebenden Norweger, von seiner Idee. Der sagte spontan nein. Doch ein paar Wochen und einige You Tube-Videos später hatte es sich der 50-Jährige anders überlegt.
Die beiden gingen gedanklich ihre Bekanntenkreise durch, fragten auch zwei Kollegen an, die jedoch dankend ablehnten. «Dann war ich eines Morgens wegen meiner Schulter in der Physiotherapie», sagt Bircher, der eine Vergangenheit als NLA-Badminton-Spieler hat. Er erzählte seiner Physiotherapeutin Manuela Wettstein von seinen kühnen Plänen. Zu diesem Zeitpunkt hatten Bircher und Helland bereits zwei Kolleginnen angefragt. «Ich dachte also nicht im Traum daran, dass es für mich selbst ein Thema wäre, obwohl ich das Projekt extrem spannend fand», erinnert sich die Fislisbacherin. Den Satz «Ruf mich an, falls die beiden Frauen absagen», habe sie mehr im Scherz gesagt.
Bis zu sechs Meter hohe Wellen
Eines Sonntags kam der Anruf. Nach einem gemeinsamen Abendessen und der Besichtigung des Bootes, mit dem die Atlantiküberquerung geplant ist, sagte Manuela Wettstein zu. Und sie erzählte einer Patientin davon: Valerie Zellweger war zu diesem Zeitpunkt wegen einer Kreuzband-Operation bei Manuela in Behandlung. Valeries spontane Reaktion: «Und wer ist die zweite Frau?» Auch Valerie Zellweger googelte, schaute sich Videos an – und sagte dann zu. Das Quartett war komplett.
Wer von den vier Personen von «United4Hope» liest, kommt zuerst einmal auf den Gedanken, dass es sich bei den zwei Frauen und zwei Männern um zwei Paare handle. Für die vier ist es ein klarer Vorteil, dass sie Kolleginnen und Kollegen sind. Manuela Wettstein sagt: «Ich glaube, man kann viel direkter kommunizieren, wenn man keine Paarbeziehung aufs Spiel setzt.» Alle vier sind sehr sportlich unterwegs, wenn auch völlig unterschiedlich. Rudern gehörte allerdings bei niemandem der vier bisher dazu.
Auch wenn der 12. Dezember 2026, dem geplanten Start in La Gomera, noch sehr weit weg ist, läuft das Timing. Zum einen geht es um die persönliche Vorbereitung, die vor allem auf Ausdauer angelegt ist: Im Zwei-Stunden-Takt wird gerudert werden, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, rund 4800 Kilometer weit. «United4Hope» rechnet mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund viereinhalb Stundenkilometern, weil der Atlantik im Winter stürmisch sein kann: «Wir wissen, dass wir mit Wellen von bis zu sechs Metern Höhe rechnen müssen», sagt Eivind Helland.
Die zweite grosse Challenge, die parallel läuft, ist die Suche nach Unterstützerinnen und Unterstützern. Da ist zum einen ein beachtliches Budget, das gedeckt sein will: Allein das Boot, das das Quartett bereits gekauft und privat finanziert hat, schlägt mit 55 000 Franken zu Buche. Nach dem Rennen wollen die vier es natürlich wieder verkaufen. Dann sind da Startgeld, Kosten für die Vorbereitung und restliche Ausrüstung. Und schliesslich hat die Mission das sehr konkrete Ziel, jeden Franken, der nach den Ausgaben übrigbleibt, an die Badener Charity «Hope» zu spenden – daher auch der Name des Projekts. Dazu kommt das Problem, dass man ein Neun-Meter-Boot nicht einfach in irgendeinem Schweizer See parkieren kann, bis man wieder trainieren geht. «Super für uns wäre es natürlich, wenn es irgendwo im Aargau eine Person gäbe, die einen Bootsplatz oder eine Boje hat und uns den Platz zur Verfügung stellen könnte», sagt Pascal Bircher. «Der Hallwilersee wäre sehr viel handlicher, weil wir das Boot dann nicht immer transportieren und ein- und auswassern müssten und auch mal spontan an einem Abend trainieren könnten.»
Susanne Loacker