Erst Tempo 30, dann Fahrverbot, «gohts no?»
11.04.2025 LeserbriefeZum Artikel «Mit Fahrverbot Schleichverkehr ausbremsen» über die verfügte Verkehrsbeschränkung auf der Grossfeldstrasse in Wohlenschwil, «Reussbote» vom 4. April.
Autos auf der Grossfeldstrasse seien Spaziergängern, Reitern und Eltern von ...
Zum Artikel «Mit Fahrverbot Schleichverkehr ausbremsen» über die verfügte Verkehrsbeschränkung auf der Grossfeldstrasse in Wohlenschwil, «Reussbote» vom 4. April.
Autos auf der Grossfeldstrasse seien Spaziergängern, Reitern und Eltern von Schulkindern ein Dorn im Auge. Dabei vergessen wir gerne, dass die meisten von uns auch Auto fahren – vielleicht sogar mal eine Busse für zu schnelles Fahren bezahlt haben. Sicher halten sich seit der ersten Busse alle an die geltenden Geschwindigkeitsgrenzen, oder? 2012 führte die Gemeinde Wohlenschwil flächendeckend Tempo 30 ein. Nun soll ein Fahrverbot die Grossfeld-Besucher und Bauernhof-Einkäufer vertreiben, die korrekt fahrenden Anwohner verunsichern und alle Spaziergänger schützen. Würde das Fahrverbot Kinderwagen und Rollstuhlfahrer ausnehmen, dafür alle E-Bikes, E-Scooter, Rollbretter, Dreiräder, Velo-Anhänger und sonstige Räder einschliessen, bin ich sehr dafür!
Seit die Überbauung Grossfeld-Nüeltsche 2014 in Planung ging, sucht der Gemeinderat die Sicherheit der schwächsten Verkehrsteilnehmer mit Eltern, Verkehrsplanern, Polizei und durch Informationen via Schule und Gemeinde-Blatt zu schützen. An einigen dieser Gespräche durfte ich bis 2021 mitwirken. Der gelb gestreifte Trottoir-Rand war schliesslich die einzig sinnvolle Lösung, ohne den Kin- dern eine vermeintliche Sicherheit vorzugaukeln. Denn Warte-Luege-Lose-Laufe verhindert immer noch am meisten Unfälle. Es schult Aufmerksamkeit und Verantwortung bei den Kleinsten, dass sie selbstbewusst und aufmerksam am Verkehr teilnehmen – solange sie zu Fuss lernen.
Aber um Himmels willen, die allseits beliebten Scooter sind keine Fahrzeuge, sondern Spielsachen, genauso wie Segways, Rollbretter, Roller-Skates und Baby-Cars mit oder ohne Motor – von Elektro-Fahrzeugen ganz zu schweigen. Liebe Eltern, wie sollen Kinder laufen lernen, wenn sie es dank Rädli gar nicht müssen? Schon lange muss die Schule Scooter-Parkplätze vorsehen – wo doch besser Platz zum Rennen da wäre. Stattdessen leiden die «rollenden» Kinder am fehlenden Gleichgewicht, Stürzen, einseitiger Haltung, zu wenig Bewegung und damit einhergehendem Übergewicht. Nehmen wir ihnen die Möglichkeiten einer gesunden Entwicklung nicht weg! Lassen wir sie das Abenteuer Schulweg und Verkehrswahrnehmung selbstbewusst erkunden, am Anfang begleitet durch Mama, Papa oder Nachbarin – die ihr Handy bewusst wegstecken und den Kindern ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken! Ein Fahrverbot vermittelt trügerische Sicherheit, denn Zubringer und weitere Fahrzeuge auf Rädern bergen weiterhin Gefahren.
Meine drei eigenen Kinder nahmen 1200 Meter Schulweg vom Dorfende in Büblikon bis nach Wohlenschwil unter die Füsse, später unter die Veloräder. Ich kenne die Ängste besorgter Eltern, aber auch den Verkehr auf der Grossfeldstrasse, die ich zwei-, dreimal die Woche zu Fuss kreuze. Das Fahrverbot ist definitiv der falsche Ansatz, denn wie diese Zeitung schreibt: 85 Prozent der gezählten Fahrzeuge fuhren ausserorts maximal 50 Stundenkilometer, und an Wochenenden werden faule Ausflügler auch mit Fahrverbot als Zubringer beim Spielplatz ihre Autos auf dem nicht vorhandenen Parkplatz abstellen, wie entlang der Grossfeldstrasse. Übrigens: In England und Frankreich lässt man die Autos am Strassenrand parkieren, dass nur eine Fahrzeugbreite Platz bleibt oder man lässt Hecken entlang wachsen, die die Sicht einschränken – Geschwindigkeitsreduktion kostengünstig und effizient.
Nadia Diserens, Wohlenschwil