Wenn Emotionen unser Leben bestimmen
14.11.2025 GesundheitBeratungskolumne der Schulischen Heilpädagogin und Familientherapeutin Iris Selby
Werkzeugkiste für eine gelingende Erziehung: Wie Du deine Kinder erziehst – und ganz nebenbei auch Dich selbst!
«Die starken Gefühle und emotionalen Ausbrüche ...
Beratungskolumne der Schulischen Heilpädagogin und Familientherapeutin Iris Selby
Werkzeugkiste für eine gelingende Erziehung: Wie Du deine Kinder erziehst – und ganz nebenbei auch Dich selbst!
«Die starken Gefühle und emotionalen Ausbrüche meines Kindes bringen mich regelmässig an meine Grenzen. Ich möchte gerne ruhig bleiben – und doch reagiere ich oft viel zu heftig. Warum lösen solche Situationen in mir so viel aus?»
Das ist eine oft gestellte Frage in der Erziehungsberatung.
Bestimmt kennen alle Eltern Momente der Ungeduld und Frustration, wenn das herausfordernde Verhalten ihres Kindes sie auf die Probe stellt. Wenn Kinder in ihren Gefühlen Stürme erleben, werden auch in uns Eltern alte Emotionen wach. Es ist, als würde das Gewitter der Kinder einen längst vergangenen Sturm in uns selbst auslösen. Dann reagieren wir nicht nur auf das Kind, sondern auch auf unsere eigene Geschichte.
Unsere Emotionen sind ein wesentlicher Teil unserer Persönlichkeit. Diese richtig zu verstehen und einzuordnen, ist oft schwieriger, als wir denken. In der Psychologie werden fünf häufige Missverständnisse beschrieben, die unseren Umgang mit Gefühlen erschweren. Wenn wir diese erkennen, können wir uns selbst – und unsere Kinder – noch besser verstehen und liebevoller begleiten.
Alte Gefühle in neuen Situationen
Wir glauben oft, unsere Gefühle entstehen durch das, was gerade geschieht. In Wahrheit liegen ihre Wurzeln häufig in der Vergangenheit. Wenn wir heute überreagieren, meldet sich unser emotionales Gedächtnis – es möchte uns vor einem alten Schmerz schützen. Vielleicht war es früher nicht erlaubt, laut zu werden oder wütend zu sein. Diese Erfahrungen wirken nach und verzerren unseren Blick auf die Gegenwart. Wenn du also spürst, dass dich dein Kind überfordert, frage dich: Was in mir selbst wird gerade berührt?
Sein Gefühl, nicht deines
Eltern neigen dazu, die Emotionen ihrer Kinder auf sich zu beziehen. Wenn das Kind traurig oder wütend ist, fühlen wir uns schuldig oder verantwortlich. Doch die Gefühle deines Kindes erzählen in erster Linie von ihm – nicht von dir. Wenn du lernst, diese Grenze zu erkennen, kannst du gelassener bleiben. Du begleitest das Gefühl deines Kindes, ohne es für dein eigenes zu halten, denn genau das brauchen Kinder. Jemanden, der ruhig bleibt, während sie selbst noch im Sturm sind.
Gefühle dürfen da sein
Unangenehme Gefühle wie Angst, Frust oder Trauer empfinden wir oft als Störung – etwas, das man schnell wieder loswerden sollte. Doch Gefühle sind keine Fehlermeldungen, sondern innere Wegweiser. Wenn wir sie zulassen, statt sie zu vermeiden, verlieren diese an der unangenehmen Schärfe. Das gilt bei Kindern genauso wie bei Erwachsenen. Wer sich selbst erlaubt zu fühlen, zeigt auch seinem Kind: Alles darf da sein – und geht auch wieder vorbei.
Gefühle sind weder richtig noch falsch
Viele Menschen verurteilen sich für ihre eigenen Emotionen und bewerten diese: «Ich übertreibe», «Ich bin zu empfindlich», ... Doch Gefühle sind keine Argumente, die sich überprüfen lassen, sondern lediglich unsere Erfahrungen. Sie zeigen uns, was für uns wichtig ist. Lehnen wir unsere Gefühle ab, (Ich sollte das nicht fühlen), dann trennen wir uns innerlich von einem Teil von uns. So verlieren wir den Kontakt zu unseren Bedürfnissen und unserer Echtheit. Nehmen wir die Gefühle an, entsteht Raum für Verständnis und Mitgefühl, mit uns selbst und auch mit anderen.
Kein Gefühl kommt allein
Hinter einer Wut steckt oft Verletzlichkeit, hinter Angst manchmal Liebe, hinter Trauer Verbundenheit. Wer nur das laute Gefühl sieht, übersieht oft die leisen darunter. Wenn du dich also überfordert fühlst, lohnt es sich hinzuspüren: Was will mir dieses Gefühl eigentlich sagen? Je mehr Nuancen wir bei uns selbst erkennen, desto klarer können wir bewusst handeln – statt automatisch zu reagieren.
Wenn ich Familien zu Hause besuche, erlebe ich immer wieder wie befreiend es ist, wenn wir zunächst die unterschiedlichen Gefühle aller Familienmitglieder betrachten. Wir ergründen gemeinsam, was hinter bestimmten Reaktionen steckt und wie sich die Emotionen gegenseitig beeinflussen. Hier gibt es auch Platz für Themen, die im Familienalltag sonst oft untergehen oder ausgeblendet sind. Diese Begegnungen sind immer wieder sehr motivierend. Sie zeigen mir: Wenn Gefühle verstanden werden dürfen, verändert sich etwas Grundlegendes. Im Miteinander, an der Stimmung zu Hause und dann sogar im Aussen.
Zum Schluss
Nicht jedes Gefühl muss sofort verstanden werden. Wir dürfen auch einfach einmal einen schlechten Tag haben. Wenn wir beginnen, starke Emotionen als Wegweiser zu sehen – nicht als Gegner – verändert sich unser Miteinander. Kinder können von uns lernen, dass alle Gefühle willkommen sind. Aber nur dann, wenn wir uns selbst mit der Güte begegnen, die wir uns gegenüber unserer Kinder wünschen.
Eure Erziehungsberaterin Iris Selby
Weitere Fragen erreichen mich per E-Mail an: mail@irisselby.ch
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