Übungshalber an die Grenzen gehen
11.07.2025 SportDie vier Ruderer von United4Hope waren mit ihrem Boot «Heidi» zum ersten Mal auf dem Meer
Pascal Bircher und Manuela Wettstein aus Fislisbach waren zusammen mit Eivind Helland und Valerie Zellweger in Holland.
Manuela Wettstein und Pascal Bircher, beide ...
Die vier Ruderer von United4Hope waren mit ihrem Boot «Heidi» zum ersten Mal auf dem Meer
Pascal Bircher und Manuela Wettstein aus Fislisbach waren zusammen mit Eivind Helland und Valerie Zellweger in Holland.
Manuela Wettstein und Pascal Bircher, beide aus Fislisbach und die Hälfte des Quartetts «United4Hope», sind mit ihrem Boot «Heidi» nach Holland gereist. Denn das Viererteam hat kühne Pläne und ein klares Ziel vor Augen: Ende 2026 wollen sie am härtesten Ruderrennen der Welt teilnehmen, rund 4800 Kilometer über den offenen Atlantik (der «Reussbote» berichtete). Dazu sind viele Vorbereitungsschritte nötig. Zwei haben sie nun im Juni gemacht: Zum einen besuchten die vier in Holland Mark Slats. Slats ist nicht nur der Mann, der die «Heidi» gebaut hat, sondern er ist auch Weltrekordhalter. Er ist schon dreimal über den Atlantik gerudert und hält den Weltrekord sowohl im Einer als auch im Zweier. Bei der letzten Ausführung hat er das Rennen in einem Vierer-Team gewonnen. «Es war sehr spannend und lehrreich, sich mit ihm auszutauschen», sagt Manuela Wettstein. Zusammen mit Mark Slats haben sie und Pascal das Boot durchgeschaut und sich auch vieles erklären lassen. Denn auf hoher See wird einiges davon abhängen, wie gut die vier Ruderer ihr Boot im Griff haben und auf alle möglichen Situationen reagieren können.
Gemeinsam checkte man auch alle Systeme und die Elektronik durch und wollte herausfinden, ob noch Veränderungen oder Anpassungen nötig seien. Es war so weit aber alles in Ordnung, bis auf kleine Details, die man noch verbessern konnte, zum Teil kosmetischer Art. Die «Heidi» war nun also bereit für ihren ersten Einsatz auf dem offenen Meer.
Nun kam der zweite Schritt. Gemeinsam mit Mark Slats wurde eine Route festgelegt, die ungefähr 65 Stunden dauern sollte. Ein erster grosser Test für die vier Ruderer mit allem, was dazugehört. Abwechslungsweise rudern, schlafen auf dem Boot, essen auf dem Boot, aufs WC gehen auf dem Boot, Kontakt mit anderen Schiffen, die Planung von Gezeiten und Strömungen und Wind.
Am Mittwochabend ging es dann los. Die vier ruderten Richtung Nordsee. Natürlich nicht ohne zuvor einen sogenannten «Passage Plan» erstellt zu haben, damit das Team wusste, wann es ungefähr wo sein musste, um optimal auf Ebbe, Flut, Strömungen und Wasserstände reagieren zu können und auch damit die Flut auf ihrer Seite sei und man nicht dagegen anrudern müsste. Ausserdem gab es Stellen mit Untiefen, die man bei Ebbe gar nicht gefahrlos hätte passieren können.
Auf der Nordsee kamen die vier dann zum ersten Mal mit richtigen Wellen in Kontakt und realisierten, dass die saubere Rudertechnik, die sie sich angeeignet hatten, manchmal einfach nicht mehr umsetzbar ist: «Manchmal waren wegen der Wellen einfach nicht mehr beide Ruder im Wasser, oder wir mussten uns festhalten, wenn Wellen von der Seite kamen», erklärt Wettstein. Die vier versuchten auch Abläufe festzulegen: Wer rudert wann, wer macht wann Pause, in was für Intervallen wird gewechselt?
Über den Atlantik möchten sie jeweils in zwei Stundenschichten zu zweit rudern. Bei der Testrunde ruderten jeweils auch zwei Leute, allerdings musste immer eine dritte Person steuern, weil sie den Autopilot nicht verwenden konnten. Das bedeutete, dass es pro Person weniger Pausen gab.
Auf der Rückreise musste das Team einen Kanal passieren. Dort gab es herausfordernde Situationen. Zum Beispiel herrschte sehr viel Schiffsverkehr, es gab auch sehr grosse Schiffe, gar Tanker. Kombiniert mit dem wenigen Schlaf und der körperlichen Anstrengung entstanden so einige Stresssituationen und es war spannend für die Teammitglieder zu lernen, wie die einzelnen Personen darauf reagieren und damit umgehen. Es gab auch erste Unstimmigkeiten und Meinungsverschiedenheiten. Innerhalb von drei Tagen haben die vier Ruderer nun 120 Seemeilen zurückgelegt. Das ist ungefähr ein Fünfundzwanzigstel derjenigen Strecke, die sie Ende 2026 über den Atlantik absolvieren müssen.
Erfreulicherweise ging es ohne grössere Blessuren ab: «Wir hatten alle Blasen an den Händen, erzählt Manuela Wettstein, und wir wissen nun alle, welche Körperteile uns wehgetan hatten und woran wir individuell noch arbeiten müssen. Und wir sind auch froh, dass wir die mentalen und zwischenmenschlichen Themen nun schon kennen und entsprechend daran arbeiten können», sagt Manuela Wettstein. Noch haben sie viel Zeit.
Susanne Loacker